Todesfahrt: Thriller (German Edition)
gefangenen Männer von Boot zwei befreien zu können, benötigte er nicht nur die Unterstützung der hiesigen Somalis. Er musste auch die ihm verbliebenen Männer fragen, wer von ihnen bereit war, mitzumachen. Die anderen würde er zusammen mit den Verletzten evakuieren lassen. Doch vorher brauchte er etwas zu essen, denn Trockennahrung machte auf die Dauer nicht satt. Auch Jamanah schien hungrig zu sein, denn sie sah sich unruhig um, während ihr Magen hörbar knurrte.
ZWANZIG
D
er Wagen war alt und verbeult, aber aufgetankt und mit einem schweren MG bestückt, das an einer Halterung neben dem linken Rücksitz eingebaut worden war. Außerdem stapelten sich im Gepäckraum Dieselkanister, Decken, Wasserflaschen und Vorräte für mehr als eine Woche.
Nachdem ihr erster Versuch, nach Laasqoray zu gelangen, unter dem Mangel an Wasser, Nahrung und Ausrüstung gelitten hatte, wollte Omar Schmitt diesmal kein Risiko eingehen. Das hieß allerdings auch, dass sie sich nicht auf den üblichen Wegen durch das Land des Feindes bewegen durften. Aus diesem Grund hatte er mit Al Huseyin zusammen eine Route ausgearbeitet, auf der sie das Gebirge umgehen und sich der Stadt von Süden her nähern konnten.
Den Weg kannten Omar Schmitt und die beiden Männer, die ihn und Torsten Renk begleiten würden, zur Genüge. Aber sie durften ihn nicht in der Uniform von Soldaten aus Somaliland antreten. Daher hatten sie sich als Stammesmilizionäre getarnt, wie sie zu Hunderten in den Warsangeli- und Dulbahante-Gebieten umherstreiften. Torsten Renk steckte in einer Art Räuberzivil, das aus einer verwaschenen Militärhose in Tarnfarben sowie aus einem einstmals weißen, kragenlosen Hemd bestand, das er über der Hose trug. Ein rotes Tuch als Gürtel, ein weiteres um den Kopf und dazu eine uralte Baseballmütze vervollständigten sein Kostüm. Bewaffnet war er neben seiner im Gürtel versteckten Sphinx AT2000 mit einem italienischen Beretta-Karabiner und einem unterarmlangen Krummdolch. Da Omar ihm Gesicht und Hände mit einer dunklen Paste eingerieben hatte, sah er zumindest auf den ersten Blick wie ein Einheimischer aus.
»Sie sollten den Leuten, denen wir begegnen, nicht ins Gesicht schauen. So helle Augen wie Sie hat in dieser Gegend keiner«, wies Al Huseyin Torsten in spöttischem Tonfall an, als der Trupp in den Wagen stieg.
Torsten ging nicht auf die Bemerkung ein, sondern überprüfte das Maschinengewehr. Nach einigen Zielübungen, bei denen der Lauf auch kurz auf Al Huseyin zeigte, nickte er zufrieden. »Das Ding ist zwar nicht gerade das modernste, dafür aber robust. Mit dem können wir uns einiger Neugiernasen erwehren.«
»Können Sie mit dem MG umgehen?«, fragte Omar Schmitt.
»Natürlich! Immerhin war ich bei der kämpfenden Truppe im Sudan und in Afghanistan, bevor ich zu den Schlapphüten gesteckt worden bin.« Torsten war gut gestimmt, denn nach der zermürbenden Warterei und einigen herben Rückschlägen tat sich endlich etwas.
»Dann sollten Sie es übernehmen. Meine Leute sind nicht so geübt darin«, sagte Omar Schmitt, der froh darüber war, dass weder Al Huseyin noch der Untergebene, der neben ihm stand, Deutsch sprachen. Die beiden hätten ihm vehement widersprochen, denn für sie war ein Somali grundsätzlich ein guter Krieger. Bei dieser Aktion galt es jedoch, die Stärken jedes Einzelnen auszunützen. Deshalb war ihm ein in Afghanistan erprobter Soldat am MG lieber als jemand, der nur gelegentlich zur Übung damit geschossen hatte.
»Sie sollten aufbrechen«, erklärte Al Huseyin, »sonst erwischt Sie die Nacht noch mitten in einem Minenfeld. Ich glaube nicht, dass Sie dort ruhig schlafen werden.«
Torsten ärgerte sich gegen seinen Willen erneut über die Überheblichkeit des Mannes. Irgendwann, sagte er sich, würde er eine Stecknadel nehmen und diesen aufgeblasenen Ballon zum Platzen bringen. Doch das hatte Zeit. Jetzt galt es erst einmal, nach Laasqoray zu kommen und zu erkunden, wie die Lady of the Sea befreit werden konnte.
Omar Schmitt setzte sich hinter das Steuer und winkte einem seiner Männer, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen, während Torsten sich mit dem anderen Somali die Rückbank teilte. Nach einer flapsigen Bemerkung zu Al Huseyin, die mehr dazu diente, seine Anspannung zu verbergen, ließ Omar Schmitt den Motor an und fuhr los.
Die erste Strecke legten sie auf eigenem Gebiet zurück, und ihr vorerst einziger Feind waren die schlechten Straßen. Teilweise mussten sie die Betten
Weitere Kostenlose Bücher