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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Kindern?
    Sie versuchte, ihren Husten zu unterdrücken.
    Charlie suchte einen Radiosender, der nicht ständig nur Katastrophenmeldungen brachte, sondern auch noch Musik. Er kehrte wieder zu Hit Radio Antenne zurück.
    Schollmayer, der Moderator, verbreitete zwischen den Platten zwar gute Laune, hörte sich aber auch schon ganz schön heiser an.
    Henning Schumann, der Schulsprecher, ging von Fahrzeug zu Fahrzeug. Er nahm das Wort »Demokratie« wirklich ernst. Jeden wollte er fragen, auch ohne Stimmzettel. Er hatte einen Block bei sich und fragte jeden nach seinem Namen und nach seiner Meinung. Später sollte niemand sagen, er hätte nicht Bescheid gewusst.
    Henning klopfte gegen die Windschutzscheibe des Golfs. Charlie winkte ab: »Wir sind voll.«
    »Ich will nicht einsteigen. Wir führen eine Abstimmung durch. Wir haben den Kapitän von seinen Aufgaben entbunden und die Führung des Schiffes selbst übernommen. Er wollte uns nach Emden zurückbringen. Wir sind aber der Meinung, dass es irre ist, in das Seuchengebiet zu fahren. Die Gesundheit der Passagiere hat für uns Vorrang. Im Moment werden sämtliche infrage kommenden Häfen gecheckt, welcher von ihnen genügend Kapazitäten hat, uns vorübergehend aufzunehmen. Schiermonnikoog ist nicht weit. Wir könnten es aber auch in Memmert versuchen, falls uns auf Schiermonnikoog wieder irgendein aufgebrachter Pöbel empfängt.«
    »Memmert?«, kreischte Antje. »Seid ihr völlig bescheuert?« Sie wedelte mit der Hand vor ihren Augen herum. »Glaubt ihr, ich fliehe vor der Vogelgrippe auf eine Vogelinsel? Wenn wir irgendwo infiziert werden, dann da!«
    »Da hat sie wohl recht«, sagte Charlie zu Henning Schumann, ohne die Scheibe herunterzulassen.
    »Also Schiermonnikoog.«
    Charlie nickte. »Ja. Hauptsache, in die Zivilisation und nicht in irgendeinen Wildpark.«
    »Okay, dann brauche ich jetzt eure Namen.«
    »Wofür?«
    »Hör mal, dies ist eine schwierige Situation. Wir haben das Zepter selbst in die Hand genommen und machen jetzt eine Meinungsfindung. Am Ende soll sich keiner rausreden können …«
    »Rausreden? Wie bitte, ich hör immer rausreden. Ich habe nichts gemacht. Mich an keiner Meuterei beteiligt. Ich sitze hier in meinem Auto und hoffe, bald an Land gebracht zu werden.«
    Henning Schumann verzog den Mund. »Irrtum, mein Freund. Hier kann sich keiner raushalten. Wir sind alle betroffen.«
    Dann zeigte er auf Lukka. »Was ist mit ihr? Ist sie gestürzt?«
    Lukka spuckte Blut. »Kinnhaken«, stöhnte sie.
    Henning blähte seinen Brustkorb auf und tippte mit dem Zeigefinger gegen die Windschutzscheibe auf Charlie. »Hat er das gemacht?«
    Charlie brüllte sofort los: »Nun spiel dich mal nicht so auf hier, Sheriff!«
    Spuckebläschen sprühten von Charlies Lippen und blieben innen an der Windschutzscheibe kleben. Dann liefen sie herunter wie kleine Schnecken auf der Flucht.
    »Ich hab sie nicht geschlagen. Das war die da!«
    Charlie deutete auf Martha Thiele, die zusammen mit ihrem Mann versuchte, sich einen Platz im Lkw zu erkaufen. Der Fahrer war inzwischen auf die Idee gekommen, den Laderaum zu vermieten. Das Problem war nur, dort stapelten sich Bananen, diverses anderes Obst und auch Gemüse und alles war heruntergekühlt, um die Haltbarkeit zu erhöhen. Die Verpflegung würde man an Bord sowieso bald brauchen, vermutete er, denn er ging nicht davon aus, dass die Situation hier bald geklärt werden könnte. Warum sollte er nicht so viel Honig wie möglich aus der schwierigen Lage herausholen?
    Er beschloss, die Lebensmittel bei der nächstbesten Gelegenheit an Bord zu verkaufen und die Plätze hinten an zahlende Kunden freizugeben. Wenn der Wagen erst ausgeladen war, konnten dort locker zwanzig Personen untergebracht werden. Da die meisten ihre Urlaubskasse dabeihatten, rechnete er sich Preise zwischen dreihundert und fünfhundert Euro pro Person aus. Er würde nur Bargeld nehmen und sich auf keine Versprechungen einlassen. Kreditkarten zählten hier nicht.
    »Der alte Mann da hat dir eine reingehauen?«
    »Nein, seine Frau.«
    Henning Schumann wunderte sich über gar nichts mehr. »Also«, sagte er erneut, »eure Namen.«
    Antje zischte: »Verpiss dich, Wichser!«
    Sie wunderte sich selbst über die Heftigkeit ihrer Reaktion, aber sie hatte das Gefühl, hier würde bereits ein Prozess vorbereitet. Später würden irgendwelche Richter in wohltemperierten Gerichtssälen sitzen und in Ruhe das Für und Wider, das Richtig und Falsch abwägen und dann Leute

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