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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernward Schneider
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Gentleman teil, der sich als Arzt aus Boston zu erkennen gab, ein charmanter und höflicher Mann, den die beiden Frauen vor ein paar Stunden kennengelernt hatten. Sie begleitete die Gruppe in das Café Parisien, wo sie zusammen Kaffee tranken, und als sie anschließend allein über das Deck spazierte, kam Laura Faussett auf sie zu.
    »Geht es Ihnen wieder gut?«, wollte auch sie von Gladys wissen.
    »Oh ja, es könnte mir kaum besser gehen.«
    »Dann bin ich erleichtert. Ich hatte schon befürchtet, mein Mann hätte Ihnen mit seiner Veranstaltung die Reise verdorben.«
    »Ach, dazu gehört etwas mehr als so ein Hokuspokus.«
    Laura Faussett blickte sich um, als wollte sie sich vergewissern, dass niemand Bekanntes sie mit Gladys zusammen sah, dann trat sie etwas näher, fasste Gladys am Arm und sagte:
    »Sie haben recht, es ist nur Hokuspokus, aber ich muss Sie dennoch vor ihm warnen.«
    »Ich habe keine Angst vor Ihrem Mann.«
    »Sie unterschätzen ihn«, sagte Laura, und ihre Augen umschatteten sich. »Sie wissen ja gar nicht, wer er in Wahrheit ist.«
    »Wer ist er denn? Sie können offen zu mir sprechen. Ich werde es nicht weitersagen.«
    »Oh, wenn Sie es wüssten, würden Sie es vielleicht doch weitersagen, aber das ist noch gar nicht einmal das Schlimmste.«
    »Sondern?«
    »Sie würden es mir nicht glauben.«
    »Nun, das kommt auf einen Versuch an.«
    »Ich werde es Ihnen so oder so sagen müssen, damit Sie meine Warnung verstehen können. Hoffentlich erklären Sie mich anschließend nicht für verrückt.«
    »Aber nein, meine Liebe; ich bin einiges gewohnt. Seien Sie unbesorgt.«
    Laura nickte. »Ja, das habe ich schon gehört.«
    »Was haben sie gehört?«
    »Dass Sie einiges gewohnt sind – und schon viel erlebt haben.«
    Gladys lag auf der Zunge, Laura Faussett nach den Details zu fragen, ließ es dann aber bleiben, da sie spürte, dass ihr Gespräch sonst eine Wendung in die falsche Richtung nehmen und sie Laura von dem ablenken könnte, was diese im Begriff stand, ihr zu erklären.
    »Wissen Sie, wer mein Mann in Wahrheit ist?«, wiederholte Laura Faussett.
    Gladys schüttelte den Kopf.
    »Nein, aber ich verspreche Ihnen noch einmal, Sie nicht für verrückt zu halten, wenn Sie es mir erzählen.«
    »Er ist Jack the Ripper.«
    Sie starrte die Frau an.
    »Wie bitte?«
    »Jack the Ripper, der Prostituiertenmörder aus dem Londoner East End.«
    Täuschte sie sich, oder war da ein irres Flackern in den Augen der hübschen Frau, das sie bisher übersehen hatte?
    »Nun, das ist alles ziemlich lange her, nicht wahr?«, sagte Gladys vorsichtig.
    »Ja, aber sie haben ihn nie geschnappt.«
    »Passierten diese Morde nicht Ende der Achtzigerjahre?«
    »Faussett ist jetzt 56«, sagte Laura. »Damals war er ein junger Mann Anfang 30.«
    »Waren Sie damals schon mit ihm verheiratet?«
    »Nein! Er ist 15 Jahre älter als ich. 1888 war ich 17 und kannte ihn noch gar nicht. Ach, hätte ich ihn doch nie kennengelernt.«
    »Woher wissen Sie denn, dass er Jack the Ripper ist? Hat er es Ihnen erzählt?«
    »Ich habe es selbst herausgefunden. Zu Anfang war es nur ein vager Verdacht. Er hatte so merkwürdige Vorlieben, wissen Sie! Aber dann, eines Tages, fand ich ein altes Tagebuch. Darin beschrieb er ausführlich, wie er den armen Frauen die Kehlen durchschnitt und sich an ihnen verging.«
    Eine Weile war Gladys unschlüssig, was sie sagen sollte.
    »Nun ja, wahrscheinlich verfügt Ihr Mann über eine ausgefallene Fantasie«, erklärte sie schließlich. »Es gibt Schriftsteller, die denken sich solche Sachen aus und schreiben sie nieder. Bei Ihrem Mann ist es sicher ähnlich. Als Okkultist muss er sich mit ungewöhnlichen Dingen beschäftigen. Es ist bestimmt alles nicht so ernst gemeint.«
    »Er verfügt über hellseherische Fähigkeiten, ja, das ist wahr. Deshalb haben sie ihn auch nie geschnappt«, beharrte Laura auf ihrer Meinung. »Es hatte ja auch sein Gutes, denn als er sich ernsthafter mit dem Okkultismus zu beschäftigen begann, hörte er mit dem Morden auf.«
    Gladys erinnerte sich, dass sie Laura versprochen hatte, sie nicht für verrückt zu halten. Auch wenn ihr dies schwerfiel, wollte sie das Versprechen nicht brechen.
    »Wer ist eigentlich diese Frau, Victoria Hoyt, die sich in seiner Begleitung befindet? In welcher Verbindung steht sie zu Ihnen oder zu Ihrem Mann. Kennt sie das Geheimnis Ihres Mannes?«
    »Sie kennt sein Geheimnis – ich habe sie sogar im Verdacht, dass sie ihn bei den Morden unterstützte.

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