Todesengel
fragte Angela. »Das weiß ich selbst nicht so genau«, gab David zu. »Meine Intuition sagt mir das. Ich fand die Leute von der örtlichen Polizei nicht besonders vertrauenerweckend. Im Grunde hatte ich den Eindruck, daß sie nicht übermäßig daran interessiert sind, den Fall aufzuklären.«
»Aus genau diesem Grund will ich ja zur Polizei gehen«, gab Angela zurück. »Ich will den Leuten klarmachen, daß wir ein Interesse an der Aufklärung des Falles haben. Komm, David, laß uns gehen.«
»Wenn du unbedingt willst«, erwiderte David zögernd.
Sie kauften sich je ein Thunfisch-Sandwich und hockten sich zum Essen auf die Stufen des Aussichtstürmchens. Obwohl es am Morgen noch unter null Grad gewesen war, hatte die strahlende Sonne die Luft inzwischen auf angenehme zwanzig Grad erwärmt.
Nach Beendigung ihres kärglichen Mahls gingen sie zur Polizeidienststelle. Das schlichte, zweistöckige Backsteingebäude befand sich am Rande des Stadtparks, genau gegenüber der Bibliothek.
Der Beamte am Empfangsschalter war sehr freundlich. Nachdem er kurz telefoniert hatte, geleitete er David und Angela über einen knarrenden Holzkorridor in das Büro von Wayne Robertson. Robertson bat die beiden herein und machte schnell zwei Metallstühle frei, auf denen Zeitungen und Tüten voller Donuts herumlagen. Als David und Angela Platz genommen hatten, lehnte Robertson sich an den Schreibtisch, verschränkte seine Arme und grinste. Obwohl der Raum recht düster war, trug er seine reflektierende Sonnenbrille, die an eine Fliegerbrille erinnerte.
»Schön, daß Sie vorbeigekommen sind«, sagte er. Er sprach mit einem leichten Akzent, der ein bißchen wie ein schleppender Südstaaten-Dialekt klang. »Es tut mir wirklich leid, daß wir Sie gestern abend noch einmal stören mußten. Wir haben Ihnen bestimmt den ganzen Abend durcheinandergebracht.«
»Im Gegenteil«, erwiderte David. »Wir freuen uns, daß alles so gründlich untersucht wird.«
»Und was kann ich jetzt für Sie tun?« fragte Robertson. »Wir sind gekommen, weil wir Ihnen unsere Bereitschaft zur Zusammenarbeit anbieten wollten«, sagte Angela. »Das ist ja wunderbar. So etwas hört man immer gerne«, erwiderte Robertson und grinste dabei so breit, daß man seine großen, rechteckigen Zähne sehen konnte. »Schließlich sind wir auf die Bürger angewiesen. Ohne deren Unterstützung könnten wir unseren Job ja gar nicht erledigen.«
»Wir wollen, daß die Ermittlungen im Fall Hodges zu einem befriedigenden Abschluß geführt werden«, fuhr Angela fort. »Und wir wollen den Mörder hinter Gittern sehen.«
»Das wollen mit Sicherheit nicht nur Sie«, erwiderte Robertson und grinste dabei immer noch über das ganze Gesicht. »Wir wollen den Fall natürlich ebenfalls aufklären.«
»Es ist ziemlich furchtbar, in einem Haus leben zu müssen, in dem ein Mord geschehen ist«, fuhr Angela fort. »Und noch schlimmer ist es, wenn der Mörder noch frei herumläuft. Ich bin sicher, daß Sie das verstehen.«
»Ja, voll und ganz«, erwiderte Robertson. »Wir wüßten deshalb gerne, wie wir Ihnen helfen können«, sagte Angela.
»Ja, lassen Sie uns mal überlegen«, murmelte Robertson. Er fühlte sich jetzt offensichtlich nicht mehr ganz so wohl in seiner Haut. »Wenn ich es recht bedenke, kann man im Moment eigentlich gar nicht viel tun«, stammelte er. »Was unternimmt die Polizei denn zur Zeit, um in dem Fall voranzukommen?« wollte Angela wissen. Das Lächeln verschwand aus Robertsons Gesicht. »Wir arbeiten an dem Fall«, erwiderte er vage. »Und was genau heißt das?« insistierte Angela. David erhob sich, denn die Richtung und auch der Ton der Unterhaltung wurden ihm langsam unangenehm. Doch Angela gab noch lange nicht auf. »Na, eben das Übliche«, sagte Robertson. »Und was ist das Übliche?« fragte Angela. Robertson fühlte sich jetzt sichtlich unwohl. »Nun, um Ihnen die Wahrheit zu sagen - im Moment unternehmen wir nicht gerade viel. Aber damals, als Hodges verschwunden war, da haben wir Tag und Nacht gearbeitet.«
»Es wundert mich schon ein bißchen, daß Ihr Interesse nicht aufs neue entflammt ist. Immerhin ist inzwischen die Leiche von Hodges aufgetaucht!« sagte Angela gereizt. »Außerdem hat der Gerichtsmediziner ohne jeden Zweifel festgestellt, daß Hodges ermordet wurde. In dieser Stadt läuft ein Mörder frei herum, und deshalb verlange ich von Ihnen, daß Sie etwas tun!«
»Also, wir wollen Sie wirklich nicht enttäuschen«, entgegnete Robertson mit
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