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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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gehts genauso um die Umsätze wie mir«, meinte er schließlich. »Er ist scharf auf Geld. Wie ich. Da bin ich ehrlich. Er wird nicht auf sein Paradepferd verzichten. Das mit dem Brief war doof, wie gesagt. Aber dagegen stehen über 400.000 Euro Umsatz schon nach Ostern. Und ich bin kein falscher Postkönig, ich bin der echte Postkönig! Das sind die Dinge, die zählen! Die auch bei Hübenthal zählen! Und ich führe eine Ehe ohne Skandale, Herr Knobel. Ich habe keine Schlammschlacht mit meinen Schwiegereltern.«
    »Sie haben Mettwürstchen«, warf Knobel ein.
    »Ich habe Familiensinn«, zischte Löffke.
    »Und Verantwortungs-und Pflichtgefühl. Ich wahre die Form. Ich habe kein Verhältnis mit einer Studentin. Mein Gott, wovon reden wir eigentlich hier?«
    »Dreierlei«, antwortete Knobel ruhig. »Erstens: Frau Atalay wird nach Ende der Ausbildung als Rechtsanwaltsgehilfin in unsere Kanzlei übernommen. Zweitens: Sie werden in einem persönlichen Gespräch mit meinem Schwiegervater und mit meiner Frau sich für den Zusatz in dem Brief entschuldigen. Persönlich. Vor Ort in der Dahmsfeldstraße. Drittens: Sie werden Ihre Promotion zurückziehen.«
    Löffkes Augen flackerten.
    »Sie sind nicht bei Sinnen!«, rief er.
    »Sie werden nicht Dr. Postkönig und nicht Dr. Umsatzkönig!«, beharrte Knobel, »sonst gibt es in der Sozietätsbesprechung gleich nur ein Thema und zwei präsente Zeugen: Frau Klabunde und Frau Atalay.«
    Löffke schnaubte und nahm sein Tablett.
    »Gut, gut, Knobel, dieser Punkt geht an Sie! Weil ich so blöd war, mich einen Moment zu etwas habe hinreißen lassen, was ich jetzt bereue! Aber glauben Sie mir: Ich bin ein Langstreckenläufer! Sie wissen das, und Sie wissen auch, warum: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich Struktur. Ich bin immer auf gleicher Linie. Ich dümple nicht zwischen oben und unten, rechts und links, nicht zwischen Dahmsfeldstraße und Varziner Straße, wenn Sie verstehen, was ich meine. 400.000 Euro! Das ist nicht nur eine Zahl! Das ist ein Leben! Sie ignorieren diese Gesellschaft, Knobel, und das ist Ihr Problem! Nein, Ihr Problem ist ein anderes: Sie ignorieren die Gesellschaft nicht richtig. Sie leben teilweise in ihr und teilweise außerhalb. Sie sind nicht klar, Sie sind nicht glatt.«

26
    Als Knobel, wie jeden Dienstag, am frühen Abend zu Marie fuhr, waren ihm Löffkes Worte noch präsent. Knobel hatte sich gegen seinen Widersacher durchgesetzt. Die Sozietätsbesprechung war harmonisch verlaufen, garniert mit Mettwürstchen, Kaffee und einem Glas Sekt. Weder Knobels künstliche Posteingangszahlen noch Löffkes Brieffälschung waren ein Thema. Frau Atalay würde man nach Ende der Ausbildung übernehmen und Löffke hatte laut darüber nachgedacht, ob das von ihm gewählte Promotionsthema geeignet sei. Die Auswertung der Fachliteratur habe ergeben, dass jüngst eine Dissertation dazu veröffentlicht worden sei und sich deshalb seine Arbeit im Prinzip erledigt habe. Das war ein erster Schritt in die von Knobel gewünschte Richtung. Er hätte zufrieden sein können. Aber Knobel dachte darüber nach, ob Löffke nicht in einigen Punkten recht hatte.
     
    Als Marie eine neue Strategie für den Fall Pakulla entwickelte, hörte er nur halbherzig zu.
    »Weiß dein Mandant eigentlich, dass wir den Galeristen in Dortmund kennen, den Sebastian Pakulla immer beliefert hat? Haben wir den Galeristen in dem Gespräch in Sa Pobla oder sonst gegenüber Gregor Pakulla erwähnt?«
    Knobel schüttelte den Kopf. Nein, Gregor Pakulla wusste von der Verbindung zwischen Knobel und dem Galeristen nichts, erst recht nichts davon, dass der Galerist beauftragt war, Gregor Pakulla gezielt mit jenen Informationen zu versorgen, die er zuvor Knobel in seiner Galerie erteilt hatte.
    »Wir sollten den Galeristen ein weiteres Mal als Köder benutzen«, meinte Marie, und er sah sie fragend an. »Wenn Gregor Pakulla seinen Bruder umgebracht hat und er jetzt notgedrungen die langen Fristen des ›Todeserklärungsverfahrens‹ abwarten muss, wird ihn jedes Lebenszeichen seines Bruders stören. Verschollen kann ja nur der sein, von dem man nichts mehr hört. Oder?«
    Knobel bejahte matt.
    »Darum sollten wir den Galeristen bitten, Gregor Pakulla anzurufen und ihm mitzuteilen, dass Sebastian ihm neue Bilder geliefert habe. Er hat ja auch noch ein paar Bilder von Sebastian in seiner Galerie. Er soll einfach so tun, als habe ihm Sebastian die Bilder gerade erst gegeben. Und dass der Galerist sich an die Polizei gewandt

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