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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Hotelparkplatz. Er passierte den Eingang, schaute unablässig nach rechts und links, überprüfte alle Stellen, wo er sich selbst auf die Lauer gelegt hätte.
    Er nahm eine Abkürzung durchs Parkhaus, dessen Ausgang in der Nähe von Alex’ Wagen lag. Falls jemand da war, hätte er weniger Zeit zu reagieren, sobald er Ben auftauchen sah. Er bog um die Ecke, und –
voilà
– ein stämmiger Weißer mit geschorenem Kopf lehnte an der Parkhauswand, nur ein kurzes Stück von Alex’ Wagen entfernt. Der Typ hatte eine Sonnenbrille auf, rauchte eine Zigarette und trug eine schwarze, hüftlange Lederjacke.
    Obwohl sein Verstand das alles in einer Art Steno wahrnahm statt in bewussten Gedanken, erfasste Ben alles, was an diesem Bild nicht stimmte. Es war die Westseite des Parkhauses, und so früh am Morgen lag sie im Schatten, weshalb keine Sonnenbrille erforderlich war. Für die Zigarettenpause eines Büroangestellten war es auch noch zu früh, und überhaupt, wieso sollte jemand extra den weiten Weg hierherkommen, um eine zu rauchen? Und die hüftlange Jacke war ideal, um eine Pistole in einem Schulter- oder Hüftholster zu verstecken.
    Ben schlenderte gemächlich auf ihn zu, und sein Herzschlag wurde schneller. Er sah sich um und entdeckte sonst niemanden, aber es waren ein paar Autos in einer Reihe geparkt, in die er nicht alle hineinschauen konnte. Er konnte nicht sicher sein, dass der Typ allein war. Er dachte nicht darüber nach, wie er vorgehen würde. Auf der ›Farm‹, dem Trainingslager der CIA , hatte er gelernt, dass du nicht einfach eine Rolle spielen kannst; du musst sie leben, du musst an deine Tarnung
glauben
. Deshalb war er im Geiste nur ein ganz normaler Geschäftsmann auf dem Weg zu seinem Wagen. Tief im Innern, derart abgeschirmt, dass es nicht an die Oberfläche dringen und sich weder in seiner Miene noch in seinem Verhalten zeigen würde, beobachtete Ben die Hände des Glatzkopfs. Sobald diese Hände sich irgendwohin bewegten, wo er sie nicht sehen könnte, würde er seine eigene Waffe, die übliche Glock 17, aus ihrem Hüftholster ziehen.
    »Entschuldigung«, sagte er, als er näher kam. Er drückte Daumen und Zeigefinger zusammen, verdeckt durch die hohle Hand, als würde er eine Zigarette halten. »Haben Sie Feuer?«
    Der Glatzkopf sah ihn an, reagierte aber nicht. Ben war froh, dass er durchs Parkhaus gegangen war und aus der Richtung kam, wo Alex geparkt hatte. Dass der Typ noch immer an der Wand lehnte, ließ darauf schließen, dass er überrumpelt worden war. Ein Profi würde angesichts einer möglichen Bedrohung niemals in einer solchen Haltung bleiben. Jetzt würde der Typ sich erst von der Wand abstoßen müssen, wenn er angreifen wollte. Das würde lange dauern. Und ihn das Leben kosten.
    »Hab Sie noch nie hier gesehen«, sagte Ben und blieb ein paar Schritte vor ihm stehen. »Und ich kenn die meisten Raucher im Bürokomplex, weil man in der Volksrepublik Palo Alto ja nicht mal in der Nähe von irgendeinem Eingang rauchen darf. Ist das zu fassen?«
    Noch immer keine Antwort. Vielleicht sprach der Typ kein Englisch. Vielleicht hatte er aber auch einen Akzent und wollte nicht, dass jemand den hörte und sich daran erinnern könnte.
    Aus allerlei Gründen, vor allem, um Lärm und mögliche Zeugen zu vermeiden, wollte Ben keinen Schuss abgeben. Nur noch ein, zwei Schritte näher, und er könnte den Typen lautlos mit den Händen erledigen.
    »Alles klar mit Ihnen?«, sagte Ben. »Sprechen Sie kein Englisch?«
    Eine Pause entstand, und dann sagte der Typ mit einer tiefen, rauen Stimme: »Ich spreche Englisch.«
    Der Akzent war stark. Der Akzent war russisch.
    Der untergetauchte Teil von Bens Verstand, der sich im Taktikmodus befand, gab ein lautes
Scheiße, nicht schon wieder
von sich.
    Sie blickten einander eine lange Schwebesekunde an. Die Welt war plötzlich still, alles wich zurück, nur die Anspannung zwischen ihnen blieb. Ben spürte, wie er sich enthüllte, unter der hauchdünnen, unschuldigen Fassade auftauchte, hinter der er sich versteckt hatte, um so nahe ranzukommen. Er wusste, dass der Glatzkopf sah, was da passierte. Der Mann blieb vollkommen reglos, doch Ben erkannte, dass sich in seinem Körper irgendetwas aufbaute, sich bereitmachte, eine Hyperwachsamkeit, die einen Augenblick zuvor noch nicht da gewesen war.
    Ben wollte schon vorstürmen, als sich der Typ im selben Moment von der Wand abstieß und mit der rechten Hand blitzschnell nach links unter seine Jacke griff. Ben

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