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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Ambick. »Ich laufe, du stoppst.«
    Enno nickte, steckte den Computer weg und holte eine Stoppuhr heraus. Er nahm an der dritten Markierung so Aufstellung, dass er die anderen Markierungen im Blick hatte. Ambick ging zurück zu der Treppe, die der Unbekannte herabgekommen war. Er stieg ganz hinauf, um von oben zu beginnen, damit er schon ein gleichmäßiges Tempo hatte, wenn er auf die erste Markierung trat.
    »Achtung!«, rief er und marschierte los. Die Treppe hinab, gleichmäßig, zielstrebig … die unterste Stufe erreicht, im gleichen Tempo weiter … die zweite Markierung, weiter …
    Da sah er Enno schon winken. Er blieb stehen. »Was?«
    »Zu langsam.«
    Okay. Noch mal von vorn. Neuer Anlauf, diesmal richtig zackig …
    Enno winkte wieder ab. »Zu schnell.«
    Aller guten Dinge waren drei, oder? Ambick wollte umdrehen, als er hörte, wie unten ein Zug einfuhr. Türen öffneten sich zischend, Gemurmel breitete sich aus, gleich darauf kamen etwa zwanzig Leute die Treppe herauf. Sie verteilten sich in die Gänge, die meisten waren in Gedanken oder mit ihren Handys beschäftigt und nahmen ihn und Enno nicht zur Kenntnis. Nach ein paar Minuten war wieder alles ruhig.
    »Okay«, rief Ambick. »Neues Spiel.«
    Wieder zurück an den Startpunkt. Diesmal entfernte er sich noch ein paar Meter von der Treppe. Zwei Frauen an einem Wahlwerbestand, unter einem Sonnenschirm in Parteifarben, beobachteten ihn argwöhnisch. Er tat, als bemerke er sie nicht.
    Und los. Hinab. Erste Markierung. Zweite Markierung. Enno hob den Daumen: endlich das richtige Tempo. Ambick behielt es bei, marschierte auf die dritte Markierung zu …
    Und erreichte sie viel zu früh.
    »Zweiundsechzig Sekunden zu schnell«, sagte Enno.
    Ambick betrachtete den zurückgelegten Weg. »Das war es, was mich gestört hat«, meinte er. »Für diese Strecke braucht man keine anderthalb Minuten.«
    »Er wird zwischendurch stehen geblieben sein«, schlussfolgerte sein Assistent.
    »Dann hätte er die Schlägerei unten hören müssen.« Ambick sah sich um, suchte nach etwas, das einen veranlassen konnte, stehen zu bleiben. »Hier hängt nicht mal ein Fahrplan.«
    Tatsächlich hing an den Wänden gegenüber dem Treppenaufgang überhaupt nichts. Eine Plakatwand, leergekratzt. Sonst nichts.
    »Vielleicht hat er die Schlägerei gehört, ist stehen geblieben, hat dann Muffe gekriegt und ist weitergegangen«, schlug Enno vor.
    »Lass das Video noch mal sehen«, bat Ambick.
    Sie schauten es sich im Lichte der neuen Überlegungen noch einmal an. Man sah keinen Unterschied. Der Unbekannte wirkte in den Aufzeichnungen beider Kameras einfach wie jemand, der zügig eine Unterführung durchquerte.
    »Ich probier mal was«, meinte Ambick. »Du stoppst wieder.«
    Er kehrte an denselben Startpunkt zurück wie vorhin, bekam auch das Tempo wieder hin, Enno zeigte den Daumen als Zeichen dafür. Doch diesmal ging er nicht geradeaus weiter, sondern marschierte die Treppe zu den Bahnsteigen hinab, tat die paar Schritte bis zum Tatort, hob die Hände, sagte leise »Peng, Peng«, ignorierte die verwunderten Blicke eines wartenden Fahrgastes, drehte sofort um, stieg im genau gleichen Tempo die Treppen wieder hinauf und setzte dann erst seinen Weg durch die Unterführung fort.
    »Unglaublich«, stieß Enno hervor, als Ambick die dritte Markierung erreichte.
    »Und?«, fragte er, etwas außer Atem. »Welche Zeit?«
    »Fast auf die Sekunde pünktlich.«
    Ambick nickte grimmig. »Er könnte es also gewesen sein. Er könnte die Schlägerei gehört und eingegriffen haben.«
    »Bloß dass die Beschreibung nicht passt.« Enno rieb sich gedankenverloren wieder den Unterkiefer. Er holte den Computer hervor, und sie schauten sich das Video noch einmal an. Es war nicht daran zu deuteln: Der Unbekannte trug einen Mantel, doch der war tiefschwarz, nicht strahlend weiß. Und seine Haare waren nicht hell und lang, sondern dunkel und kurz. »Absolut nicht.«
    »Okay.« Ambick konnte sich leiser Enttäuschung nicht erwehren. »Lassen wir das beiseite. Die Zeit passt auf jeden Fall.«
    Enno ließ das Tablet sinken, musterte ihn zweifelnd. »Ja, aber wer macht so etwas? Hat zwei Pistolen bei sich, geht mal eben schnell ’ne Treppe runter, knallt zwei Typen ab und geht weiter, als sei nichts gewesen?«
    »Weiß ich auch nicht.« Ambick kaute ratlos auf seiner Unterlippe. »Ich hab bloß das Gefühl, dass wir an irgendetwas dran sind.«
    Gülay begann zu rennen, als sie Timos Schritte hinter sich hörte, doch

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