Todesengel
selbst als Verdächtiger in Frage kommen«, bemerkte Sherwood und lachte.
»Das gleiche gilt ja wohl auch für Sie«, wandte sich Dr. Cantor grinsend an Sherwood. »Und für Sie ebenfalls, Cantor«, gab Sherwood zurück. »Das soll hier jetzt nicht in ein Verhör ausarten«, warf Harold schnell dazwischen.
»Wenn es ein Verhör wäre, dann wären Sie allerdings einer der Hauptverdächtigen«, sagte Cantor zu Harold. »Es ist ja schließlich kein Geheimnis, was Sie seit dem Selbstmord Ihrer Schwester von Hodges gehalten haben.«
»Schluß jetzt!« fuhr Michael Caldwell dazwischen. »Der Punkt ist doch der, daß sich niemand einen Dreck darum schert, wer den alten Mistkerl aus dem Weg geschafft hat.«
»Mit dieser Annahme könnten Sie allerdings etwas danebenliegen«, erwiderte Harold. »Ich kann mir vorstellen, daß die CMV durchaus ein Interesse daran hat, die Sache aufzuklären. Immerhin wirft dieser Mord ein schlechtes Licht auf das Krankenhaus und die ganze Stadt.«
»Und aus genau diesem Grund bin ich der Meinung, daß wir einen Nachruf veröffentlichen sollten«, meldete sich Helen nun wieder zu Wort.
»Sollen wir über diesen Antrag abstimmen?« fragte Harold.
»Meine Güte, Harold!« grummelte Cantor. »Wir sind fünf Leute. Meinen Sie nicht, da könnten wir die parlamentarischen Vorschriften mal außer acht lassen? Wir haben doch alle schon gesagt, daß wir einverstanden sind.«
»In Ordnung«, sagte Harold. »Ich frage abschließend: Sind alle Anwesenden damit einverstanden, daß das Krankenhaus einen Nachruf mit dem von Helen Beaton vorgeschlagenen Inhalt veröffentlicht?« Alle nickten.
Harold sah zu Helen hinüber. »Ich glaube, dann solltest du den Nachruf verfassen«, sagte er. »Gerne«, erwiderte Helen.
Kapitel 15
Freitag, 22. Oktober
Im Hause der Wilsons war es in der Nacht ziemlich turbulent zugegangen. Kurz nach zwei hatte Nikki zu schreien angefangen, weil sie wieder einen so furchtbaren Alptraum gehabt hatte, daß David und Angela sie aufwecken mußten. Anschließend waren sie alle so aufgeregt gewesen, daß sie noch über eine Stunde aufgeblieben waren. David und Angela machten sich Vorwürfe, weil sie Nikki erlaubt hatten, den Leuten von der Spurensicherung bei der Arbeit zuzusehen. Sicherlich hatte das dazu beigetragen, daß sie so verängstigt war.
Als es schließlich zu dämmern begann, kündigte sich endlich mal wieder ein klarer und heller Tag an. Nach beinahe einer Woche Dauerregen war der Himmel an diesem Morgen hellblau und wolkenlos. Dafür war es jetzt bitterkalt geworden. Die Temperatur war auf minus fünf Grad gefallen, und am Boden hatte sich überall dicker Rauhreif gebildet. Bevor Angela und Nikki aufbrachen, fragte David seine Frau, ob sie sich zum Mittagessen treffen wollten. Angela schlug vor, sich um halb eins in der Eingangshalle des Krankenhauses zu treffen.
Auf dem Weg zur Schule versuchte Angela, Nikki dazu zu überreden, ihrem neuen Lehrer noch eine zweite Chance zu geben. »Es ist gar nicht so einfach für Mr. Hart, so schnell eine neue Klasse zu übernehmen. Erst recht nicht, wenn man bedenkt, was für eine tolle Lehrerin Marjorie gewesen ist.«
»Warum hat Daddy sie nicht retten können?« fragte Nikki.
»Er hat es ja versucht«, antwortete Angela. »Aber es gibt Situationen, da können auch Ärzte nicht mehr helfen.« Als Angela vor dem Eingang der Schule anhielt, sprang Nikki aus dem Auto und wollte schon davonstürmen, doch Angela rief sie noch einmal zurück. »Du hast den Umschlag vergessen«, sagte sie und gab Nikki einen Brief, der an Mr. Hart gerichtet war und in dem Angela dem neuen Lehrer ein paar Zeilen über Nikkis Gesundheitsprobleme und ihre besonderen Bedürfnisse mitteilte.
»Bitte erinnere Mr. Hart auch daran, daß er sich jederzeit an mich oder an Dr. Pilsner wenden kann, wenn er irgendwelche Fragen hat.«
Angela war erleichtert, als sie in ihrem Labor ankam und feststellte, daß Wadley nirgends zu sehen war. Sie hatte sich gerade in ihre Arbeit vertieft, als das Telefon klingelte und eine der Sekretärinnen ihr mitteilte, daß der Leiter der Gerichtsmedizin am Apparat sei. »Ich habe Ihnen etwas Interessantes mitzuteilen«, kündigte Walt an. »Die Partikel, die wir unter den Fingernägeln von Dr. Hodges hervorgepusselt haben, enthielten tatsächlich Hautrückstände.«
»Ich gratuliere«, erwiderte Angela. »Ich habe auch schon eine DNA-Analyse durchgeführt«, fuhr Walt fort. »Dabei ist herausgekommen, daß es
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