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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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die Wahrheit! – Und in Dortmund? Da saß Tante Esther im Altersheim und freute sich über den Versöhnungsprozess zwischen den beiden Neffen. Sollte ich ihr diese Todesnachricht überbringen? Was hätte sie gedacht, wenn sie vom Tod des geliebten Sebastian erfahren hätte? Umgekommen auf Mallorca, wo er sich mit dem zweitrangigen Neffen Gregor aufgehalten hat. – Stellen Sie sich vor, Esther hätte zu Lebzeiten von Bastis Verschwinden, hätte von seinem vermutlichen Tod erfahren!? Es ist doch klar, dass die Erbschaft für mich erledigt gewesen wäre. Esther hätte ohne mit den Wimpern zu zucken ein Testament errichtet, das irgendwen begünstigt hätte. Ich jedenfalls wäre leer ausgegangen.«
    »Also musste für Esther Sebastian am Leben bleiben, solange sie noch selber lebte«, folgerte Knobel.
    »Natürlich! Ich bin nach Dortmund zurückgeflogen und habe jeden Samstag seine Wohnung aufgesucht. Samstag für Samstag mit dem Auto zum Bahnhof Limburg-Süd, dann mit dem ICE nach Dortmund und am frühen Abend wieder zurück. Ich dachte, Ihnen sei aufgefallen, dass ich den Zugfahrplan fast auswendig kenne. Aber dem war wohl nicht so?«
    Knobel schüttelte den Kopf.
    »Egal. Jeden Samstag also nach Dortmund in die Adlerstraße. Immer darauf bedacht, möglichst niemanden im Haus zu treffen, was mir glücklicherweise auch stets gelungen ist. Den griechischen Nachbarn hatte ich verdonnert, die Blumen jeweils montags und freitags zu gießen und mir dabei sogar noch eine alberne Geschichte ausgedacht, warum er gerade an diesen Tagen die Blumen gießen sollte. Ich wollte ihm möglichst bei meinen Besuchen in Sebastians Wohnung nicht begegnen. Was aber letztlich auch kein Problem gewesen wäre. Ich hatte Theodoridis angerufen, mich als Sebastian ausgegeben und ihm erklärt, dass er sich um die Post nicht mehr kümmern müsse. Das werde ein Freund erledigen, den ich in der Folgezeit selbst gespielt habe. Natürlich hätte ich die Blumen auch selber gießen können. Aber mir war das lästig. Taktisch wäre es sogar klüger gewesen, die Blumen selbst zu gießen. Man stelle sich nur vor, aus irgendeinem Grunde hätte sich das Wohnstift Augustinum mit dem Nachbarn von Sebastian in Verbindung gesetzt und über diesen erfahren, dass Sebastian schon seit Monaten nicht mehr in der Adlerstraße war! Aber dieses Risiko war gering und hat sich letztlich auch nicht realisiert. Ich habe also die Post jeden Samstag selbst aus dem Kasten genommen und oben in die Wohnung gelegt. Und das Wichtigste war: Ich war stets da, wenn Esther anrief. Jeden Samstag. Sie sah mich ja nicht und Bastis und meine Stimme konnte sie offensichtlich nicht auseinander halten. Wir haben zufällig ziemlich ähnliche Stimmen. Ich musste nur peinlich darauf achten, die wenigen hessischen Einschläge zu vermeiden, die sich bei mir mittlerweile eingeschlichen haben. Sebastian hatte ein paar Schlagworte, die er auch auf Mallorca benutzte. Ich bin eben so war eine seiner üblichen Formulierungen, und diese Worte habe ich auch in den Telefonaten mit Tante Esther benutzt. Wenn Esther etwa fragte, wie lange ich – also Sebastian – denn heute geschlafen habe, habe ich geantwortet: Bis 12 Uhr . Und sie hat wie immer nachgefragt: Warum denn so lange schlafen, Basti? Und ich: Ich bin eben so . So war er tatsächlich. Ein Mensch, der eben so war. Ich habe also mit solchen Schlagworten den Basti gespielt, und es ist mir sogar leicht gefallen. Da Esther stets selbst in Bastis Wohnung anrief, schöpfte sie keinen Verdacht.«
    »Dumm war nur Esthers leichter Schlaganfall«, meinte Marie.
    »In der Tat. Ich wollte auf keinen Fall zu einer Zeit ins Augustinum , als Esther noch ansprechbar war. Also bin ich erst später hin, als ich sicher sein konnte, dass man mich nicht mehr zu Esther lassen würde. Die Zimmernachbarin hatte Sebastian noch nie gesehen. Das wusste ich aus meinen eigenen Telefonaten mit Esther. Also konnte ich ihr gegenüber auch ohne weiteres auftreten.«
    »Frau Klingbeil ist eine sehr herzliche Dame«, sagte Marie. »Sie mochte Sie nicht!«
    Gregor Pakulla lächelte.
    «Ja, wie offensichtlich niemand mich mag – außer Kirsten. – Darf ich fragen, was Sie an der Goethe-Frau so fesselt? Was macht diese Liebe aus? Die Goetheverse , in denen sie ständig redet? – Ich bitte Sie! Wo ist die Struktur?«
    Pakulla schüttelte unverständig den Kopf.
    »Sie hätten mit Sicherheit das Sa Pobla- Bild entfernt, wenn Sie es als solches erkannt hätten«, führte Knobel zum

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