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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Benjo hatte versucht, sie mit dem Paddel zu verscheuchen. Vergeblich. Es waren einfach zu viele und sie hatten zu lange auf so eine köstliche Mahlzeit gewartet, als dass sie sich jetzt hätten vertreiben lassen.
    Schon auf dem Teich war ihm das Rudern und Lenken schwergefallen. Gleich zweimal waren sie mit einer Ausflugsfamilie zusammengestoßen, sodass der pubertierende Sohn gerufen hatte: »Pass doch auf, du Idiot!«
    Benjo versuchte, wieder die Kontrolle über das Boot zu bekommen. Er kam sich stümperhaft vor, aber schlimmer, viel schlimmer sah es hinter ihm aus.
    Kai Rose, der den Sichtkontakt zum Rettungsboot seiner Familie verloren hatte, hielt sich am Boot von Antje, der alten Frau Symanowski und Josef Flow fest. Der Punker aus Braunschweig wollte ihm ins Boot helfen und so kenterten sie.
    Antje griff nach Frau Symanowski, um sie zu retten, die klammerte sich an sie und gemeinsam sanken sie tiefer. Antje versuchte jetzt verzweifelt, sich aus der panischen Umklammerung zu befreien. Sie wusste sich nicht anders zu helfen, sie schlug der alten Dame ins Gesicht und brach ihr die verkrampften Finger, anders ließen sie sich nicht lösen.
    Frau Symanowski ertrank als Erste. Dann der Punker in seiner schweren Lederjacke und schließlich Josef Flow. Ihn traf etwas am Kopf, was ihn ohnmächtig werden ließ. Was es war, registrierte er schon nicht mehr.
    Antje hielt sich noch eine Weile, schluckte Meerwasser, spuckte und schwamm, dann verließen auch sie die Kräfte.
    Lediglich Kai Rose schaffte es.

 
    66 Der Wind legte sich wie ein Topfdeckel auf den Qualm und drückte ihn nach unten. Der Rauch war schmutzig, gelb und schwer. Er hüllte die Hühnerfarm ein.
    Misstrauisch beobachtete Akki die Leute mit den Gewehren, die sich fast kreisförmig um die Hühnerfarm aufgebaut hatten. Sie taten ihm nichts, doch sie machten ihm Angst, als könnten sie ihre Schusswaffen jeden Moment gegen ihn richten. Sie warteten auf etwas. Einen Befehl, der kommen könnte, oder ein Ereignis, das eintreten würde.
    Der beißende Geruch von verbranntem Fleisch und verschmorten Federn ließ Akki würgen. Dies hier hatte nichts von dem Appetit machenden Duft einer Hähnchengrillstation an sich. Tausende Hühner starben einen qualvollen Tod unter einstürzenden Dachbalken in brennenden Volieren. Viele verendeten schockstarr an einem Herzinfarkt, bevor die Flammen sie holten. Andere fanden einen Weg ins Freie, hatten aber nie fliegen gelernt und flatterten hilflos über die Glut.
    Nichts in seinem Leben hatte Akki jemals so viel Überwindung gekostet wie jeder weitere Schritt in den Qualm hinein. Es war, als würde der dichte, gelbe Rauch auch alle Töne schlucken, doch sobald er sich in ihn hineinbegab, wurde es laut. Das Kreischen der sterbenden Hühner war wie eine Wand, gegen die er stieß.
    Seine Augen tränten bereits. Er kniff sie zusammen und tastete sich qualmblind vorwärts. Etwas flatterte an ihm vorbei. Die Flügel streiften ihn. Er schlug nach dem brennenden Huhn und schützte seine Haare gegen das Feuer. Dann stand er an der Mauer und kam nicht weiter. Er hörte die Rufe von Josy. Auch wenn er nicht verstand, was sie wollte, erkannte er doch ihre Stimme. Sie war hysterisch. Auch das kannte er. Manchmal, wenn etwas nicht so lief, wie sie wollte, flippte sie völlig aus.
    Die Stimme kam irgendwie von oben, als würde sie über ihm schweben.
    »Josy!«, rief er. »Josy, ich bin hier! Ich komme nicht zu euch rein! Ich steh vor der Mauer!«
    »Das Tor ist auf! Du musst nicht über die Mauer! Pass auf, es ist gefährlich, ein Stall brennt!«
    So schrecklich die Situation auch war, hatte dieser Satz etwas Erheiterndes an sich, fand er. Als ob irgendeiner hätte übersehen können, dass es hier brannte. Aber auch das war seine Josy. Die stand mitten in einer Metzgerei und fragte: »Wenn hier nicht Schweine, sondern Menschen geschlachtet würden, würdet ihr euch dann auch für die Schinkenpreise interessieren? Für den Fettgehalt der Bratwurst und dafür, ob die Koteletts gut gewürzt sind?«
    Plötzlich kam eine Windböe von Westen und gab eine Schneise frei. Akki hustete und holte dann tief Luft. Jetzt sah er einen Teil der Verwüstung, die die wütenden Flammen angerichtet hatten. Der lang gestreckte Stall gleich an der Mauer hatte komplett Feuer gefangen und die eine Hälfte des Gebäudes war eingestürzt. Viele Hühner, die sich darin befanden, konnten sich frei bewegen und versuchten, der Feuersbrunst zu entkommen, die anderen

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