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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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nach Gefahren ab, war stark verunsichert. Herrje, er hatte den Burschen überhaupt nicht gesehen. Der Typ hatte dagestanden wie ein Geist und sich die ganze Sache seelenruhig angeschaut. Wenn er nicht durch die in Panik geflohenen Leute zurückgeblieben wäre wie ein bei Ebbe gestrandetes Stück Treibholz, hätte Ben ihn nie im Leben bemerkt. Und verdammt, wenn der Typ so geistesgegenwärtig gewesen wäre und seine Knarre eine Sekunde früher gezogen hätte …
    Er schob ein frisches Magazin in die Glock und hastete weiter. Er kannte die Straßen von seinen Erkundungstouren und bewegte sich nur durch unbeleuchtete Gassen, bis er weit genug vom Gewürzbasar entfernt war. Unterwegs riss er sich den falschen Bart ab und schob ihn in einen überquellenden Müllcontainer. Er warf die schwarze Mütze weg und ersetzte sie durch eine rote. Die Jacke war beidseitig tragbar. Er zog sie aus, stülpte sie um und hatte auf einmal eine gelbe statt einer blauen an. Die Pistole würde er später loswerden, wenn er in Sicherheit war.
    Als er wieder unter völlig ahnungslosen Menschen war, steuerte er in einer großen Kreisbewegung auf die Galatabrücke zu. Er würde sie überqueren, ein Taxi zum Bahnhof Haydarpars¸a nehmen und dann mit dem Zug nach Ankara fahren, wo er angekommen war und auch sicherer wieder abreisen konnte.
    Er hörte Sirenen in der Ferne. Sie wurden leiser, verhallten in der anderen Richtung. Er atmete tief durch. Alles klar. Keiner folgte ihm und keiner konnte ihn mit dem, was soeben passiert war, in Verbindung bringen. In Istanbul lebten über zehn Millionen Menschen. Er war eine Nadel im Heuhaufen, ein Tropfen im Ozean. Er ging weiter, wieder ein Tourist wie jeder andere.
    Aber trotzdem, verdammt, wer war der Typ gewesen? Der Scheißkerl hätte ihn beinahe umgelegt, daran war nicht zu rütteln.
    Tja, aber nur beinahe. Es gibt Tage, da verspeist man den Bären, und Tage, da wird man eben vom Bären verspeist.
    Der Bär.
    Er blieb stehen. Ach du Scheiße, war der Typ etwa Russe?
    Er sah durchaus russisch aus. Na, Vasilijev war es jedenfalls nicht, das wusste er. Der Bursche war ein Profi gewesen, garantiert, kein Wissenschaftler oder sonst irgendein Zivilist. Aber vielleicht jemand, der mit Vasilijev zu tun hatte. Ja, wer sonst sollte hinter den Iranern hergegeistert sein? Und warum sonst sollte der Bursche so lange gezögert haben, ehe er nach seiner Waffe griff? Vielleicht weil er gedacht hatte, dass er ja keine Zielperson war. Aber vielleicht auch, weil er gedacht hatte, er wäre immun, jedenfalls bis er Bens Augen sah. Schließlich würde ja wohl niemand einen russischen Agenten umlegen. So verrückt konnte doch keiner sein.
    Mannomann. Er hatte zwar nicht
den
Russen getötet, aber er hatte so das Gefühl, dass er soeben
einen
Russen getötet hatte.
    Er dachte,
Hoppla
, und in der albernen, adrenalingeladenen Stimmung danach war der Gedanke einfach lächerlich. Er drückte sich den Handrücken auf den Mund und bebte vor lautlosem Lachen.
    Er hoffte, die hohen Tiere würden nicht zu sauer reagieren.

6 Unerbittlich
    Sobald er den Termin abgesagt hatte, war Alex ein wenig entspannter. Es war so ähnlich, wie wenn man auf den letzten Drücker versucht, ein Flugzeug zu erwischen – stressig war die Hetze vorher, wenn man hoffte, es noch zu schaffen. Sobald man wusste, dass die Maschine gestartet war, konnte man sich entspannen, es akzeptieren, nach einer Alternative suchen.
    Nur zu Hilzoy gab es keine Alternative. Eine Chance wie Hilzoy gab es nur einmal im Leben.
    Er erledigte ein paar andere Dinge, bekam Hilzoy aber nicht aus dem Kopf. Er wollte herausfinden, was aus der Patentanmeldung würde, wenn Hilzoy tot war. Vermutlich würde sie als Teil von Hilzoys Nachlass behandelt und an seine Angehörigen oder Erben gehen. Aber wer waren die? Alex wusste so gut wie gar nichts über Hilzoys Familie, außer dass er geschieden war und keine Kinder hatte. Konnte er die Sache vielleicht auch ohne Hilzoy über die Bühne bringen, bloß mit dem Patent?
    Sein Handy klingelte. Er sah aufs Display. Es war eine unterdrückte Nummer, aber er gierte dermaßen nach Neuigkeiten, dass er trotzdem ranging.
    »Alex Treven.«
    »MrTreven, hier spricht Detective Gamez von der Polizei in San Jose. Stör ich gerade?«
    Alex’ Herz klopfte wild. »Äh, nein, Sie stören gar nicht. Geht es um … geht es um Richard Hilzoy?«
    Am anderen Ende trat eine Pause ein, und Alex fragte sich, ob er das vielleicht nicht hätte sagen sollen.
    »Es

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