Todescode
Sie schlau sind, wird das hier nur ein kleiner Plausch. Wenn Sie mich verarschen, leg ich Sie um. Haben wir uns verstanden?«
Osborne sagte: »Wohin soll ich fahren?«
»Auf die Page Mill, Richtung I-280.«
Sie bogen vom Parkplatz auf die Page Mill. Osborne sagte: »Was hat das zu bedeuten?«
»Ich stell die Fragen. Sie fahren. Biegen Sie nach links auf die Coyote Hill Road.«
»Die Coyote … warum wollen Sie in so eine einsame Gegend? Wieso können wir uns nicht einfach während der Fahrt unterhalten?«
Gute Instinkte, dachte Ben. Und eine kluge Frage. Ben würde sich unter keinen Umständen an einen einsamen Ort bringen lassen. Was immer der Bösewicht auch mit dir vorhatte, es würde hundertmal schlimmer ausfallen, sobald er mit dir irgendwo ungestört war.
»Tun Sie, was ich sage, sonst jage ich Ihnen eine Neun-Millimeter-Kugel in den Hinterkopf. Ihr Gehirn wird explodieren, aber es wird so gut wie kein Blut geben. Dann schnall ich Sie auf dem Beifahrersitz an und kutschier Ihre Leiche zurück zur Kanzlei. Klingt das gut?«
»Okay, okay, die Coyote Hill Road.«
Eine Minute später bog Osborne ab, wie Ben es ihm befohlen hatte. »Der Feldweg da hinten«, sagte Ben und deutete auf eine Schotterpiste, die von Bäumen gesäumt durch die grünen Hügel zur Deer Creek Road und einigen Bürokomplexen auf der anderen Seite führte. »Da rein.«
Osborne gehorchte. Sie fuhren ein Stück den Feldweg hoch, und als sie außer Sichtweite der Coyote Hill waren, sagte Ben: »Anhalten. Motor aus.«
»Was wollen Sie von mir?«, fragte Osborne.
Ben schob den Kindersitz auf den Boden und rutschte rüber auf die Beifahrerseite, damit er Osbornes Gesicht sehen konnte. »Ich will wissen, was Sie mit Obsidian zu tun haben«, sagte er.
»Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen.«
»Es geht um die Erfindung, die Alex beim Patentamt angemeldet hat.«
»Ja, das weiß ich, ich weiß bloß nicht, worauf Sie hinauswollen.«
Ben überlegte. Es gab zwei Möglichkeiten. Erstens, Osborne war der Drahtzieher und unterhielt beeindruckend weitreichende Verbindungen. Zweitens, Außenstehende waren die Drahtzieher und hatten ihn in der Hand. Aber was traf hier zu? Osborne musste denken, dass Ben mehr wusste, als tatsächlich der Fall war, nur das würde ihn zum Plaudern bringen. Und um diesen Eindruck zu erwecken, musste Bens erster Vorstoß grob in die richtige Richtung gehen. Aufgrund von Osbornes Reaktionen könnte Ben sich dann mehr und mehr zusammenreimen und genauere Fragen stellen. Das Ganze war eine Illusion, ungefähr so wie ein Wahrsager leichtgläubige Kunden übers Ohr haut, und genau wie bei einem Wahrsager war es entscheidend, Glaubwürdigkeit zu erzeugen, den Anschein von Wissen, ja sogar Allwissenheit, und das von Anfang an.
Osborne hatte Angst, das war nicht zu übersehen. Schön, es war eine Pistole auf ihn gerichtet, aber seine Angst fühlte sich irgendwie anders an.
»Wie sind die an Sie rangekommen?«, fragte Ben.
»Niemand ist an mich rangekommen. Ich weiß wirklich nicht, worauf Sie hinauswollen, wie oft soll ich das noch sagen?«
Ben lächelte. Er konnte es Osborne an den Augen ablesen, an den Schweißperlen, die ihm plötzlich auf der Stirn standen, dass die Frage ihm Panik eingejagt hatte. Okay, er war nicht der Drahtzieher. Irgendwer hatte ihn in der Hand. Aber mit was?
Er warf einen Blick auf den Kindersitz auf dem Boden. Bedrohten Sie seine Familie? Nein. Osbornes Angst wirkte irgendwie nicht rechtschaffen. Sie wirkte irgendwie durchsetzt mit … Scham.
Was wusste Ben über ihn? Er war ihm nur einmal kurz begegnet. Hatte in seinem Büro ein paar Worte mit ihm gewechselt. Alex hatte irgendwas von Thailand erzählt, oder? Und an der Wand neben seinem Büro hatte ein Foto gehangen, Osborne zusammen mit irgendeinem thailändischen Würdenträger.
»Es hat mit Thailand zu tun, nicht?«, sagte Ben auf gut Glück, ein Risiko, denn wenn er falschlag, würde Osborne wissen, dass er im Trüben fischte, und es ihm erschweren, wieder den richtigen Druck zu entwickeln.
Aber er lag nicht falsch. Osborne blinzelte hektisch und sagte: »Ich kapier kein Wort.«
Und ob du kapierst
, dachte Ben.
Dein nervöses Blinzeln ist besser als ein Lügendetektor.
»Fotos?«, sagte Ben. »Videoaufnahmen? Was war es?«
Osborne schüttelte den Kopf, sagte nichts. Seine Augenlider klimperten so schnell, dass schon der Anblick anstrengend war. Ben konnte förmlich den Angstgeruch riechen, der von ihm ausging, einen Essiggeruch,
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