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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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überlebt?
    Welche Gemeinsamkeiten hatten sie?
    Welche seltsamen Umstände oder persönlichen Präferenzen hatten ihm geholfen?
    Er versuchte aufzustehen, aber er hatte seine Kräfte maßlos überschätzt. Zwar schaffte er es, sich auf den Bettrand zu setzen, doch dann wurde ihm schwindlig. Kraftlos stürzte er auf den Boden.
    In dem Moment öffnete Linda die Tür. Sie hatte jede Stunde nach ihm gesehen, Fieber gemessen, ihm Flüssigkeit eingeflößt und seine Wange gestreichelt.
    Das Tablett fiel ihr aus den Händen. Mit einem Schritt war sie bei ihm.
    »Hannes! Um Himmels willen, Hannes!«
    Aber er kniete schon wieder aufrecht und lachte. Sie glaubte, dass er übergeschnappt sei. In ihrer Vorstellung hatte das Fieber sein Gehirn gar gekocht.
    In dieser Nacht waren im Susemihl-Krankenhaus in Emden viele Patienten durchgedreht. Manche Menschen machte die Krankheit rasend. Aus friedlichen Buchhaltern waren potenzielle Amokläufer geworden. Eine Schwester in der Notaufnahme hatte Pfefferspray eingesetzt, um sich gegen einen Patienten zu wehren, der glaubte, dass sie ihn angegriffen hätte. In der Röntgenabteilung hatte sich ein Siebzigjähriger verschanzt, der sich sicher war, der Dritte Weltkrieg sei ausgebrochen, und den behandelnden Arzt für einen chinesischen Agenten hielt.
    Doch Dr. Maiwalds heiseres Lachen war anders. Linda spürte in seiner Umarmung, dass seine Muskeln locker waren und nicht verkrampft wie bei den anderen Patienten. Er trank einen Schluck und sagte dann: »Ich bin über den Berg. Mein Körper hat gesiegt. Ich danke dir. Ich danke dir so sehr. Deine Anwesenheit hat mir Mut gemacht. Ich habe dich die ganze Zeit gespürt.«
    Dann umarmte er sie erneut.
    Sie weinte vor Freude und Glück. Für wenige Sekunden war es so, als würden sie sich nie wieder loslassen.
    Zum ersten Mal im Leben spürte er, dass die Zeit reif war für einen Heiratsantrag, aber er hatte noch nicht genügend Kraft dafür. Er wollte erst einmal etwas essen und einen ganzen Liter Mineralwasser trinken.

 
    115 Gegen vier Uhr morgens war Bettina Göschl vollkommen erschöpft eingeschlafen. Sie hatte die Augen nicht mehr offen halten können. Die Momentaufnahmen, die ihre Augen von jeder Situation erfassten und die vom Verstand zu einem Gesamtablauf zusammengesetzt werden mussten, überforderten sie. Sie hatte Angst, verrückt zu werden, und fürchtete sich vor dem nächsten Blick auf etwas, was sich bewegte.
    Leon und Jüthe schliefen im Bett. Bettina saß auf dem Teppich davor, um jederzeit da zu sein, falls eines der Kinder wach werden würde.
    Doch nun kam alles ganz anders. Leon hüpfte auf ihr herum und zog an ihrer Nase.
    »Bettina, Bettina«, rief er, »ich hab Durst! Ich hab Hunger! Ich will Nutella und Cornflakes!«
    Sie schreckte hoch und glaubte zunächst, sich in einem Traum zu befinden.
    Leons Schlafanzug war durchgeschwitzt, seine Augen noch gerötet, doch sie hatten den fiebrigen Glanz verloren. An ihm vorbei konnte sie durch die offene Tür in die hell erleuchtete Wohnküche sehen. Jüthe kniete auf einem Stuhl und deckte den Tisch.
    »Ich hab Kaffee für Bettina gemacht!«, rief Jüthe voller Stolz.
    Bettina fühlte sich wie eine alte Frau, mit schweren Knochen und knirschenden Gelenken. Sie hatte Mühe, aufzustehen.
    »Seid ihr schon lange wach? Wie spät ist es?«
    »Keine Ahnung. Aber wir haben Hunger.«
    »Es ist genug zu essen da.«
    »Ja«, rief Jüthe von Weitem, »aber wir wollen Nutella und Cornflakes! Also, ich will Nutella und Leon Cornflakes.«
    Leon nickte heftig. Jetzt sah er schon wieder ein bisschen aus wie Kapitän Rotbart.
    Bettina griff an seine Stirn. Die war nicht mehr heiß. Trotzdem suchte sie das Thermometer, um das Fieber zu messen. Zum ersten Mal wehrte er sich dagegen, aber mit einem strengen Blick setzte Bettina es durch.
    37,5. Nur noch leicht erhöhte Temperatur. Leon war deutlich auf dem Weg der Besserung.
    Er schob Bettina vor sich her in die Küche. Sie nahm eine Tasse Kaffee, die Jüthe ihr eingegossen hatte, und rief Frau Dr. Husemann an, während sie auch Jüthes Temperatur überprüfte.
    Die Ärztin ging sofort ans Handy. Sie klang kraftlos, wie jemand, der kurz vor einem Zusammenbruch steht. Trotzdem schwang eine gewisse Erleichterung in ihrer Stimme mit, obwohl Bettina noch gar nichts erzählt hatte.
    »Frau Dr. Husemann, es ist ein Wunder! Leon ist wieder fit wie ein Turnschuh. Ich glaube, Jüthe hat erst gar nichts bekommen, und ich selbst kann auch endlich wieder

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