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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernward Schneider
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Seidenstoff tapeziert. Die Bullaugen waren mit Messingverschalung eingerahmt, und davor sah Gladys schwere Polstersessel mit Bezügen aus weinrotem Samt.
    »Was für eine Pracht«, sagte Gladys, bevor sie sich den anderen Gästen zuwandte.
    »Ich darf Sie mit dem wichtigsten Teilnehmer in unserer Runde bekannt machen«, sagte Astor, »dem Leiter der Séance, Dr. Faussett, der ein über die Grenzen Englands hinaus hoch angesehener Spiritist ist.«
    Mit Erstaunen registrierte Gladys die Anwesenheit des unzertrennlichen Trios, das aus der hübschen und der hässlichen Frau und dem unheimlichen Herrn bestand. Hätte sie geahnt, dass dieser Herr der erwähnte Dr. Faussett war, wäre sie der Einladung sicherlich weniger bereitwillig gefolgt.
    »Oh, wie charmant«, sagte Faussett und musterte Gladys mit seinen kalten blauen Augen, sodass ihr ein Schauder über den Rücken lief.
    Seine hagere Gestalt steckte in einem tadellos sitzenden Smoking. Die hübsche Frau neben ihm wurde ihr als seine Gattin Laura Faussett vorgestellt, die unattraktive Dame, die die Faussetts begleitete, hieß Victoria Hoyt.
    »Mit so einer reizenden Teilnehmerin wie Ihnen werden wir bestimmt einen interessanten Abend haben«, sagte Victoria Hoyt, und Gladys konnte den ironisch bissigen Unterton nicht überhören.
    »Was hat der heutige Abend mit meinem Aussehen zu tun?«, fragte Gladys.
    »Oh, ich sehe Ihnen an, dass Sie über starke Energien verfügen«, sagte Miss Hoyt. »Umso mehr Energie wir in unserer Runde vereinen können, umso bessere Ergebnisse werden wir erzielen.« Sie betrachtete Gladys mit scharfen Augen, und obwohl in ihren Blicken nur Neugierde schien, spürte Gladys instinktiv Victoria Hoyts Abneigung ihr gegenüber.
    »Meinetwegen muss kein Geist erscheinen«, gab Gladys zurück und dachte im nächsten Moment, sie hätte es besser nicht gesagt.
    »Dr. Faussett wird Ihnen die Regeln noch erklären«, sagte Miss Hoyt spöttisch, als wäre Gladys die einzige Person in der Runde, die dergleichen Unterweisung benötigte.
    Gladys fühlte, wie Ärger in ihr aufwallte. »Er muss sich nicht anstrengen«, sagte sie, »wenn ein Geist erscheint, werde ich ihn schon nicht vergraulen.«
    Das Lächeln der anderen Frau offenbarte Spott, als bereitete es ihr Vergnügen, Gladys zu maßregeln.
    Gladys war plötzlich, als sei sie in eine Falle getappt, und sie überlegte, wie sie sich dagegen wehren konnte, für Interessen vereinnahmt zu werden, die nicht ihre eigenen waren. Der Ärger darüber, dass man sie zu bevormunden versuchte, reizte ihren Widerstandsgeist und verlangte nach einer Reaktion. Diese Frau und alle anderen, die glaubten, über sie verfügen zu können, sollten sie kennenlernen.
    Sie streifte ihr Jäckchen ab und brachte die blanke Haut ihrer schönen Arme und Schultern ins Licht.
    »Bitte«, sagte sie zu Madeleine und reichte ihr die Bolerojacke, »ich möchte die Jacke nicht anbehalten.«
    Madeleine nahm ihr mit einem aufmunternden Lächeln das Jäckchen aus der Hand und ging damit zur Garderobe, und mit einem Gefühl der Genugtuung stellte Gladys fest, dass das Gesicht von Victoria Hoyt um eine Schattierung blasser geworden war.
    Dr. Faussett verzog sein Gesicht zu einem breiten Grinsen und wandte sich zur Seite, als wollte er demonstrieren, dass der Anblick ihrer nackten Schultern ihn gleichgültig ließ. Nur seine Gattin ließ sich zu einer Äußerung herab.
    »Sie sehen ganz reizend aus, meine Schöne«, sagte sie zu Gladys, »ich bin entzückt, dass Sie es nicht vor uns verbergen.«
    Astor stellte ihr den Mann mit den elfenbeinfarbenen Zügen vor, mit dem sie zu Abend gegessen hatten. »Karl Barrett ist Miteigner einer kleinen deutschen Schifffahrtsgesellschaft«, fügte der Gastgeber hinzu.
    »Sie tragen einen britischen Namen und sind dennoch Deutscher?«, fragte Gladys.
    »Ich lebe in Deutschland, bin aber gebürtiger Brite«, sagte Barrett.
    »Interessant«, erwiderte Gladys. »Wie kommt es, dass Sie als deutscher Reeder auf einem britischen Schiff nach Amerika fahren?«
    »Man muss immer auf dem Laufenden bleiben«, sagte Barrett mit einem charmanten Lächeln, »dazu gehört, ein Auge auf die Konkurrenz zu haben. Ich bin sozusagen ein Spion, aber Sie müssen keine Angst vor mir haben.«
    Er trug einen gut sitzenden grauen Anzug, und mit dem markanten Gesicht, dem reinen, etwas blassen Teint und dem schwarzen welligen Haar stellte er eine beeindruckende Erscheinung dar.
    »Ich bin erleichtert«, sagte sie. »Aber Angst vor

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