Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
Vom Netzwerk:
früh aufbrechen. Er war überrascht, dass er nicht gehört hatte, wie Ben aufgestanden war. Normalerweise hatte er einen leichten Schlaf.
    Er ging in der Unterwäsche zum Bad, doch die Tür war verriegelt. Mist, er musste dringend pinkeln. Er klopfte und rief: »Ben, beeil dich«, und schlagartig merkte er, wie seltsam das war. Sie hatten als Kinder immer ein gemeinsames Bad gehabt und sich oft darum gestritten, wer als Erster reindurfte, und jetzt machten sie genau das Gleiche.
    Er öffnete die Jalousien und blickte hinaus. Die Sonne ging gerade auf, und am Himmel trieben lange, rosa Wolken. Er stand da, rieb sich die nackten Schultern und starrte aus dem Fenster. Ein seltsames Gefühl überkam ihn. Normalerweise wäre er jetzt zu Hause und würde sich für die Arbeit fertig machen. Das Bedürfnis, ins Büro zu fahren, zurück in sein richtiges Leben, war stark.
    Die Dusche hörte auf. Alex drehte sich um und ging an der Couch vorbei. Bens offene Tasche stand darauf. Alex sah Kleidungsstücke, ein Taschenbuch …
    War das eine Pistole?
    Er sah genauer hin. Es war eine Pistole, klein und schwarz. Gütiger Himmel, Ben hatte eine Pistole? Bei sich?
    Die Badezimmertür ging auf, und Ben kam heraus, ein Handtuch um die Taille, ein Bündel Klamotten im Arm. »Du kannst rein«, sagte er.
    »Du hast eine Pistole?«
    Ben ging an ihm vorbei, blickte ihn kaum an. »Klar.«
    »Du hast eine Pistole bei dir?«
    »Wo sollte ich sie sonst haben?«
    Herrgott, frag einen Bankräuber, warum er Banken ausraubt, und der sagt:
Weil da nun mal das Geld liegt.
    »Was ich meine«, setzte Alex an, überlegte es sich jedoch anders. Aber Moment mal: »Wenn du sie immer bei dir hast, wieso hast du sie dann nicht mit ins Bad genommen?«
    Ben ließ die Sachen, die er auf dem Arm hatte, auf die Couch fallen und hielt wie durch Zauberei eine andere Pistole in der Hand, größer als die in der Tasche. »Die andere ist nur ein Ersatz für Notfälle«, sagte er. »Ich trag sie hinten im Rücken. Und normalerweise nehme ich nicht alle beide mit ins Bad.«
    »Kannst du mit den Dingern reisen? Im Flugzeug?«
    »Manchmal. Wenn es nicht geht, warten sie auf mich.«
    Alex wollte nachhaken –
Sie warten auf dich? Bei wem denn
? –, tat es aber dann nicht. Er konnte einfach nicht fassen, dass sein Bruder eine Pistole dabeihatte. Nein, zwei Pistolen. Klar, rational ließ es sich erklären. Ben war eine Art Undercover-Soldat. Aber trotzdem.
    Er ging aufs Klo, putzte die Zähne, duschte und zog sich an. Als sie gehen wollten und schon an der Tür waren, verharrte Ben und sagte: »Als Erstes machen wir Folgendes: Du gibst dem Mann vom Parkservice diesen Schein, damit er meinen Leihwagen aus dem Parkhaus holt. In der Zwischenzeit schlendere ich an deinem Auto vorbei und checke die Stellen, wo ich dir auflauern würde. Falls da irgendwer rumsteht und mir nicht ganz geheuer vorkommt, überrede ich ihn vielleicht zu einer kleinen Spritztour mit uns.«
    »Überreden?«
    »Soll ich es dir haarklein aufmalen, Alex? Komm einfach mit dem Leihwagen zum Parkplatz. Wenn ich allein bin, steig ich ein. Wenn ich nicht allein bin, öffne die Kofferraumverriegelung. Wenn wir der richtigen Person die richtigen Fragen auf die richtige Art stellen, können wir rausfinden, wer dir Probleme beschert und warum. Das willst du doch, oder?«
    »Ja, aber –«
    »Aber was?«
    »Hör zu, ich will in nichts verwickelt werden, das –«
    »Du bist schon verwickelt. Und jetzt willst du aus der Sache rauskommen.«
    »Was soll das heißen? Soll ich dir helfen, jemanden zu kidnappen? Auf dem Parkplatz vom Four Seasons Hotel in Palo Alto?«
    »Und was soll
das
jetzt heißen? Dass ich für dich die Drecksarbeit machen soll? Ja?«
    »Ich …« Alex verstummte, wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Das ging ihm alles zu schnell. Ben konnte doch nicht ernsthaft vorhaben, jemanden zu kidnappen, oder?
    Ben lachte. »Du kommst mir vor wie ein Politiker, Alex. Du willst, dass was gemacht wird, aber du lässt nicht zu, dass es richtig gemacht wird. Müllmänner machen sich nun mal die Hände schmutzig. Anders geht’s nicht.«
    »So hab ich das nicht –«
    »Doch, hast du. Ich bin diese Gutmenschen leid, die noch nie eine Pistole gesehen haben, geschweige denn unter Adrenalinstress mit einer umgehen mussten, aber dann über Cops herfallen, weil sie einem Bösewicht nicht das Messer aus der Hand geschossen haben. Die Soldaten den Prozess machen wollen, weil sie Achmed noch eine Kugel extra verpasst

Weitere Kostenlose Bücher