Todesengel
Hodges etwas über seinen Verdacht anvertraut hat.«
»In Ordnung«, erwiderte Calhoun. »Ich gehe meiner Spur nach, und Sie verfolgen Ihre Spur. Was halten Sie davon, wenn ich nachher noch einmal vorbeikomme, damit wir unsere Ergebnisse austauschen können?«
»Ja, das ist eine gute Idee«, sagte David und schaute Angela an.
»Ich bin einverstanden. Hätten Sie Lust, mit uns zu Abend zu essen?«
»Gerne«, erwiderte Calhoun. »Eine Einladung zum Essen schlage ich niemals aus.«
»Gut«, sagte Angela. »Dann schlage ich vor, daß wir um sieben Uhr essen.«
Als Calhoun weggefahren war, holte David das Gewehr hervor und lud es mit Schrot. Er stopfte so viele Patronen wie möglich in die Ladekammer und lehnte die Waffe dann an den Pfosten des Treppengeländers. »Hast du deine Meinung über das Gewehr geändert?« fragte Angela.
»Im Moment bin ich ganz froh, daß es hier steht«, erwiderte David. »Hast du Nikki darüber aufgeklärt?«
»Ja«, sagte Angela. »Ich habe ihr alles erklärt, und sie hat sogar einen Probeschuß abgefeuert. Aber sie hat sich beim Schießen an der Schulter weh getan und will das Gewehr nicht mehr anfassen.«
»Laß niemanden ins Haus, während ich weg bin«, ermahnte David seine Frau. »Und schließ alle Türen ab.«
»Weißt du noch, daß vor kurzem noch ich diejenige war, die alle Türen abschließen wollte und daß du dich darüber lustig gemacht hast?« erinnerte ihn Angela. David nahm das Fahrrad, denn er wollte Angela auf keinen Fall ohne Auto zurücklassen. Er legte ein rasantes Tempo vor und nahm seine Umgebung kaum mehr wahr, so sehr war er von dem Gedanken gefesselt, daß womöglich irgend jemand seine Patienten getötet hatte. Die Vorstellung jagte ihm einen furchtbaren Schrecken ein und machte ihn gleichzeitig wütend. Doch Calhoun hatte recht: Bisher gab es keinerlei Beweise für seine Theorie. Als David das Krankenhaus erreichte, trat gerade die Nachtschicht ihren Dienst an und löste die Mitarbeiter der Tagesschicht ab. In dem regen Kommen und Gehen kümmerte sich niemand um David, der auf den Raum zusteuerte, in dem die medizinischen Unterlagen aufbewahrt wurden.
Er setzte sich an ein Computerterminal und holte die Papiere hervor, die neben der Leiche von Hodges gefunden worden waren. Er hatte die Unterlagen nicht mehr aus den Händen gegeben, seitdem Calhoun sie ihm in der Wohnung von Clara Hodges überlassen hatte. Der Reihe nach gab er die Namen der acht Patienten ein und studierte die jeweiligen Krankengeschichten. Die Patienten hatten tatsächlich alle unter potentiell tödlich verlaufenden Krankheiten gelitten - genauso wie Clara Hodges es gesagt hatte.
Danach nahm David jede einzelne Notiz unter die Lupe, die die Ärzte und Schwestern über die acht Patienten gemacht hatten, als diese zum letzten Mal im Krankenhaus gelegen hatten und dort gestorben waren. Bei allen acht Patienten waren die gleichen Symptome aufgetreten wie bei den Sterbefällen von David: Ihr Nervensystem hatte nicht mehr richtig funktioniert, sie hatten unter gastrointestinalen Problemen gelitten, und mit ihrem Blutbild schien einiges nicht in Ordnung gewesen zu sein.
Als nächstes schaute David nach, welche Todesursachen in den acht Fällen vermerkt worden waren. Sieben von den acht Patienten waren an einer Kombination von schwerer Lungenentzündung, Blutvergiftung und Schock gestorben. Der achte Patient war an den Folgen starker Krämpfe aus dem Leben geschieden.
David befragte den Computer, wie hoch die durchschnittliche, prozentuale Todesrate im Verhältnis zur Anzahl der Krankenhauseinweisungen war. Nach ein paar Sekunden erschienen auf dem Bildschirm verschiedene Zahlen. David sah auf den ersten Blick, daß die durchschnittliche Todesrate jahrelang relativ konstant bei 2,8 Prozent gelegen hatte. Vor zwei Jahren war sie dann plötzlich auf 6,7 Prozent gestiegen. Die aktuellsten verfügbaren Daten betrafen das vergangene Jahr: 8,1 Prozent! Als nächstes gab David dem Computer den Befehl, ihm die Todesraten aller Krebspatienten zu nennen; dabei sollte nicht berücksichtigt werden, ob diese Patienten an Krebs oder an einer anderen Ursache gestorben waren. Obwohl die Todesrate unter diesen Patienten natürlich deutlich höher war als die allgemeine Todesrate, fiel David sofort auf, daß auch dieser Wert im Vergleich zu den Vorjahren sprunghaft angestiegen war.
Anschließend befragte David den Computer, wie hoch der Anteil der Krebspatienten im Verhältnis zur Gesamtzahl der
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