Todescode
fragte er. »Wie passen die in das Ganze hinein?«
»Gar nicht. Das war bloß ein böser Zufall.«
»Was soll das heißen?«
»Wir haben aus ihrer Botschaft in Ankara Nachrichten abgefangen. Die sind hinter Ihnen her wegen der Sache in Istanbul. Wir versuchen, rauszufinden, wie sie vorgehen und wie dicht sie Ihnen auf den Fersen sind.«
»Was? Woher sollte jemand wissen, wer den Typen in Istanbul erledigt hat? Ich habe keine Spuren hinterlassen, Hort. Ich war so unsichtbar wie ein Geist.«
»Na, Sie haben fünf Tote zurückgelassen. So was machen Geister nicht.«
»Vier Tote sollten es auf jeden Fall sein.«
»Iraner. Ein toter FSB -Russe ist ein ganz anderes Problem.«
»Das beantwortet noch nicht die Frage, woher jemand so genau wusste, dass der Typ auf mein Konto geht.«
»Wie gesagt, wir arbeiten daran.«
»Und wer waren die Typen am Four Seasons? Die waren nicht vom FSB . So gut waren die nicht.«
»Die beiden waren von der russischen Mafia in Brooklyn. Die werden schon mal vom FSB angeheuert.«
Ben dachte darüber nach. Was Hort da sagte, war nicht unmöglich. Aber …
»Hören Sie«, sagte Hort, »ich kann dafür sorgen, dass Ihr Bruder in Ruhe gelassen wird. Ich brauche Ihre Garantie – und Sie werden für diese Garantie zur Verantwortung gezogen werden –, dass es von Obsidian keine Kopien gibt, dass niemand die Software benutzen kann, dass Ihr Bruder die ganze Geschichte vergisst und mit keiner Menschenseele je darüber redet. Wenn Sie mir das garantieren, rufe ich beim NSC an, wo man mir noch so manchen Gefallen schuldet, und Ihr Bruder verschwindet für immer von deren Radar.«
Ben überlegte. In Wahrheit hatte er genau das gehofft. Hatte er genau das von sich aus vorschlagen wollen. Das wäre vielleicht die Lösung für alles. Hort die Sicherungskopie geben, Alex einschärfen, den Mund zu halten. Schließlich war Alex ja weiß Gott keine unbekannte Größe mehr für sie. Alex’ Bruder war einer von ihnen, ein Bruder, der für ihn bürgen konnte.
Er fragte sich einen Moment, was Sarah davon halten würde. Sie würde wahrscheinlich irgendeine sarkastische Bemerkung machen, wie praktisch es doch sei, nicht zu den kleinen Leuten zu gehören, einen Verwandten in der Partei oder im Politbüro zu haben.
Und was war mit Sarah? Waren sie noch immer hinter ihr her? Könnte Hort sie zurückpfeifen?
»Was ist mit Sarah?«, fragte er. »Sarah Hosseini, die Anwältin. Steht sie auch auf der Abschussliste?«
»Sie hat an der Patentsache mitgearbeitet«, sagte Hort. »Im Vergleich zu Ihrem Bruder war sie drittrangig, aber ja, vor allem jetzt haben wir ein echtes Problem.«
»Sie können sie nicht raushauen?«
Hort lachte. »Denken Sie, ich kann zaubern? Sarah ist nicht mal ihr richtiger Name. Sie heißt Shaghayegh. Shaghayegh Hosseini. Soll ich etwa zum NSC gehen und denen sagen, sie sollen sich keine Sorgen machen wegen einer Frau, die Shaghayegh Hosseini heißt und alles über Obsidian weiß?«
»Soll das heißen, ihr wollt sie töten wegen ihres Namens?«
»Sie war ein Sicherheitsrisiko, Ben.«
Ben spürte, wie ihm irgendwas die Brust zusammenschnürte. »Was soll das heißen, ›war‹?«
»Wir haben sie heute Morgen vor ihrer Wohnung geschnappt.«
Ben blickte auf den Tisch, damit Hort seine Augen nicht sehen konnte. Er überlegte krampfhaft.
Geschnappt.
Das bedeutete, sie war noch am Leben, oder? Wenn sie sie umgelegt hätten, wenn sie bereits tot wäre, hätte Hort nicht ›geschnappt‹ gesagt. Er hätte einfach gesagt:
Wir haben sie erledigt
.
Herrgott, aber was stellten sie mit ihr an, um sie zum Reden zu bringen? Er konnte es sich vorstellen. Und er wusste, was sie tun würden, wenn sie fertig waren.
Erinnerungsfetzen schossen ihm durch den Kopf.
Nein, er ist nüchtern.
Okay, dann. Bis später.
NEIN, ER WAR NICHT NÜCHTERN, UND DU HAST ES GEWUSST.
Er legte die Fäuste an die Schläfen.
Denk nach. Denk nach.
Doch er hatte nur den einzigen Gedanken, dass er hergekommen war, um Alex zu helfen, und stattdessen hatte er, hatte er …
Nein.
Das würde nicht noch einmal passieren. Er würde es nicht noch einmal geschehen
lassen
.
Er blickte Hort an. »Was habt ihr mit ihr vor?«
Hort winkte ab. »Vergessen Sie’s.«
»Ich habe Ihnen eine Frage gestellt«, sagte Ben, seine Stimme so tief wie ein Hundeknurren.
»Und ich habe sie beantwortet. Auf die einzige Art, die mir möglich ist.«
»Wo haltet ihr sie fest?«
»Lassen Sie’s gut sein, mein Junge. Sie bewegen sich ohnehin
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