Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesengel (Gesamtausgabe)

Todesengel (Gesamtausgabe)

Titel: Todesengel (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.L. WEEN
Vom Netzwerk:
vorbeikam und ihn maliziös anlächelte.
    „Haben Sie meine Worte sprachlos gemacht?“, fragte ihn die Psychologin mit spöttischem Unterton, sorgte dann aber schnell dafür, dass seine Verlegenheit sich wieder legte: „Die Wunderdinge bezogen sich natürlich auf Ihre Kenntnisse des Berliner Nachtlebens! Und weil ich mich gern rechtzeitig auf Neues einstimme, wollte ich mir beim Mittagessen schon ein wenig Appetit holen…“

28.
    Am Nachmittag verließ Becker das Dienstgebäude früher als geplant, weil er seinen Gast erst am nächsten Tag erwartet und deshalb für den heutigen Abend noch nichts arrangiert hatte. Die Vorfreude auf Gundas Freundin war längst verflogen und die Angst, sich zu blamieren, wuchs mit jedem Restaurant, das er vergeblich zu erreichen versuchte. Offenbar hatten die meisten Lokale, die er kannte, ihren Ruhetag auf den Montag gelegt und wenn ihm nicht bald etwas einfiel, musste er die verwöhnte Wiesbadenerin noch zu einer Currywurst einladen und hinterher bei der Staatsanwältin um gutes Wetter bitten.
    Berndt verließ das Büro zwei Stunden nach ihrem Vorgesetzten, setzte sich in ihren Wagen und fuhr zu den Eltern, die sie zuletzt vor zwei Monaten gesehen hatte. Ihre Mutter hatte am Wochenende mit ihr telefoniert und sie gebeten, wieder einmal vorbeizukommen und weil sie wegen einer Entzündung am Handballen ohnehin nicht trainieren konnte, hatte sie kurzerhand für heute zugesagt und sich auf Nachfrage zum Essen ihr Lieblingsgericht, geschmorten Kasselerbraten mit Klößen und Sauerkraut, gewünscht.
    Die Eltern wohnten immer noch in dem Landhaus, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatte und ihr fiel auf halbem Wege dorthin ein, dass der das zweistöckige Gebäude umgebende Garten im Albtraum mit Sauerbrei eine dominierende Rolle gespielt hatte. Bei diesem Gedanken wollte sie am liebsten wieder umkehren, aber natürlich konnte der Garten nichts für die Missetat des Oberstaatsanwalts und ihre Mutter wahrscheinlich auch nichts und so setzte sie ihre Fahrt fort, ließ sich bei ihrer Ankunft vom altersschwachen Dobermann Willi ablecken und dann stundenlang verwöhnen, bis es auf zehn Uhr zuging und sie zum Aufbruch drängte.
    „Wie verträgst dich eigentlich mit Gunnar?“, wollte ihr Vater beim Abschied wissen und versetzte sie mit seiner Frage ungewollt in Rage. Am liebsten hätte sie ihren Erzeuger angeschrien, ihm wegen seiner Freundschaft zum Kinderverderber Vorwürfe gemacht, doch beließ sie es letztlich bei einem vagen Hinweis auf fachliche Meinungsverschiedenheiten, ehe sie den Eltern eine gute Nacht wünschte und schleunigst das Weite suchte. Dafür schrie sie sich, als sie wieder im Wagen saß, zur Musik der Rolling Stones die Seele aus dem Leib, trommelte mit ihren Fäusten auf dem Lenkrad herum und erweckte bei anderen Autofahrern den Eindruck einer Geisteskranken.
    Zuhause leerte sie in kurzer Zeit eine Flasche Roséwein, schluckte vor dem Schlafengehen zwei Tabletten, die nach Meinung ihrer Mannschaftskameradinnen angeblich rasch für die nötige Bettschwere sorgten und glitt tatsächlich bald darauf ins Reich der Träume hinüber. Sie erlebte noch einmal die Lagebesprechung vom Vormittag, sah die Psychologin leichtfüßig im Sitzungszimmer herumtänzeln und kochte vor Wut über ihre Kollegen, die sich mit Ergebenheitsadressen, eine peinlicher als die andere, bei der zugegebenermaßen schönen Frau einzuschleimen versuchten. Für die Dame würde es unter diesen Umständen ein leichtes sein, das Team von dem Täterprofil zu überzeugen, das sie bestimmt schon im Kopf hatte und dann gingen die Ermittlungen der Sonderkommission endgültig in die heiße Phase über und die Gefahr für die Mörderinnen, gefasst zu werden, wuchs von Tag zu Tag. Doch plötzlich wandte sich Katharina ihr zu und sie wusste, dass alles gut werden würde. Die Wiesbadenerin sah jetzt aus wie ein Engel, mit dem Unterschied, dass die Flügel nicht weiß, sondern pechschwarz waren und sie sprach mit ihr, ohne dass sie den Mund bewegte und ein Ton über ihre Lippen kam. Sie sei gekommen, um der kleinen Mirjam zu helfen und werde für sie da sein, egal wo sie sich aufhalte und was sie von ihr wolle. Töte ihn, fuhr es der Oberkommissarin durch den Kopf und Katharina schien zu verstehen, nickte fast unmerklich und verwandelte sich wieder in die kühle Psychologin, die allen Männern den Kopf verdrehte. Dann verschwanden die Bilder und Mirjam erwachte am Morgen mit der Erkenntnis, dass ihr neuerdings die

Weitere Kostenlose Bücher