Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
Vom Netzwerk:
Ben tatsächlich. »O ja. Wie ein Märchen.«
    Er war anderthalb Meter von der Ecke des Hauses entfernt, ein Abstand, der ihm in seiner prekären Lage so groß vorkam wie der Grand Canyon. Direkt dahinter befand sich etwas, das er gut gebrauchen konnte. Vorausgesetzt natürlich, es war noch da. Falls nicht, war er tot, selbst wenn er es um die Ecke schaffte. Aber Alex hatte ja auch sonst nichts verändert. Und außerdem, es war seine einzige Chance.
    »Hör mal, Kumpel, du steckst ganz schön in der Tinte, ich weiß. Aber so sieht’s nun mal aus. Vielleicht verarsch ich dich. Vielleicht nicht. Aber vertrau mir, okay? Wenn ich dich noch einmal frage – und ich werde dich nur noch ein einziges Mal fragen – und du mir nichts erzählst, womit ich was anfangen kann, siehst du eine Sekunde später – und es ist das Letzte, was du je sehen wirst – einen Sprühnebel, der einmal deine Eingeweide war.«
    Ohne sich auch nur das Geringste anmerken zu lassen, spannte Ben seine Muskeln an, um sich schneller zu bewegen, als er sich je im Leben bewegt hatte. Dann lachte er, lang und kräftig und mit einer Zuversicht, die er absolut nicht empfand. Das Lachen war völlig unangemessen und deplatziert, und egal, wie gut der Typ auch war, das Bemühen, sich darauf einen Reim zu machen, würde erst mal ein paar kostbare Neuronen in Anspruch nehmen.
    »Ist irgendwas komisch?«, fragte die Stimme.
    »Find ich schon. Er sitzt im Baum direkt über dir.«
    Kaum war das letzte Wort aus seinem Mund, hechtete Ben wie aus einer Kanone geschossen auf die Ecke zu. Und es klappte: das Lachen, die minimale Ablenkung des Typen auf das, was über ihm passierte, statt sich weiter auf Ben zu konzentrieren, und die gute alte Formel »Aktion schlägt Reaktion« – es reichte so gerade eben aus. Er landete mit dem Bauch auf der Veranda und hörte das »Kawumm« des Taurus hinter sich, spürte Blei knapp über seinen Kopf hinwegzischen. Er rollte sich dicht ans Haus, zog die Beine an und machte einen erneuten Hechtsprung nach vorn.
    Der Holzstapel. Unter einer Plane lagen immer gut zwei bis drei Kubikmeter gestapeltes Feuerholz, parallel zur Hauswand und gut einen Meter davon entfernt, weil sein Dad verhindern wollte, dass Termiten allzu leicht von dem Holz aufs Fundament übergreifen konnten. Und das Holz war noch da, Gott sei Dank, nicht so viel, wie er in Erinnerung hatte, aber immerhin brusthoch. Ben kam blitzschnell auf die Beine und drehte den Rücken zur Hauswand. Er beugte die Knie und duckte sich so tief, dass er sich mit Kopf und Körper unterhalb der Oberkante des Stapels befand. Er legte die Hände flach dagegen, drückte die Ellbogen an den Körper und presste die Stirn gegen die vorstehenden Enden der Holzscheite.
    Und dann machte der Typ einen Fehler. Aus Angst, Ben könnte über den Zaun entwischen, und in der Überzeugung, dass dieser im Augenblick so gut wie blind war, folgte er ihm zu schnell. Ben spannte die Muskeln an, zwang sich, die extra Sekunde abzuwarten, bis der Typ nahe genug gekommen war, und dann katapultierte er mit der Wucht eines angreifenden Footballspielers den Holzstapel nach vorn. Eine Lawine von Hartholzscheiten – gespalten, rund und alles dazwischen – brach los. Ben stürzte dahinter hervor. Er vernahm ein schweres Poltern, hörte den Typen aufschreien, und dann war er über ihm, packte mit der linken Hand den Revolverlauf und riss ihn rum, während er die andere Hand dem Typen gegen die Gurgel rammte und ihn nach hinten stieß, bis er mit dem Rücken gegen den Zaun knallte. Der Revolver ging erneut los, doch die Mündung zeigte von ihm weg. Dann spürte er, wie der Finger, den der Typ am Abzug hatte, brach, und er entwand ihm die Waffe. Ben packte den Revolver am Lauf wie einen Hammer und knallte seinem Gegner den Griff gegen die Schläfe, als würde er einen Nagel einschlagen. Der Typ wirbelte von ihm weg und krümmte sich, die Hände plötzlich unsichtbar, offensichtlich um nach einer Reservewaffe zu greifen. Ben nahm den Taurus in die rechte Hand, zielte auf den Rücken des Typen und drückte ab. Ein Blitz schoss aus der Mündung, und die Waffe ruckte heftig zurück. Der Körper zuckte, als wollte er irgendetwas abschütteln, dann fiel er auf die Knie. Ben hielt den Revolver auf ihn gerichtet und trat näher, hätte ihm am liebsten noch eine Kugel verpasst, scheute aber den Lärm eines vierten Schusses.
    Es war auch nicht nötig. Die Schrotmunition vom Kaliber .410 hatte seinen Angreifer förmlich

Weitere Kostenlose Bücher