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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Missionarsquatsch erzählt?«
    Ben lachte und nahm in einem der beiden Sessel vor dem Schreibtisch Platz. »Ich konnte den Burschen auf Anhieb nicht leiden. Hatte keine Lust, mit ihm zu reden. Er ist dein Boss, stimmt’s?«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich hab’s einfach gemerkt.«
    »Tja, eigentlich ein Grund mehr, ihm nicht weiszumachen, mein Bruder wäre ein Fanatiker.«
    »Das war das einzig Richtige, um das Gespräch auf ein Minimum zu beschränken. Solche Bonzen, die den lieben langen Tag Akten hin und her schieben und dafür fünfhundert Mäuse die Stunde berechnen, reden nicht gern mit Leuten, die sich für wohltätige Zwecke engagieren. Das gibt ihnen das Gefühl, ihr Leben wäre oberflächlich.«
    »Findest du mein Leben oberflächlich?«
    Ben sah sich im Büro um. »Du warst zwei Tage nicht hier. Kommt dir irgendwas verändert vor?«
    Alex war nicht gewillt, ihn so tun zu lassen, als hätte er die Frage überhört. »Ich hab dich gefragt, ob du mein Leben oberflächlich findest.«
    Eine Pause entstand. Ben sagte: »Es spielt keine Rolle, was ich finde.«
    »Nein, ich möchte es wissen.«
    »Ich weiß nicht, Alex. Du lebst noch immer in deinem Elternhaus, du arbeitest in einem Büro, das gerade mal fünf Meilen davon entfernt ist, du hast hier in der Stadt studiert und deinen Doktor gemacht … ich meine, hast du irgendwann mal irgendwas anderes gemacht? Bist du je ein Risiko eingegangen?«
    Alex spürte, wie ihm die Ohren brannten. »Na und? Stanford war die beste Uni. Und weißt du, was du in Kalifornien an Steuern abdrücken musst, wenn du ein Haus verkaufst?«
    Noch während er das sagte, kam es ihm wenig überzeugend vor. Aber Ben konnte ihn mal, es ging im Leben nicht bloß darum, Risiken einzugehen.
    »Du hältst dich wohl für einen Spezialisten in Sachen Risiko«, sagte er. »Aber willst du wissen, was ich denke?«
    Ben blickte weg, als wäre er gelangweilt. »Nicht unbedingt.«
    »Du warst in der Schule schlecht, du hast die Uni abgebrochen, und im Valley hättest du es auch nicht gepackt. Du bist an das Einzige geraten, was du anscheinend gut kannst, und machst seitdem aus der Not eine Tugend. Du machst deinen Job nicht, weil du ihn für lohnenswert oder wichtig hältst. Du machst ihn, weil du nicht weißt, was du sonst machen sollst.«
    Ben packte ein Kaugummi aus und steckte es sich in den Mund. Er hielt Alex die Packung hin. Alex hätte sie ihm am liebsten aus der Hand geschlagen.
    »Kommt dir hier irgendwas verändert vor?«
    Alex starrte ihn einen Moment lang an, beschloss dann aber, es dabei bewenden zu lassen. »Mal sehen«, sagte er.
    Sobald er anfing, sich umzuschauen, fiel es ihm auf. Auf dem Arbeitstisch hatten acht Aktenstapel gelegen. Einer fehlte. Die Hilzoy-Akte.
    »Das gibt’s doch nicht«, sagte er. Er fing an, die übrigen Stapel durchzusehen, doch vergeblich. Die Hilzoy-Akte war einfach verschwunden.
    »Was ist?«, fragte Ben.
    »Die Hilzoy-Akte. Obsidian. Sie ist weg.«
    »Bist du sicher?«
    »Sie lag hier auf dem Tisch. Da bewahre ich immer die Fälle auf, die in Arbeit sind.«
    Er sah im Aktenschrank nach. »Ja, sie ist weg.«
    Er setzte sich hin und rief Osborne an. »David, Sie haben sich nicht zufällig irgendwelche Akten aus meinem Büro ausgeborgt, oder?«
    »Wieso, fehlt was?«
    »David, gibt es einen Grund dafür, warum Sie eine einfache Frage nicht direkt beantworten können?«
    Im selben Moment konnte er nicht fassen, dass er das tatsächlich gesagt hatte. Sogar Ben schaute ihn überrascht an.
    Nach kurzem Schweigen am anderen Ende sagte Osborne: »Nein, ich hab mir von Ihnen keine Akten ausgeborgt.« Und legte auf.
    Ben sagte: »Ich würde mir an deiner Stelle keine Sorgen machen, ob er mich für einen Fanatiker hält. Du schaffst es ganz gut allein, ihn sauer zu machen.«
    Alex antwortete nicht. Es hatte gutgetan, Osborne anzufahren. Er hatte ein wenig gehofft, Ben damit zu beeindrucken … aber jetzt machte Ben sich auch noch über ihn lustig.
    Na, egal. Er hatte ein Recht darauf, gereizt zu sein. Und er war es satt, sich alles gefallen zu lassen.
    »Könnte sich sonst jemand die Akte ausgeliehen haben?«, fragte Ben.
    »Vielleicht Alisa, meine Sekretärin, aber die bringt immer alles zurück, ehe sie Feierabend macht.«
    »Sieh trotzdem mal auf ihrem Schreibtisch nach.«
    Alex stand auf und tat, wie geheißen. Keine Unterlagen. Er kam zurück und nahm kopfschüttelnd wieder Platz.
    »Sonst noch irgendwer?«, sagte Ben.
    Alex überlegte einen Moment. »Sarah

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