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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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auseinander, Löffke warf Knobel einen verächtlichen Blick zu und schnaubte abfällig.
     
    In der Mittagspause suchte Knobel die Galerie Möller in der Kampstraße auf. Er kannte den Galeristen vom Sehen. Er hatte ihn hin und wieder in der Kanzlei getroffen, jedoch noch nie dessen Mandate betreut. Knobel stellte sich vor.
    »Als ich den Artikel las, habe ich Ihre Kanzlei angerufen. Ich bin ja zufriedener Stammkunde bei Ihnen. Aber ich konnte nicht wissen, dass Sie auch Sebastians Bruder vertreten.«
    »Ist Sebastian wirklich verschwunden?«
    »Sebastian ist in und mit seinem ganzen Leben Künstler«, meinte der Galerist und auf Knobels Stirnrunzeln:
    »Es kommt vor, dass er mehrere Wochen Bild auf Bild malt und mir für den Verkauf anbietet. Dann ist er wieder Monate abgetaucht. Einen festen Vertrag habe ich nicht mit ihm. Kommen Sie, ich zeige Ihnen einige seiner Bilder.«
    Der Galerist ging voraus, sie erreichten über eine Wendeltreppe einen hellen Ausstellungsraum im ersten Stock. Die Bilder waren auf Staffeleien präsentiert, ganz so wie in Sebastians Wohnung.
    Knobel erkannte die Motive und die bevorzugten kräftigen warmen Farben wieder. Die meisten Bilder waren großformatig, häufig mit Kantenlängen von einem Meter oder mehr.
    »Wie verkaufen sich die Bilder?«, wollte Knobel wissen.
    Der Galerist lächelte.
    »Mit Bildern ist das immer so eine Sache. Die meisten Kunden wählen nach Farben aus, nicht konkret nach Motiven. Sie kommen in mein Geschäft und sagen: In mein Wohnzimmer würde etwas Rotes oder Gelbes passen . Und dann findet eine Vorauswahl nach Farben statt. Sebastians Motive sind lebensfroh. Man schmeckt die Landschaft förmlich, die er malt. Es sind satte sprießende Felder, weite Horizonte, tiefblaue Himmel, leuchtende Sonnenblumen. Schauen Sie her!«
    Herr Möller zeigte auf ein rechts von ihm stehendes Bild. »Die Natur explodiert förmlich! Man erkennt deutlich die Konturen der Baumstämme und einzelner Blumen. Aber die Baumkronen und Blüten wirken wie kleine Feuerwerke. Die Bilder leben durch ihre sprühenden Farben und sind deshalb nie langweilig. Man sieht sich an den Bildern nicht satt. Und so sehen auch die Kunden seine Bilder. Sebastians Bilder werden durchaus immer wieder nachgefragt, aber der Verkauf ist, wie bei anderen Künstlern auch, unregelmäßig. Mal gehen in einer Woche zwei Bilder über den Tisch, mal in zwei Monaten keines. So etwas ist normal. Aber ich bin immer froh, wenn ich einige Pakullas auf Vorrat habe. Ich habe noch nie eines an ihn als unverkäuflich zurückgeben müssen. Wie gesagt: Er produziert nach Lust und Laune. Wenn ihm nicht danach ist, malt er nicht, und ich höre Monate nichts von ihm. So war es bisher immer. Deshalb wundere ich mich auch nicht, einige Zeit von ihm nichts gehört zu haben.«
    »Wie lange ist es her, dass Sie etwas von ihm hörten?«
    Der Galerist zuckte mit den Schultern.
    »Fünf Monate, vielleicht auch ein halbes Jahr oder mehr. Wie gesagt: Solche Pausen kamen immer wieder vor. Und da ich ja noch sechs Bilder von Sebastian hier stehen habe, war keine Eile geboten. Das Falscheste wäre, ihn anzurufen und Nachschub zu ordern.«
    »Wissen Sie denn, was er macht, wenn er nicht malt?«
    »Er genießt das Leben, nämlich in der Gegend, die er malt.«
    Knobel sah auf die farbgewaltigen Felder und Hügel, die verloren wirkenden Häuser mittendrin, den azurblauen Himmel darüber, dessen Farbe bis ins Purpurrote wechseln konnte.
    »Italien«, vermutete Knobel. »Oder Griechenland.«
    »Es könnte beides sein«, antwortete der Galerist. »Aber ich nehme an, dass er seine Inspirationen dort sammelt, wo er seine große Liebe getroffen hat: Mallorca.«
    »Er hat eine Liebe auf Mallorca?«
    »Ich vermute es. Sebastian redet über sein Privatleben nur wenig. So ausdrucksstark und extrovertiert er manchmal in seinen Bildern ist, so introvertiert gibt er sich im Gespräch. So wie er Auftragsarbeiten ablehnt, wehrt er auch jede Nachfrage zu seinem Privatleben ab. Ich weiß nur das, was er selbst erzählt hat. Und das ließ darauf schließen, dass er auf Mallorca eine Freundin hat. Ob es aber wirklich eine Liebe oder nur eine Bekannte ist …«, der Galerist hob fragend die Schultern, »weiß ich beim besten Willen nicht. Tatsache ist, dass er, es ist vielleicht ein Dreivierteljahr her – von seinem Schatz auf Mallorca redete. Aber Sie wissen ja selbst: Wenn man weiß, dass man nicht nachfragen soll, lässt man es auch. Sebastian Pakulla ist ein von

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