Todescode
haben, als er schon am Boden lag. Aber keiner von denen kommt mal auf die Idee, zu fragen, ob die Extrakugel vielleicht verhindert hat, dass der Scheißkerl im letzten Moment noch eine Sprengstoffweste zünden konnte. Leb du ruhig weiter in deiner Phantasiewelt, wenn du willst, aber wie wär’s mal mit ein bisschen Dankbarkeit für die Leute, die dir das ermöglichen? Die die ganze Drecksarbeit erledigen, damit du dir vormachen kannst, saubere Hände zu haben?«
»Was willst du, einen Orden?«, sagte Alex, lauter, als er beabsichtigt hatte. »Du hast dich doch für das, was du machst, freiwillig entschieden, oder? Du kriegst ein Gehalt dafür, nicht? Klar bin ich froh, dass Leute zum Militär gehen, damit ich es nicht muss, aber das Gleiche könnte ich über Leute sagen, die im Bergwerk Kohle abbauen. Wieso hast ausgerechnet du eine Sonderbehandlung verdient?«
Ben schüttelte den Kopf. »Bergleuten sagst du aber nicht, wie sie ihre Arbeit zu machen haben, oder? Du sagst ihnen nicht, sie sollen aufpassen, dass sie keinen Kohlenstaub unter die Fingernägel kriegen. Also wieso meinst du, so erstaunlich viel Ahnung von meinem Metier zu haben? Diesen Scheiß muss ich mir schon ständig von CNN bieten lassen, also verschon mich damit.«
Sie blickten einander einen Moment lang feindselig an. Alex fielen ein paar Antworten ein, aber sie kamen ihm kindisch vor, und was hätte das schon gebracht?
Ben sah auf seine Uhr, als würde er sich wünschen, irgendwo anders zu sein. »Ich werde jetzt an deinem Wagen vorbeigehen«, sagte er, »nur um festzustellen, ob da jemand auf der Lauer liegt, der dich umbringen will. Ich überprüfe auch die Lobby. Gib mir eine Minute Vorsprung, damit wir nicht zusammen gesehen werden.« Er reichte Alex den Schein für den Parkservice, spähte durch den Türspion und ging.
Alex wartete eine Weile ab und musste dabei den Drang unterdrücken, sich irgendwas zu greifen und es durch die Gegend zu schmeißen. Dann ging er hinaus. Er nahm den Fahrstuhl in die Lobby und blickte sich vorsichtig um, als er sie betrat. Sie war leer. Himmel, würde das von jetzt an immer so sein? Würde er sich in Zukunft bei jedem, der in einer Hotellobby saß und Zeitung las, fragen, ob der ihn umlegen wollte? Er glaubte nicht, so leben zu können.
Er gab dem Mann vom Parkservice den Schein, und zwei Minuten später hielt ein grauer Taurus vor dem Haupteingang.
Unauffällig
, dachte Alex.
So lebt Ben also.
Er stieg ein und fuhr auf den Parkplatz. Ben stand nicht weit von dem M3, allein. Alex hielt neben ihm, und Ben stieg ein. Er sagte: »Fahr mich zu deinem Büro. Nimm die Page Mill in südlicher Richtung, nicht die Strecke, die du von zu Hause aus fahren würdest.«
Alex hatte schon auf der Zunge, zu fragen, woher Ben wusste, wo das Büro war, aber dann fiel es ihm ein: Er hatte sich die Webseite angesehen. Und natürlich kannte er die Gegend. Er war ja auch hier aufgewachsen.
Sie fuhren schweigend. Als sie auf den Parkplatz von Sullivan, Greenwald fuhren, sagte Ben: »Fahr an der Stelle vorbei, wo du normalerweise parkst, aber halt nicht an. Mal sehen, was wir entdecken.«
Alex tat, wie geheißen. Es war erst kurz nach sieben, und es standen noch nicht viele Autos da.
»Siehst du den da?«, fragte Ben. »Den Jaguar. Siehst du den Tau auf der Motorhaube und den Fenstern? Der steht schon die ganze Nacht da. Durch die Scheiben kann keiner gucken. Für uns bedeutet das, der Wagen ist keine Gefahr.«
»Das ist einleuchtend.«
»Wir halten Ausschau nach einem Wagen, der heute Morgen gefahren wurde. Einer, bei dem vielleicht sogar der Motor läuft, damit der Fahrer es warm hat und die Scheiben nicht beschlagen. Aber ich sehe keinen.«
»Aber die meisten Autos hier haben keinen Tau auf den Scheiben.«
»Stimmt. Die sind heute Morgen gefahren worden, von Frühaufstehern wie dir. Entscheidend ist, sie sind leer. So weit, so gut. Jetzt dreh noch ein paar Runden, damit ich die Umgebung checken kann, dann park irgendwo, wo du normalerweise nicht parkst, und benutz einen Eingang, den du normalerweise nicht benutzt.«
Sie parkten und gingen ins Gebäude. Ben bewegte sich vorsichtig, so wie am Abend zuvor im Hotel. Er blieb immer wieder stehen und sah sich um, als würde er die Lage taxieren.
»Kennkartenzugang«, sagte er, und Alex wusste nicht, ob Ben mit ihm oder mit sich selbst sprach. »Das ist ein Hindernis. Außerdem, wenn du nicht hierhergehörst, wo postierst du dich im Gebäude? Da kommen und gehen Leute,
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