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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Frage beantwortet hatte. Erschöpft fielen sie ins Bett und sinnierten noch eine ganze Weile über ihre Erlebnisse in Sa Pobla.Knobel fand stundenlang keinen Schlaf. Wie ihn ein aufregender Tag im Beruf manchmal bis tief in die Nacht verfolgte, grübelte er über das Gespräch mit seinem Mandanten und Frau Praetorius und nahm, als er am Morgen benommen aufwachte, Marie das Versprechen ab, den Fall Pakulla während ihres kurzen Urlaubs auf sich beruhen zu lassen. Am nächsten Morgen fuhren sie mit dem Zug nach Sa Pobla, holten das Auto ab, und sie genossen ihre verbleibenden drei Tage auf Mallorca in trauter Zweisamkeit.

25
    Am Dienstag nach Ostern erschien Knobel um 8.30 Uhr im Büro, wo er von Frau Klabunde aufgeregt erwartet wurde.
    »Sie hätten nur Ihr Handy eingeschaltet lassen müssen«, begann er, »dann müsste ich jetzt nicht so gespannt auf das sein, was Sie mir erzählen werden und Sie nicht danach fiebern, endlich das loszuwerden, was Sie mir am liebsten sofort erzählt hätten.«
    »Herr Knobel!«
    Frau Klabunde errötete und lächelte verlegen. »Es ist diffizil und gleichzeitig so banal«, flötete sie, und Knobel staunte über ihre Wortwahl.
    »Um 9 Uhr ist Sozietätsbesprechung. Und Sie werden als Sieger hervorgehen, das weiß ich schon jetzt! Und nun setzen Sie sich hin und hören nur zu!«
    Knobel nahm folgsam im kleinen Zimmer seiner Sekretärin Platz, dankte für den gereichten Kaffee, und als er knapp 10 Minuten später aufstand, um in sein Büro zu gehen, blieb er einen Moment stehen, fast, als wollte er eine Ansprache halten, wandte sich zu seiner Sekretärin um und sagte in einem Ton, den Frau Klabunde als feierlichen Schwur empfand:
    »Ich werde Ihnen das nie vergessen, Frau Klabunde, niemals!«
    Und bei diesen Worten schossen ihr Tränen in die Augen.
     
    8.45 Uhr. Knobel saß in seinem Büro, als Löffke die Klinke zu Zimmer 102 mit dem Ellenbogen aufdrückte. Seine Hände umschlossen fest die Tragegriffe eines großen Silbertabletts, das üppig mit Fleischwaren gefüllt war und dessen appetitlich aufgeschichtete rot-rosige Leckereien in ihrer Farbe Löffkes dicken Backen ähnelten. Löffke trat herein und die Tür mit dem rechten Fuß hinter sich zu.
    »Kollege Knobel«, begann er und sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen.
    »Woher die Ehre, als erster mit Schnitzeln, Mettwürsten, Leberkäse und Schinken beehrt zu werden?«, giftete Knobel. »Gewöhnlich dienen Sie sich zuerst doch Dr. Hübenthal an.«
    »Heute beginne ich bei Ihnen«, erwiderte Löffke und stellte das Tablett vorsichtig auf Knobels Schreibtisch. »Fleischspezialitäten aus gutem Hause. Eine kleine Stärkung vor unserer Sozietätsbesprechung! Was möchten Sie, lieber Herr Knobel?«
    »Mit Ihnen ernsthafte Worte reden, wenn ich überhaupt noch mit Ihnen rede.«
    Löffke hörte schäumende Wut heraus, zugleich eine ungewohnte Härte in Knobels Stimme. Er verharrte einen Augenblick irritiert, dann nahm er eine Mettwurst vom Tablett.
    »Schon mal in die Umsatzauswertungen geschaut?«, fragte Löffke.
    »Nein.«
    »Sollten Sie aber!«
    Löffke umrundete Knobels Schreibtisch und griff auf die Computertastatur, wechselte in das Menü Finanzbuchhaltung , gab das nur den Anwälten bekannte Codewort ein und klickte dann auf Umsätze, Untermenü Einzelauswertungen .
    »Wir haben gerade mal Ostern hinter uns und ich habe fast die doppelten Umsätze als Sie. Da, schauen Sie auf die Zahlen! Ich bin jetzt schon über 400.000.« Löffke ging wieder zu seinem Tablett zurück. »Wissen Sie, ich werde in der Halbjahresbilanz über 500.000 haben! Nach unserer guten alten deutschen Währung schon Millionär! Da kommt keiner von den anderen ran. Auch nicht Hübenthal. Und Sie selbst hängen ja bei schlappen 180.000. Sie kriegen mich nicht ein, lieber Knobel! Sie schaffen einfach nicht meine Umsätze. Heute nicht, morgen nicht, nie! Haben Sie auch bisher nicht geschafft. Irgendwann, Knobel, werde ich erfahren, warum Hübenthal Sie zum Kanzleivize gemacht hat und nicht mich. Aber ich werde mich nicht mit der Nummer Drei zufrieden geben, das wissen Sie. Ich will nach vorne, und ich komme nach vorne. Sie wissen das, Kollege Knobel! Nicht doch ein Mettwürstchen? Sie sind einfach köstlich.«
    Löffkes Zunge leckte seine fettigen Lippen ab, die sich dann einer weiteren Mettwurst widmeten.
    »Ich bin Umsatzkönig, Knobel, und ich werde es bleiben. Das ist doch das, was zählt! Und darum kommt Hübenthal auf Dauer nicht um mich herum.

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