Todescode
festzustellen. Wenn das ein Mord war, würde ich wirklich gern wissen, wie er begangen wurde.«
»Halten Sie mich für paranoid?«
»Nein, überhaupt nicht. Das Ganze ist ein verrückter Zufall, ohne Zweifel.«
»Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
»Ist Ihnen abgesehen von dem Einbruch bei Ihnen sonst noch irgendwas Ungewöhnliches aufgefallen? Haben Sie zum Beispiel jemand Auffälliges auf dem Büroparkplatz in der Nähe Ihres Wagens herumlungern gesehen, oder ist Ihnen mal ein Auto gefolgt? Haben Sie vor Ihrem Haus jemanden bemerkt, wenn Sie zur Arbeit gefahren sind?«
»Nein. Nichts.«
»Na, Sie haben ja meine Nummer. Seien Sie auf der Hut, und falls Ihnen irgendwas komisch vorkommt, rufen Sie mich an.«
»Danke.«
»Keine Ursache.«
Alex legte auf und starrte das Telefon an. Irgendwie machte es ihn wieder kribbelig, dass Gamez offenbar keinen Zweifel daran hegte, dass Hank tatsächlich an einem Herzinfarkt gestorben war. Denn die Wahrheit war doch, es wusste keiner genau.
Was, wenn nichts von all dem ein Zufall war? Falls irgendwelche Leute es auf ihn abgesehen hatten, wussten sie, wo er wohnte. Sie hatten gewusst, wo Hilzoy wohnte. Sie waren an Hank rangekommen. Sie würden wissen, wo Alex arbeitete. Sie würden wissen, wie er aussah – na klar, auf der Webseite von Sullivan, Greenwald konnte jeder, egal wo auf der Welt, seinen beruflichen Werdegang samt Foto aufrufen. Was also sollte er machen? Ausziehen? Nicht mehr zur Arbeit gehen? In der Nacht im Badezimmer hatte er sich schon nackt gefühlt, doch jetzt fühlte er sich noch viel schutzloser.
Ein Gedanke versuchte, sich aus seinem tiefsten Innern einen Weg nach oben zu bahnen. Es war eher wie ein Instinkt, ein Reflex, weniger wie ein Gedanke. Ein einziges Wort, eine Silbe, und –
Ben.
Nein. Katie, dann ihr Vater … und wie oft hatte er sich zu Hause blicken lassen, als ihre Mutter langsam an Krebs starb? Zwei Mal, höchstens. Die letzten drei Tage hatte sie im Koma gelegen, und nicht mal da hatte er es geschafft, sie zu besuchen. Er war zu beschäftigt damit, Soldat zu spielen, um bei seiner sterbenden Mutter zu sein. Bekam man beim Militär denn keinen Sonderurlaub in solchen dringenden Fällen? Herrgott, es war ein Wunder, dass der Mistkerl überhaupt zur Beerdigung erschienen war.
Er atmete tief aus. Sein nutzloser Bruder. Football-Ass. Ringerstar. G. I. Joe. Aber wenn es drauf ankam, war er der große Unsichtbare. Und jetzt sollte Alex zu ihm kriechen und ihn um Hilfe bitten?
Wie sollte diese Hilfe überhaupt aussehen? Was könnte Ben tun?
Er hatte eine gründliche Ausbildung genossen, das wusste Alex. Er hatte in der Schlacht von Mogadischu gekämpft und eine Reihe Orden verliehen bekommen. Alex hatte den Film
Black Hawk Down
gesehen und konnte sich nicht vorstellen, dass Ben einer von denen war, so hart er auch tat. Aber vielleicht ja doch. Und danach war Ben ein Green Beret geworden oder so. Also verdammt noch mal, wenn einer helfen konnte …
Das Problem war, er wusste nicht, wie er Ben erreichen sollte. Er hatte eine Adresse auf dem Stützpunkt Fort Bragg gehabt, aber vor vier oder fünf Jahren waren die Nachlassunterlagen, die er an diese Adresse geschickt hatte, ungeöffnet zurückgekommen. Anscheinend war Ben versetzt worden und hatte es nicht für nötig befunden, Alex zu sagen, wohin. Und Alex hätte den Teufel getan, irgendwo nachzufragen.
War Ben überhaupt noch in der Army? Er hatte immer den Eindruck gemacht, gern Soldat zu sein; kaum vorstellbar, dass er den Beruf an den Nagel gehängt hatte. Aber …
Er rief die Webseite der Army auf und folgte den Links zu einer Suchmaschine namens militarylocator.com, womit sich angeblich jeder Angehörige gleich welcher Truppengattung ausfindig machen ließ. Wer sie benutzen wollte, musste sich erst registrieren. Alex fing an, seinen Namen und seine E-Mail-Adresse einzugeben, zögerte dann aber. Wahrscheinlich war er paranoid, doch es konnte nicht schaden, auf der Hut zu sein. Er tippte
John Smith
ein, mit einer erfundenen E-Mail-Adresse. Ein Suchfeld öffnete sich: Vorname, Nachname, Truppengattung. Er gab
Ben Treven, Army
ein und drückte die Enter-Taste. Ein neues Fenster tat sich auf:
Ben Treven. Army, aktiver Dienst. E-
8
. Lebenslauf: nicht verfügbar. Kampfeinsätze und Operationen: nicht verfügbar. Interessen: nicht verfügbar. Einheitszugehörigkeit: nicht verfügbar
.
Tja, zweierlei lag auf der Hand. Erstens, Ben war noch immer bei der Army. Zweitens, was er genau
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