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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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wehte, brauchten sie keine Skimasken zu tragen.
    Zuerst redeten sie und Charlie überhaupt nicht, gingen nur stumm dahin, suchten sich in dem weichen, frischen Schnee ihren Weg, sanken hier und da trotz der Schneeschuhe ein, suchten eine festere Kruste, kniffen die Augen zusammen, weil der grelle Widerschein des Schnees ihre Augen selbst unter einem sonnenlosen Himmel ermüdete. Aber als sie schließlich den Wald erreichten, sagte Charlie: »Wegen gestern nacht...«
    »Zuerst ich«, sagte sie schnell und ganz leise, weil die Luft so reglos war, daß ein Flüstern ebensoweit reichte wie ein Schreien. »Ich war... ich war den ganzen Morgen... nun, ein wenig verlegen.«
    »Wegen dem, was gestern nacht war?«
    »Ja.«
    »Tut es dir leid, daß es geschehen ist?«
    »Nein, nein.«
    »Gut, weil es mir nämlich ganz sicherlich nicht leid tut.«
    Sie sagte: »Ich möchte nur, daß du weißt, daß ich gestern so... so munter, so aggressiv, so...«
    »Leidenschaftlich?«
    »Das war mehr als Leidenschaft, meinst du nicht?«
    »Doch, das meine ich.«
    »Mein Gott, ich war wie ein Tier oder so etwas. Ich konnte nicht genug von dir bekommen.«
    »Das hat meinem Ego ungeheuer gutgetan«, sagte er und grinste.
    »Ich wußte gar nicht, daß du ein schwaches Ego hast.«
    »Das ist es auch nicht. Aber ich habe mich auch nie für ein Geschenk Gottes an die Frauen gehalten.«
    »Und jetzt, nach gestern nacht, tust du das, hm?«
    »Unbedingt.«
    Als sie zwanzig Meter weit in den Wald eingedrungen waren, blieben sie stehen, sahen einander an und küßten sich zärtlich.
    Dann sagte sie: »Ich möchte nur, daß du verstehst, daß ich noch nie so wie gestern war.«
    Er tat überrascht und enttäuscht. »Du meinst, du bist nicht vom Sex besessen?«
    »Nur mit dir.«
    »Das kommt daher, weil ich ein Geschenk Gottes an die Frauen bin, vermute ich.«
    Sie lächelte nicht. »Charlie, das ist wichtig für mich — ich meine, daß du mich verstehst. Letzte Nacht... ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
    »Ich.«
    »Nein, ernsthaft. Bitte. Ich möchte nicht, daß du glaubst, daß ich mit anderen Männern je so war. Das war ich nicht. Niemals. Ich habe gestern nacht Dinge mit dir getan, die ich nie zuvor getan habe. Ich wußte nicht einmal, daß ich das konnte. Ich war wirklich wie ein wildes Tier. Ich meine... ich bin nicht prüde, aber...«
    »Hör zu«, sagte er, »wenn du gestern nacht ein Tier warst, dann war ich eine Bestie. Es ist nicht meine Art, die Kontrolle über mich einfach zu verlieren, und es ist ganz bestimmt nicht meine Art, so... anmaßend oder brutal zu sein. Aber mir ist das, was gestern war und wie ich war, nicht peinlich, und dir sollte es auch nicht sein. Wir haben etwas Besonders, etwas Einmaliges erlebt, und deshalb war uns beiden danach, uns gehenzulassen. Einige Male war es vielleicht etwas grob, aber dann war es auch wunderschön, oder nicht?«
    »Herrgott, ja.«
    Sie küßten sich wieder, aber es war nur ein kurzer Kuß, den ein Summen in der Ferne unterbrach.
    Charlie legte den Kopf zur Seite, lauschte.
    Das Geräusch wurde lauter.
    »Flugzeug?« sagte sie und blickte zu dem schmalen Streifen Himmel auf, der zwischen den Bäumen sichtbar war.
    »Schneemobile«, sagte Charlie. »Es gab einmal eine Zeit, wo die Berge immer ruhig und beschaulich waren. Aber heute ist das nicht mehr so. Diese verdammten Schneemo bile sind überall, wie Flöhe auf einer Katze.«
    Das Brausen der Motoren wurde lauter.
    »Aber so weit kommen sie doch nicht herauf?« fragte sie besorgt.
    »Vielleicht schon.«
    »Das klingt ja, als wären die gleich um die Ecke.«
    »Wahrscheinlich sind sie noch ziemlich weit weg. Geräusche täuschen hier oben das Ohr; der Schall trägt ziemlich weit.«
    »Aber wenn wir auf Leute mit Schneemobilen stoßen?«
    »Dann sagen wir, daß wir die Hütte gemietet haben. Ich heiße... warte mal... Bob Henderson. Und du bist Jane Henderson. Wir wohnen in Seattle. Wir sind hier zum Langlaufen und um uns zu erholen. Klar?«
    »Klar«, sagte sie.
    »Sag nichts von Joey.«
    Sie nickte.
    Sie gingen weiter bergab.
    Das Geräusch der Schneemobil-Motoren wurde lauter und lauter und verstummte dann, eines nach dem anderen, bis es wieder nur die tiefe, alles einhüllende Stille der Berge und das weiche Knirschen der Schneeschuhe im Schnee gab.
    Als sie den Waldrand erreichten, sahen sie vier Schneemo bile und acht oder zehn Leute, die sich etwa dreihundert Meter unter ihnen um den Jeep gesammelt hatten. Sie waren zu weit von

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