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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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töten.
    In seiner Verzweiflung stand er auf und ging in die Küche zum Ausguß, drehte das kalte Wasser auf. Er steckte den Stöpsel in den Abfluß, holte Eiswürfel aus dem Kühlschrank und warf sie in das Becken. Als es fast voll war, drehte er den Hahn zu und steckte den Kopf in das eiskalte Wasser, zwang sich, ihn dort zu lassen, hielt den Atem an, das Ge sicht untergetaucht, bis die Haut brannte und er schließlich wieder auftauchen mußte, um nach Luft zu schnappen. Er fröstelte, und seine Zähne klapperten, aber er spürte immer noch, wie die Gewalttätigkeit sich in ihm aufbaute, also steckte er den Kopf wieder ins Wasser, wartete, bis seine Lungen schier platzten, kam nach Luft schnappend und spuckend herauf, und jetzt war er eiskalt, zitterte unkontrolliert, und doch war da immer noch der Drang zur Ge walt, schwoll in ihm an.
    Satan war jetzt hier. Er mußte hier sein. Satan war hier und zerrte die alten Gefühle aus seinen tiefsten Tiefen hervor, drängte Kyle, führte ihn in Versuchung, wollte ihn dazu bewegen, seine letzte Chance auf Erlösung wegzuwerfen.
    Nein!
    Er stürmte durch die Wohnung und versuchte genau herauszufinden, wo Satan war. Er sah in Schränke, riß Schubladen auf, zog die Vorhänge beiseite, um hinter ihnen nachzusehen. Er rechnete eigentlich nicht damit, Satan zu sehen, aber er war sicher, daß er wenigstens die Anwesenheit des Teufels irgendwo spüren würde, auch wenn der Dämon unsichtbar sein mochte. Aber da war nichts zu finden. Was nur bedeutete, daß der Teufel es geschickt verstand, sich zu verstecken.
    Als er schließlich aufgab, nach Satan zu suchen, war er im Badezimmer und entdeckte sich selbst im Spiegel: die Augen flackernd, die Nasenlöcher geweitet, die Kinnmuskeln gespannt, die Lippen blutlos, zurückgezogen über häßlichen gelben Zähnen. Er dachte an das Phantom in der Oper, dachte an Frankensteins Monstrum und hundert andere gequälte, unmenschliche Gesichter aus hundert anderen Filmen, die er gesehen hatte.
    Die Welt haßte ihn, und er haßte die Welt, haßte sie alle, haßte die, die ihn auslachten, die auf ihn zeigten, die Frauen, die ihn abstoßend fanden, all die...
    Nein. Gott. Bitte. Laß mich nicht an diese Dinge denken. Lenke meine Gedanken davon ab. Hilf mir. Bitte.
    Er konnte den Blick nicht von seinem Boris -Karloff-Gesicht wenden, das den altersfleckigen Spiegel füllte.
    Er ließ sich diese alten Horrorfilme nie entgehen, wenn das Fernsehen sie brachte. Viele Abende saß er alleine vor seinem Schwarzweißgerät, von den unheimlichen Bildern gebannt, und wenn der Film dann zu Ende war, ging er ins Badezimmer, an ebendiesen Spiegel, sah sich an und sagte sich, daß er nicht so häßlich, so furchterregend aussah, nicht so widerwärtig wie die Kreaturen, die aus urweltlichen Sümpfen krochen oder von den Sternen kamen oder aus den Labors wahnsinniger Wissenschaftler entflohen wa ren. Im Vergleich dazu war er beinahe gewöhnlich. Schlimmstenfalls mitleiderregend. Aber er konnte sich selbst nie glauben. Der Spiegel log nicht. Der Spiegel zeigte ihm ein Gesicht, das für Alpträume geschaffen war.
    Er lächelte sich selbst im Spiegel zu, versuchte nett auszu sehen. Das Ergebnis war abscheulich, das Lächeln einer Grimasse.
    Keine Frau wollte je etwas mit ihm zu tun haben, außer er bezahlte sie, und es gab sogar Huren, die ihn ablehnten. Diese Miststücke, alle waren sie das, verkommene, herzlose Miststücke. Er wollte einer von ihnen wehtun. Er wollte einer von ihnen Schmerz zufügen, seinen Schmerz in irgendeine Frau hineinhämmern und ihn in ihr lassen, damit wenigstens kurze Zeit in ihm kein Schmerz war.
    Nein. Das war schlechtes Denken. Böses Denken.
    Denk an Mutter Grace.
    Denk an das Zwielicht und die Erlösung und das ewige Leben.
    Aber die Qual blieb - und die Not.
    Er fand sich an der Tür zu seiner Wohnung, ohne sich erinnern zu können, wie er dorthin gekommen war. Er hatte die Tür halb geöffnet. Er war auf dem Weg nach draußen, um eine Prostituierte zu finden. Oder jemanden, den er verprügeln konnte. Oder beides.
    Nein!
    Er knallte die Tür zu, sperrte sie ab, wandte ihr den Rükken zu, sah sich gehetzt und verzweifelt in seinem Wohnzimmer um.
    Er mußte schnell handeln, um sich zu retten.
    Er war im Begriff, seinen Kampf gegen die Versuchung zu verlieren. Er wimmerte jetzt und schauderte, gab unartikulierte Laute von sich. Er wußte — nur noch ein oder zwei Sekunden, und er würde die Tür wieder öffnen, und diesmal würde er die

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