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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Gesprächsthema zurück.
    »Es war Ihnen ja immer daran gelegen, die Spur von Mallorca wegzuführen. Die Bilder Sebastians stellten ja angeblich die Toskana oder sonst was im Süden dar. Bloß nicht Mallorca. – Und ich nehme an, dass das Foto von Sebastian, das Sie an die Zeitungen zur Veröffentlichung gegeben haben, von Ihnen hier auf Mallorca gemacht worden ist, als Sie sich mit Sebastian hier aufgehalten haben?«
    »Sie haben mit allem recht!«, antwortete Gregor Pakulla. »Aber Sie können mich doch verstehen! Jetzt kommen all die Fragen, denen ich entgehen wollte! Mir ist doch völlig klar, wie unglaubwürdig ich erscheinen muss! Aber Sie werden mir zugestehen, dass alles, was ich sage, sehr nachvollziehbar ist! – Meinen Sie nicht, es wäre für mich viel einfacher, wenn Sebastian Esther überlebt hätte. Meinen Sie, ich habe Lust, die langen Fristen des ›Todeserklärungsverfahrens‹ abwarten zu müssen? Das liegt doch gar nicht in meinem wirtschaftlichen Interesse! Wie oft soll ich es wiederholen? Ich will Esthers Erbe lieber heute als morgen. Aber das kann ich mir abschminken. Stattdessen Vermisstenanzeige für einen Bruder! Es schmerzt mich nicht persönlich, sondern wirtschaftlich, glauben Sie mir!«
    »Warum haben Sie mir das nicht alles am Anfang gesagt?«, fragte Knobel. »Ich unterliege der Schweigepflicht. Sie können mir als Anwalt vertrauen.«
    »Vertrauen?«
    Gregor Pakulla lachte höhnisch und bedeutete Frau Praetorius, Wein nachzuschenken. »Wie hätten Sie reagiert, wenn ich Ihnen das geschildert hätte, was ich jetzt gesagt habe? Hätten Sie mir geglaubt, Herr Knobel? Sie hätten doch gedacht, es mit einem Mörder zu tun zu haben! So wie die Dinge liegen, kann ich es Ihnen nicht verdenken. Ein raffgieriger Adoptivneffe. Da liegen doch die Dinge klar. Sie mochten mich von Anfang an nicht! Sie haben es mir mehr oder weniger deutlich gesagt und Ihr ganzes Handeln danach ausgerichtet.«
    Pakulla wandte sich Marie zu. »Und Sie, verehrte Frau Schwarz, wie haben Sie über mich gedacht?«
    »Ebenso!«, gestand sie, »aber man konnte ja nicht von Anfang an alles wissen. Jetzt klärt sich vieles auf! Und ich bin dankbar, dass alle Fragen, die sich gestellt haben, eine Antwort gefunden haben!«
    Pakulla lächelte.
    »Ich weiß, dass ich kein Sympathieträger bin. Viele mögen mich nicht. Ich bin ehrgeizig, manchmal gierig. Mich interessieren wirtschaftliche Erfolge. Ich bin sogar geil danach. Wirklich! Vielleicht bin ich primitiv. Aber jeder Mensch hat seine Geschichte. Und die meine ist nicht glanzvoll. Ich will unseren Eltern, Basti und Esther nicht alle Schuld in die Schuhe schieben. Um Gottes Willen nicht! Jeder fängt bei sich selbst an. Das gilt auch für mich. Wer weiß, aus welchem Sumpf ich komme. Ich weiß es nicht! Ich habe meine wirklichen Eltern nie kennengelernt. Ich hatte es insgesamt nicht schlecht in Dortmund. Von den Dingen abgesehen, von denen ich berichtet habe. Aber es gibt andere Schicksale. Und ich habe Kirsten. Eine wunderbare Frau. Glauben Sie mir: Ich bin oft so ungehobelt. Auch vorhin. Ich habe es Ihrem Gesicht angesehen, Herr Knobel, als ich sagte Frauen stehen nicht auf so was . Da verzog sich Ihre Miene, da brach es aus Ihnen heraus. Sie haben Basti umgebracht , haben Sie gesagt, und in Ihren Augen war Glut. Wir leben alle in einer Struktur, Herr Knobel. Auch Sie! Ihre Struktur ist anders als meine. Ich bin so direkt, so fordernd. Ich bin, wenn Sie so wollen, bestimmt kein guter Mensch. Aber ich bin klar. Das ist ein Wert an sich. Wir haben alle unsere Brüche. Und, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, erkenne ich solche Brüche auch bei Ihnen, Herr Knobel: Sie sind verheiratet und haben eine kleine Tochter. Das weiß ich aus dem Internet. Sie wissen schon: die Homepage Ihrer Kanzlei. Aber Sie sind offenbar getrennt und verreisen mit Ihrer Geliebten, wofür ich, das darf ich mit allem Entzücken sagen, volles Verständnis habe.«
    Knobel hob sein Glas, um einen Trinkspruch auszubringen.
    »Wir sollten gleich fahren, Stephan«, mahnte Marie.
    »Fahren?«
    Frau Praetorius lachte.
    »Wissen Sie, was Sie getrunken haben?«
    »Mit dem Taxi«, erwiderte Marie.
    »Es ist spät geworden, und morgen in aller Frühe geht unser Flieger«, wobei sie Stephan unter dem Tisch derart heftig an die Knöchel trat, dass er einen Aufschrei unterdrücken musste.
    »Karsamstag zurück, das ist aber ungewöhnlich«, fand Pakulla.
    »Sie können hier übernachten. Wir machen uns einen

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