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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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unheimlich still war. Nur die dumpfen Laute, als hacke jemand Holz, und das Ächzen und Wimmern. Aber niemand sonst, der jetzt gerade mit seinem Auto wegfahren wollte.
    Weil alles so geschah, wie es geschehen sollte.
    Drittes Parkdeck. Er hielt sich im Schatten der Ausfahrt, spähte um die Ecke. Da, zwei Jugendliche, die vor einem teuer aussehenden, dunklen Auto auf einen Mann einprügelten. Der hielt sich nur noch mit Mühe aufrecht, hatte die Arme schützend über dem Kopf, wimmerte: »Aber was …? Hören Sie … wir können über alles reden … was wollen Sie denn? Sagen Sie doch …«
    Die beiden antworteten nicht, machten einfach weiter, mit langsamen, fast gelangweilt wirkenden Schlägen.
    Er glitt näher, lautlos, raschen Schrittes, bis er sie atmen hörte. Sie klangen, als verrichteten sie Schwerarbeit, und sie wirkten dabei so unbeteiligt, als gelte ihre Anstrengung gar nicht wirklich diesem Mann. Da war keine Wut, kein Hass, überhaupt kein Gefühl.
    Nun denn. Die Welt würde ihr Fehlen nicht bedauern.
    Er betätigte den Schalter, aktivierte den Stromkreis, der den Mantel hell aufleuchten ließ und die Perücke dazu veranlasste, in gleißendem Weiß zu erstrahlen. Dann zog er die Pistolen.
    »Da ist er!« Ein Schrei, der über das gesamte Parkdeck gellte.
    Er fuhr herum. Auf einmal war da eine Horde, von überall her kamen sie, hinter Säulen hervor, unter Autos, aus dunklen Winkeln. Sie schrien, und sie schossen!
    Beton splitterte, Querschläger jaulten durch die Gegend. Das Klirren einer zerbrechenden Fensterscheibe an einem Auto irgendwo brach den Bann, beendete die Schrecksekunde. Er flüchtete, ohne zu denken, rannte in wildem Zickzack davon.
    Ein jäher, sonnenheller Schmerz durchstach ihn, ein Schlag gegen den linken Arm wie mit einem Hammer, ein Schlag, der ihn zur Seite schleuderte, ihn taumeln ließ. Er stolperte. Die hinter ihm grölten.
    Dann war da die Rampe abwärts und die kreisrunde Wand, die ihn für den Moment abschirmte.
    Ein Treffer. Er hatte eine Kugel abbekommen. Wie konnte das sein? Wie, wenn er doch eins war mit allem, auf dem Pfad des Kriegers, in der Gnade, unbesiegbar …?
    Von unten hörte er jemanden hochkommen, vernahm leises Klappern von Holz gegen Beton. Baseballschläger. Sie wollten ihn nicht einfach kriegen, sie wollten ihn fertigmachen.
    Von oben kamen sie jetzt auch. Viele. Hastiges Laufen, quietschende Sohlen, Keuchen und Ächzen und der Geruch von Kordit.
    Er verließ die Spiralrampe im zweiten Geschoss, spurtete zwischen den Autos hindurch. Sie merkten es, folgten ihm, feuerten ein, zwei Schüsse ab, von denen einer ein Auto traf, bei dem die Alarmanlage losging, wuiii-wuiii-wuiii ! Verwirrung, Rufe, Aufregung. Er rannte weiter.
    »Da! Am Rand!«
    Doch da hatte er die Brüstung schon erreicht, erklommen, sprang hinaus in die Nacht und schaltete im selben Moment das Leuchten ab: Für seine Verfolger musste es aussehen, als verschwände er einfach in der Dunkelheit.
    In Wirklichkeit fiel er, und er hatte Glück, denn er hatte sich tatsächlich richtig daran erinnert, dass auf dieser Seite des Parkhauses groß gewachsene, stabile, winterharte Büsche wuchsen. Er sprang auch nicht zu weit, verfehlte sie nicht, sondern landete vergleichsweise heil darin, krachend und kratzend und unsanft, aber er brach sich nichts.
    Dann rollte er sich so klein wie möglich zusammen und unter das Gestrüpp. Er wartete, lauschte den aufgeregten Stimmen in der Höhe: seine Verfolger, die sich über die Brüstung beugten und sich fragten, wo er abgeblieben sein mochte. Als das Geschnatter davonzog, befreite er sich aus der Vegetation, steckte die Pistolen zurück in die Taschen und schüttelte die letzten Blätter und Äste von seinem nun wieder schwarzen Mantel ab. Dann ging er rasch die paar Schritte bis zu der Imbissbude und stellte sich zwischen die Männer, die immer noch dem Boxkampf zuschauten.
    Hier war es vergleichsweise warm und außerdem so laut, dass niemand etwas von der Schießerei im Parkhaus mitgekriegt hatte. Bierflaschen wurden angesetzt, Kiefer kauten Currywurst, Finger rissen Brötchen in Stücke, während die Augen unverwandt auf den Fernsehschirm gerichtet waren.
    Hinter sich hörte er Getrappel, aufgeregte Stimmen, Gezischel, Weiß ich doch nicht und Er muss irgendwo liegen und dergleichen. Er wandte nicht den Kopf, blieb regungslos stehen, wartete einfach ab, bis seine Verfolger in eine andere Richtung entschwanden.
    »Sie«, sagte ein nicht mehr ganz nüchtern

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