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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Christine entfernt, als daß sie hätte sehen können, wie sie aussahen oder auch nur, ob sie Männer oder Frauen waren; es waren einfach nur kleine, dunkle Gestalten vor dem blendenden Weiß des Schnees. Der Jeep war zur Hälfte von Schnee bedeckt, aber die Fremden waren emsig bemüht, ihn auszugraben, und versuchten, die Türen zu öffnen.
    Christine hörte schwache Stimmen, konnte aber nicht verstehen, was sie sagten. Jetzt hallte das Splittern von Glas durch die kalte Bergluft, und ihr wurde klar, daß es sich um keine gewöhnlichen Schneemobil-Fans handelte.
    Charlie zog sie zurück, in die Dunkelheit zwischen den Bäumen links vom Weg, und beide wären beinahe gestürzt, weil Schneeschuhe nicht dafür gebaut sind, daß man sich mit ihnen schnell bewegt. Sie standen unter einer mächtigen Hemlock-Tanne. Ihre mächtigen Äste begannen etwa zwei Meter über dem Boden, warfen mächtige Schatten und verstreuten Nadeln über die dünne Schneehaut, die die Er de darunter bedeckte. Charlie lehnte sich gegen den mächtigen Baumstamm und spähte um ihn herum, vorbei an ein paar anderen Hemlock-Tannen, zwischen ein paar Fichten, zur Wiese und dem Jeep. Er öffnete das Feldstecherfutteral, das er am Gürtel trug, und nahm das Glas heraus.
    »Was sind das für Leute?« fragte Christine, während sie Charlie dabei zusah, wie er das Glas scharfstellte, und war sicher, daß sie die Antwort auf ihre Frage bereits kannte, wollte sie aber nicht glauben, hatte nicht die Kraft, sie zu glauben. »Ganz sicher nicht bloß ein paar Winterurlauber; die würden sicher nicht einfach die Scheiben eines verlassenen Fahrzeugs einschlagen.«
    »Vielleicht sind es junge Leute«, sagte er, immer noch mit dem Feldstecher beschäftigt. »Vielleicht bloß ein wenig übermütig.«
    »Niemand fährt bei diesem Wetter so weit in die Berge, bloß weil er übermütig ist«, sagte sie.
    Charlie trat zwei Schritte von der Tanne zurück, hielt den Feldstecher mit beiden Händen und spähte nach unten. Schließlich sagte er: »Ich erkenne einen von ihnen. Der gro ße Bursche, der in die Pfarrei kam, als Henry und ich gerade weggingen. Sie hatten ihn Kyle genannt.«
    »O Gott.«
    Der Berg war also doch keine Zuflucht, sondern eine Falle.
    Plötzlich ließ die Einsamkeit der schneebedeckten Hügel und Wälder ihre Flucht in die Hütte kurzsichtig, unsinnig erscheinen. Es war ihnen so vernünftig vorgekommen, von den Menschen wegzugehen, einen Ort aufzusuchen, wo man sie nicht entdecken konnte. Aber damit hatten sie zu gleich auch jede Chance auf Hilfe aufgegeben, waren fern von allen, die ihnen hätten zu Hilfe kommen können, wenn sie angegriffen wurden. Hier, an diesem kalten Ort in den Bergen konnte man sie hinschlachten und begraben, und niemand außer ihren Mördern würde je wissen, was ihnen zugestoßen war.
    »Siehst du sie?« fragte Christine.
    »Spivey? Ich glaube, das ist die Gestalt, die immer noch auf einem Snowmobile sitzt. Ich bin sogar sicher, daß sie das ist.«
    »Aber wie haben sie uns finden können?«
    »Jemand, der wußte, daß ich Mitbesitzer der Hütte bin. Jemand hat sich daran erinnert und es Spiveys Leuten gesagt.«
    »Henry Rankin?«
    »Vielleicht. Es gibt nur wenige Leute, die Bescheid wis sen.«
    »Aber trotzdem. So schnell!«
    Charlie sagte: »Sechs... sieben... neun sind es. Nein. Zehn.«
    Wir werden sterben, dachte sie. Zum erstenmal, seit sie den Konvent verlassen hatte, seit sie ihre Religion verloren hatte, wünschte sie, sie hätte sich nicht ganz von der Kirche abgewandt. Plötzlich waren im Vergleich mit dem Wahnsinn, an den Spiveys Kult glaubte, die alten Lehren der rö misch-katholischen Kirche ungemein beruhigend und anziehend, und sie wünschte, sie könnte sich ihnen jetzt zu wenden, ohne sich dabei scheinheilig vorzukommen, wünschte, sie könnte Gott um Hilfe anflehen, die heilige Jungfrau bitten, ihr zu helfen. Aber man konnte nicht einfach die Kirche von sich stoßen, sie ganz aus seinem Leben verdrängen — und dann zu ihr zurückkehren, wenn man sie brauchte, und erwarten, sie würde einen wieder in ihren Schoß aufnehmen, ohne daß man zuerst Buße tat. Gott verlangte, daß man in guten Zeiten ebenso wie in schlechten an ihn glaubte. Wenn sie jetzt von der Hand dieser Fanatiker starb, dann würde das geschehen, ohne daß sie vorher einem Priester ihre letzte Beichte ablegte, ohne die letzte Ölung, ohne daß man sie in geheiligter Erde begrub. Und es überraschte sie, daß diese Dinge nach all den Jahren,

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