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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Zahnpasta, Zahnbürste, Seife und Rasierzeug. In der Diele auf einem Bügel der neue Anzug, darunter Tüten mit den neuen Hemden und Krawatten. Unter der Heizung, auf Zeitungspapier stehend, die neuen Schuhe, aufgespannt.
    »So ists hier also«, nickte Marie und ihm fiel ein, dass sie dieselben Worte benutzt hatte, als sie vor vielen Monaten erstmals sein Büro in der Kanzlei in der Prinz-Friedrich-Karl-Straße gemustert hatte.
    Die Freizeitkleidung bestand zunächst aus dem, was er bei seinem Einzug vorgestern getragen und jetzt wieder am Leib hatte.
    »Abwechslung täte gut«, meinte Marie.
    Dann lud er sie zum Essen ein und bot türkisch oder italienisch an. Sie entschieden sich für italienisch, und kurz darauf saßen sie, seiner Wohnung schräg gegenüber, in der Pizzeria Tre-Palme . Ein kleiner Raum, holzverkleidet, zwei kleine schlichte Tische für die Gäste. In den Raum hineingebaut, durch Theken abgeteilt und nach oben mit Holzbögen verkleidet, der kleine Arbeitsraum des Pizzabäckers, ein Arbeitstisch mit Teig und Mehl, gegenüber der Pizzaofen und übereinander gestapelte Pappschachteln für die Außerhauslieferungen. Knobel setzte sich mit Marie an einen der beiden Tische, über ihnen ein unter die ganze Decke gespanntes Fischernetz und darin eine leuchtend bunte Lichterkette und Plastikhummer, Plastikkrebse und Plastikseesterne. Oben in der Ecke über der Eingangstür, schräg gegenüber des Pizzaofens und von dort gut zu sehen, ein laufender Fernseher. Sie bestellten Pizza und Lambrusco, und der Wein schmeckte Knobel besser als jeder Grand Cru jemals geschmeckt haben konnte. Er fühlte sich von wohltuender Normalität umgeben. Knobel genoss die schlichte Schönheit des Augenblicks, mit Marie hier zu sitzen und zu essen. Sie blieb bei ihm in dieser Nacht, und als sie keine Kerzen in der Wohnung fanden, liebten sie sich im Wohnzimmer unter dem leuchtenden Wasserfall.
    Erst beim Frühstück erzählte er ihr von dem Gespräch mit dem Galeristen und schloss mit dem Gedanken, dass sie Sebastian Pakullas Freundin finden müssten.
    »In den nächsten Tagen machst du gar nichts in der Sache Sebastian Pakulla, sondern das, was eure Kanzlei im Kern zusammenhält: Zum Gelde, ach zum Gelde strebt doch alles .
    Knobel blickte sie irritiert an.
    »Du musst nicht sein wie sie, aber du kannst auch keinen Weg gegen sie gehen«, erklärte Marie.
    »Letztlich fühlst du dich wohl in der Kanzlei. Dann steh auch dazu. Du wirst keine täglichen Kämpfe gegen deinen Erzfeind Löffke führen können. Auf Dauer wirst du gegen ihn verlieren, wenn du so weiter machst. Er ist eben nicht nur eine Fleischwurst, die du verspeisen kannst. Löffke wird dir im Halse stecken bleiben. Für eine solche Form von Macht bis du zu sensibel.«
    Als Knobel an diesem Tag im Büro erschien, war er so, wie er früher immer war, tauschte Artigkeiten mit Frau Klabunde aus, pflegte mit ihr gemeinsam den Bonsaibaum in seinem Büro, nahm dankbar ihre Ratschläge für eine bessere Aktenverfristung entgegen, gab sich geschäftig und leutselig und fand anerkennendes Lob seiner Sekretärin:
    »Heute gefallen Sie mir ja richtig!«
    Er nickte, ohne ihre Einschätzung teilen zu können.
    Er merkte, dass er anders geworden war.

15
    Natürlich ließ Knobel den Fall Sebastian Pakulla nicht ein paar Tage auf sich beruhen. Allein seine Wut darüber, dass sein Mandant über die Artikel in den örtlichen Zeitungen dem Leser nahe legte, dass sich die Kanzlei nicht ausreichend um den Fall kümmere, trieb ihn dazu, Gregor Pakulla anzurufen.
    »Sie sollten das nicht persönlich nehmen!«, beschwichtigte sein Mandant. »Ich habe Ihnen gesagt, dass ich meinen Bruder unbedingt finden muss. Deshalb habe ich Ihre Kanzlei beauftragt, weil sie einen ausgezeichneten Ruf genießt. Und deshalb habe ich mich zusätzlich an die Zeitungen gewandt, weil man potenzielle Informanten erreichen kann, über deren Existenz man gar nichts weiß und die man deshalb nicht aufsucht. Ich weiß ja, dass Sie mich nicht recht leiden können, Herr Knobel, aber Ihr Vorwurf ist nun wirklich aus der Luft gegriffen! Eher könnte ich fragen, warum Sie selbst nicht auf die Idee gekommen sind, die Zeitungen einzuschalten.«
    »Weil die Zeitungen erst Sinn machen, wenn wir einen Vermissten suchen«, erwiderte Knobel. »Und bislang haben wir Lebenszeichen und Spuren Ihres Bruders gefunden, nur er selbst ist uns noch nicht begegnet.«
    »So, so«, resümierte Gregor Pakulla, und Knobel hörte einen

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