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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernward Schneider
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gegangen?«
    »Genau so war es!«
    »Dann sind Sie also auf der Flucht?«
    Sie nickte und wandte den Blick von ihm ab.
    »Woher weiß jemand, dass Sie auf der Titanic sind?«
    »Ich dachte, es wüsste niemand. Phil Ryland – mein Freund – hatte die Reise für uns beide gebucht. Er wollte nicht, dass es jemand erfährt, doch es muss bekannt geworden sein. Ich weiß nicht, wie.«
    Er betrachtete sie aufmerksam.
    »Vor wem fliehen Sie? Hat Ihr Verfolger einen Namen?«
    Sie zögerte.
    »Er heißt Frank Jago. Er wollte mich zu seiner Geliebten machen. Doch weil ich den Kerl nicht mochte, fasste ich spontan den Entschluss, England zu verlassen.«
    »Sie fliehen also vor ihrem früheren Leben?«
    Sie nickte. »Ich muss wieder ganz von vorn anfangen.«
    »Und da haben Sie gedacht, Sie probieren es am besten in Amerika.«
    »Es wäre eine Möglichkeit«, gab sie ausweichend zurück.
    Über seine Augen hatte sich ein nachdenkliches Schimmern gelegt.
    »Frank Jago«, sagte er. »Der Mörder Ihres Freundes ist also an Bord des Schiffes?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein! Natürlich nicht!«
    »Nicht? Warum nicht? Wer sonst ist hinter Ihnen her?«
    Gladys wurde unsicher. Sie wollte ihm nicht erzählen, was mit Jago geschehen war. Falls ihr Retter in Wahrheit auf der Seite ihrer Gegner stand, würde er es ohnehin besser wissen als sie, und dann würde sie es irgendwann von ihm erfahren.
    »Wäre Jago hier, hätte ich ihn doch gesehen«, gab sie zurück. »Aber ich habe ihn nicht gesehen. Er kann ja nicht ständig mit einer Maske herumlaufen. Er oder jemand anderer aus seiner Umgebung muss mir diesen Menschen auf den Hals gehetzt haben, dessen Gesicht ich nicht kenne – einen Meuchelmörder.«
    Carran wirkte nicht überzeugt. »Vielleicht wollte Ihnen nur jemand einen Schreck einjagen«, sagte er.
    »Einen Schreck? Dieser Meuchelmörder hat mir eine Art Schlinge um den Hals geworfen und zugezogen. Ich bekam keine Luft mehr, bevor ich mich befreien konnte.«
    Sein Blick wurde unergründlich und tief. »Er könnte gewusst haben, wie weit er gehen durfte.«
    »Und welchen Sinn sollte das Ganze haben, wenn er mich nicht erwürgen wollte?«
    »Ihnen zu zeigen, dass man weiß, wer Sie sind, und um Sie zu warnen, damit Sie Ihr Wissen über das, was in London geschehen ist, für sich behalten.«
    Sollte er wirklich zu ihren Verfolgern gehören, mochte seine Bemerkung ein verborgener Hinweis auf seine eigene Rolle in dem Spiel sein, das ihre Feinde mit ihr trieben. In diesem Fall konnte alles, was ihr geschah, Teil eines fest gefügten Planes sein, in den auch er eingeweiht war.
    »Hm, eine etwas merkwürdig Art, jemanden zu warnen, finden Sie nicht auch?«, sagte sie.
    Er rieb sich das Kinn. »Wenn es denn überhaupt mit der Sache in London zu tun hat. Auf jedem großen Passagierschiff tummelt sich eine Anzahl Verrückter. Sie sind eine schöne Frau und geraten leicht ins Blickfeld solcher Leute.«
    »Meinen Sie, es wollte sich jemand an mir vergehen – oder etwas in dieser Art – hier auf dem Schiff?«
    Carran zuckte die Achseln. »Nichts ist unmöglich.«
    »Und weshalb trug der Angreifer eine Maske?«
    »Eben darum, weil wir auf einem Schiff sind«, entgegnete Roger Carran. »Ein Schiff ist eine kleine Welt. Man kann leicht von Unbeteiligten gesehen werden, und man kann auch nirgendwohin fliehen. Es ist wichtiger als an Land, unerkannt zu bleiben.«
    Seine Augen ruhten auf ihr, und sie spürte plötzlich, dass sie keine Angst vor ihren unbekannten Feinden hatte, solange dieser Mann, dessen Name Roger Carran war, in ihrer Nähe weilte. Nein, dachte sie, dieser Mann war nicht ihr Feind, was auch immer die Gründe waren, die sie beide in dieser Nacht zueinander geführt hatten.
    »Auf diesem Schiff scheine ich von Täuschung und Betrug umgeben zu sein«, sagte sie leise. »Inzwischen fühle ich mich in der ersten Klasse wie auf einem Maskenball.«
    »Es gibt eine ganz Reihe zwielichtiger Figuren an Bord dieses Schiffes«, stimmte Carran ihr zu. »Spione, Scharlatane und Verbrecher, die ihre wahren Absichten hinter einem freundlichen Gesicht verbergen.«
    Sie selbst war nicht besser, dachte sie bei sich. Auch sie selbst spielte eine Rolle und täuschte ihre Umgebung über ihre wahre Person.
    »Da Sie nicht zu Ihrem Vergnügen reisen, verstehe ich, dass Sie ohne Begleitung an Bord sind«, sagte sie, weil es sie drängte, mehr von ihm zu erfahren. »Wo lebt Ihre Familie?«
    Sein Blick verschattete sich.
    »Mein Frau ist gestorben«,

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