Todesengel
von bestimmten Personen angelegt; wenn von diesen Leuten einer als Patient eingeliefert wird, werde ich sofort informiert. Ich habe auch bereits mit Caldwell gesprochen, und er wird sich darum kümmern, daß Mr. Baringer in den Genuß unserer VIP-Behandlung kommt. Wieviel Geld haben wir eigentlich in dem Fonds, der für solche Behandlungen vorgesehen ist?«
»Eine Million«, antwortete Traynor. »Keine riesige Summe, aber auch nicht zu verachten.« Nachdem sie ihr Essen beendet hatten, entschieden sie sich für einen gemeinsamen Spaziergang, um noch ein bißchen von der warmen Spätfrühlingssonne zu genießen.
»Sind auf den Parkplätzen inzwischen Lampen aufgestellt worden?« fragte Traynor.
»Ja, das ist erledigt«, antwortete Beaton. »Schon vor über einer Woche. Aber wir haben beschlossen, die Lampen nur auf dem unteren Parkplatz aufzustellen. Der obere wird sowieso nur tagsüber benutzt. Dadurch, daß wir nur das untere Parkdeck beleuchten, sparen wir auch wieder ein hübsches Sümmchen.«
»Hört sich sinnvoll an«, erwiderte Traynor.
In der Nähe der Green Mountain National Bank begegneten sie Wayne Robertson. Er hatte seinen breitkrempigen Polizistenhut tief in die Stirn gezogen, um seine Augen vor der Sonne zu schützen. Zusätzlich trug er eine stark reflektierende Sonnenbrille. »Guten Tag«, sagte Traynor freundlich. Robertson erhob zum Gruß die Hand und berührte die Krempe seines Hutes.
»Gibt es Neuigkeiten im Fall Hodges?« fragte Traynor. »Nein«, erwiderte Robertson. »Wir überlegen sogar, ob wir die Ermittlungen einstellen sollen.«
»Da wäre ich aber nicht so voreilig«, warnte Traynor den Polizisten. »Denken Sie daran, daß der alte Kerl schon immer eine Vorliebe dafür hatte, gerade in dem Augenblick aufzutauchen, wenn keiner mit ihm rechnete.«
»Und immer im ungünstigsten Moment«, fügte Beaton hinzu.
»Dr. Cantor meint, daß er in Florida ist«, sagte Robertson. »Und ich glaube fast, da könnte was dran sein. Vielleicht war es ihm einfach zu peinlich, daß nun jeder weiß, auf wessen Kosten er seinen Garten in Schuß gehalten hat. Vielleicht ist das ja wirklich der Grund, weshalb er abgehauen ist.«
»Ich hätte Dr. Hodges eigentlich ein dickeres Fell zugetraut«, erwiderte Traynor. »Aber es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen.«
Als Helen Beaton den Hügel zum Krankenhaus hinauffuhr, dachte sie darüber nach, was sie für eine Beziehung zu Harold Traynor hatte. Sie war weiß Gott nicht glücklich, denn eigentlich wollte sie mehr von ihm. Es entsprach ganz und gar nicht ihren Erwartungen, lediglich ein oder zweimal im Monat ein kleines Rendezvous mit Harold zu haben. Helen hatte ihn vor ein paar Jahren kennengelernt, als Harold in Boston an einem Auffrischungskurs über Steuerrecht teilnahm. Sie hatte damals in einem der Harvard-Krankenhäuser eine Stelle als stellvertretende Geschäftsführerin und arbeitete mitten in der City. Sie hatten sich beide auf den ersten Blick zueinander hingezogen gefühlt. Nach einer heißen gemeinsamen Woche hatten sie sich gelegentlich getroffen, und dann hatte Harold ihr die Stelle als Krankenhausleiterin in Bartlet angeboten. Er hatte ihr den Eindruck vermittelt, daß sie irgendwann einmal zusammenleben würden, doch bis jetzt war in dieser Richtung nichts passiert. Harold hatte ihr auch versprochen, daß er sich bald scheiden lassen würde, doch davon war zwischenzeitlich keine Rede mehr. Helen war davon überzeugt, daß sie ihre Situation dringend ändern mußte, doch sie hatte keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Als sie im Krankenhaus ankam, dachte sie sofort an Tom Baringer und steuerte auf das Zimmer 204 zu, in dem der neue Patient liegen sollte. Sie wollte sich persönlich davon überzeugen, daß er sich wohl fühlte. Doch Baringer war nicht da. Statt dessen mußte sie überrascht feststellen, daß in dem Zimmer eine andere Patientin lag, eine Frau mit Namen Alice Nottingham. Helen machte ein grimmiges Gesicht, eilte in den ersten Stock hinunter und marschierte schnurstracks in das Büro von Caldwell. »Wo liegt Baringer?« fragte sie knapp. »In Zimmer 204.«
»Wenn sich Mr. Baringer nicht einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hat und jetzt Alice heißt, dann ist er wohl kaum in Zimmer 204.«
Caldwell sprang auf. »Dann muß irgend etwas schiefgelaufen sein.« Er schob sich an Helen Beaton vorbei und raste über den Flur zur Anmeldung. Dort machte er Janice Sperling ausfindig und fragte, was mit Tom Baringer
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