Todescode
–«
Sie lachte. »Du hast gedacht, du bringst stattdessen lieber Larissa nach Hause.«
Ben bemühte sich um eine neutrale Miene. »Wie meinst du das?«
»Jeder weiß, dass sie gerade mit Bean Schluss gemacht hat. Und dass sie auf dich steht.«
Eine Pause entstand. In Wahrheit hatte Ben mit einer ganzen Reihe von Mädchen aus seiner Stufe was gehabt und auch mit einigen aus Katies Stufe. Einige davon hatten einen festen Freund, aber es kam niemals raus, weil Ben schweigen konnte wie ein Grab. Er wollte niemandes Ruf schädigen. Und er wollte sich selbst nicht die Tour vermasseln.
Er zuckte die Achseln. »Ach, ich glaub, sie will bloß nach Hause gebracht werden, mehr nicht.«
Katie lachte wieder. »Ja, klar.«
Ben sah sich um, blickte dann wieder Katie an.
»Erzähl’s keinem, okay?«
Sie lächelte. »Hab ich das schon mal getan?«
Ben musste auch lächeln. Katie war clever, vielleicht so clever wie Alex. Aber sie tat keinem damit weh, gab einem nie das Gefühl, minderwertig zu sein oder herablassend behandelt zu werden oder so. Katie hatte irgendwas an sich, das einem den Eindruck gab, sie würde dir helfen wollen, sie wäre immer auf deiner Seite.
»Also, ähm, glaubst du, du kannst mit Wally fahren?«
»Klar.«
»Super.«
Er wandte sich ab, blickte sich dann noch einmal zu ihr um.
»Hör mal, er hat doch nichts getrunken, oder?«
»Nein, er ist nüchtern.«
Eine Sekunde lang dachte Ben, er sollte lieber auf Nummer Sicher gehen, sich persönlich bei Wally vergewissern. Wally war kein schlechter Kerl, aber er feierte gern.
Dann dachte er an Larissa. Na, Katie hatte gesagt, dass Wally nüchtern war. Sie würde es ja wissen.
»Okay, dann. Bis später.«
Er ging zurück zu Larissa, noch immer Katies wissendes, nachsichtiges Lächeln vor Augen, in dem all die Wärme und Herzlichkeit lagen, die sie ausmachten.
Okay, dann also bis später.
Das Seltsame war, wenn der Unfall nicht passiert wäre, würde er sich vermutlich nicht mal mehr an das kurze Gespräch erinnern oder daran, dass Katies Lächeln ihm noch durch den Kopf ging, als er die Party verließ. Es hätte keine Bedeutung gehabt. Niemand hätte seine Entscheidung in Frage gestellt, Katie von Wally nach Hause bringen zu lassen. Wieso auch? Er hätte nichts falsch gemacht. Oder selbst wenn man es ihm angekreidet hätte, wäre es höchstens ein harmloser Verstoß gewesen. Eine kleine Nachlässigkeit. Eigentlich nicht der Rede wert.
Aber dann war der Unfall passiert. Das Gespräch hatte sich als ihr letztes entpuppt. Und er hatte lernen müssen, dass so ein letztes Gespräch rückblickend eine Bedeutung bekam, die es zum eigentlichen Zeitpunkt gar nicht gehabt hatte. Wahrscheinlich, so hatte er schließlich gefolgert, war das mit allem so. Alles war bedeutsam, lediglich getarnt durch Banalität, bis irgendetwas Schreckliches diese Banalität wegriss – als würde einem die Haut abgezogen, um offene, schreiende Nervenenden freizulegen, von deren Existenz man bis dahin nichts wusste.
Er hatte Larissa nach Hause gebracht. Sie hatten sich auf der Fahrt unterhalten, aber er konnte sich nicht erinnern, worüber. Er erinnerte sich nur noch daran, wie weich ihre Haut war, an die aufreizende Form ihrer Brüste unter dem dünnen Pullover, an den leichten Duft ihres Parfüms im Wagen. Vor allen Dingen aber erinnerte er sich daran, wie sie ihn jedes Mal angesehen hatte, wenn er zu ihr rüberschaute – ein Blick, der ihm verriet, dass er haben konnte, was er wollte, und dass sie es genauso sehr wollte.
»Meine Eltern müssten längst schlafen«, sagte sie. »Aber wenn du schön leise bist, kannst du mit reinkommen. Wenn sie die Tür hören, denken sie, dass ich es bin. Die stehen bestimmt nicht auf, um nachzusehen.«
»Ich kann leise sein«, sagte Ben.
Und er war leise gewesen, sogar deutlich leiser als Larissa, der er nicht nur einmal, sondern zweimal den Mund zuhalten musste, während er
schsch, schsch
flüsterte, als sie es auf dem Fußboden in ihrem Zimmer trieben. Es war antörnend, sie so zu erregen, dass sie sich dermaßen vergessen konnte und hemmungslos schrie, obwohl ihre ahnungslosen Eltern gleich nebenan schliefen.
Als er anschließend nach Hause fuhr, musste er die ganze Zeit lächeln. Sie war gut gewesen. Als hätte Bean es ihr nie richtig besorgt. Er fragte sich vage, ob sie geschrien hatte, damit er ihr den Mund zuhielt, weil sie das anmachte, und obwohl er schon zweimal gekommen war, erregte ihn der Gedanke erneut. Mann, ein
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