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Todesengel

Todesengel

Titel: Todesengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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beruflich tue. »Ich bin Grundschullehrerin«, antwortete sie. »Und welche Klasse unterrichten Sie?« fragte David. Er legte das Stethoskop zur Seite und begann mit den Vorbereitungen für ein EKG.
    »Die dritte Klasse«, erwiderte Marjorie stolz. »Ich habe jahrelang in der zweiten Klasse unterrichtet, aber die dritte Klasse macht mir mehr Spaß. Die Kinder blühen in diesem Alter richtig auf.«
    »Meine Tochter wird ab Herbst in die dritte Klasse gehen«, sagte David.
    »Wie schön«, rief Marjorie begeistert. »Dann wird sie bei mir landen.«
    »Haben Sie auch eine Familie?«
    »Aber ja! Lloyd, mein Mann, arbeitet in der Software-Firma. Er ist Programmierer. Wir haben zwei Kinder; der Junge geht zur High School, und das Mädchen ist in der sechsten Klasse.« Eine halbe Stunde später war David überzeugt, daß er Marjorie beruhigen konnte. Er versicherte ihr, daß ihre Brustschmerzen nichts Ernstes bedeuteten und daß sie weder etwas mit ihrem Herzen noch mit dem Krebs zu tun hatten; damit konnte er ihre schlimmsten Befürchtungen zerstreuen. Bevor David das Zimmer verließ, dankte sie ihm nochmals überschwenglich dafür, daß er nach Bartlet gekommen war.
    David zog sich für einen Moment in sein Privatbüro zurück und fühlte sich rundum glücklich. Wenn all seine Patienten so warmherzig und dankbar wären wie Marjorie, dann gab es keinen Zweifel mehr daran, daß ihm in Bartlet tatsächlich eine vielversprechende Karriere bevorstand. Er legte Marjories Akte auf seinen Schreibtisch, um sie später noch einmal genau durchzugehen. Die Akte seines nächsten Patienten ließ ihn leise stöhnen. Die zusammengefaßte Diagnose lautete: Leukämie, die mit einer massiven Chemotherapie behandelt worden war. Auch sein zweiter Patient schien ein schwieriger Fall zu sein, der ihm eine Menge »Hausaufgaben« einbringen würde. Sein Name war John Tarlow. Er war achtundvierzig und seit dreieinhalb Jahren in Behandlung. David ging in den anderen Untersuchungsraum und begrüßte John Tarlow. John war ein adretter und freundlicher Mann, dessen Gesicht - genau wie Marjories - Intelligenz und Wärme ausstrahlte. Trotz seiner komplizierten Krankengeschichte ließen sich die Schlafstörungen, unter denen John zur Zeit litt, leichter und schneller behandeln als die Brustschmerzen von Marjorie. Nach einer kurzen Unterhaltung war David klar, daß Johns Probleme eine verständliche psychische Reaktion waren; in seiner Familie hatte es kürzlich einen Todesfall gegeben. David verschrieb ihm ein leichtes Schlafmittel, mit dessen Hilfe John wieder durchschlafen würde.
    Nachdem sein zweiter Patient gegangen war, legte David auch dessen Unterlagen auf seinen Schreibtisch, um sie später noch einmal durchzusehen. Dann suchte er Susan und fand sie in dem winzigen Labor, in dem einfache Routinetests durchgeführt wurden.
    »Kommen eigentlich viele Krebspatienten in diese Praxis?« fragte David zögernd.
    Er bewunderte seine Kollegen, die sich für das Spezialgebiet der Onkologie entschieden hatten. Von sich selbst wußte er jedoch nur zu gut, daß er für diesen Bereich nicht geeignet war. Deshalb hatte es ihm auch ein etwas beklemmendes Gefühl verursacht, daß gleich seine beiden ersten Patienten an Krebs litten.
    Susan versicherte ihm, daß er nur wenige Krebspatienten zu betreuen habe. Und als David dann die Unterlagen seines nächsten Patienten ansah, war er beruhigt. Diesmal hatte er es nicht mit Krebs zu tun, sondern mit Diabetes. Der Vormittag verging wie im Flug, und David war sehr zufrieden mit seinen Patienten. Sie waren alle nett gewesen und hatten aufmerksam zugehört, was David ihnen zu sagen hatte. Außerdem hatten sie versichert, daß sie seine Ratschläge befolgen wollten, was ihm im Vergleich zu seinen ehemaligen Patienten in Boston angenehm überraschte; die hatten seine Empfehlungen meistens einfach ignoriert. An diesem Morgen hatte David noch mehrere Male zu hören bekommen, wie sehr sich seine Patienten darüber freuten, daß er nach Bartlet gekommen war. Sie hatten sich zwar nicht ganz so euphorisch geäußert wie Marjorie, doch sie hatten ihm einen schönen Empfang bereitet.
    In der Mittagspause traf er sich mit Angela in der Cafeteria, die von freiwilligen Helfern betrieben wurde. »Dr. Wadley ist absolut klasse«, sagte Angela. »Er ist sehr hilfsbereit und legt großen Wert darauf, seine Mitarbeiter gut auszubilden. Je besser ich ihn kennenlerne, desto weniger erinnert er mich an meinen Vater. Dr. Wadley ist viel

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