Todesfalle Triton
zu ihrem Ohr. »Du kannst im Sol-System nicht einfach das Feuer eröffnen …«
»Aufklärung an Kommandantin – in dem Omegaraumer funktioniert so gut wie nichts mehr. Ich kann nur zwei extrem schwache Energiequellen anpeilen, die eine davon kommt mir komisch vor. Habe noch nie so ein Quantenfrequenzmuster gesehen.«
»In einem derart starken elektromagnetischen Feld dürfte es eigentlich überhaupt keine Energiequelle mehr geben«, wunderte sich Waller Roschen. »Es sei denn …« Im Arbeitssichtfeld erschienen die Darstellungen der beiden Energiequellen. »Dachte ich's mir«, entfuhr es Roschen. »Ein Prothesenträger!« Das Reizleitungssystem seines eigenen Herzens wurde von einem Nanokammerkristall mit Elektroenergie versorgt, das auf Ortungsschirmen ein identisches Muster gezeigt hätte. »Solche Nanobatterien sind durch eine spezielle Gravitonschicht vor Störfeldern geschützt.«
»Tellim hat ein künstliches Auge.« Anna-Luna hatte die Personendossiers der Rebellen gründlich studiert. »Und das andere Quantenfrequenzmuster? Kennst du das auch?« Sie betrachteten die Daten und die Darstellung der zweiten Energiequelle. Sie begriffen fast gleichzeitig. »Ein ADAM I …«, flüsterte Anna-Luna. »Tatsächlich ein ADAM I …« Waller Roschen nickte nur. Die Bestätigung des schon länger gehegten Verdachtes machte ihn sprachlos.
Taiman Korvac im Navigationsstand spitzte die Ohren und beobachtete das Paar. Obwohl er Primoberst der Geheimen Galaktischen Sicherheitsgarde war, hatte er keine Ahnung, was sich hinter der Bezeichnung ADAM I verbarg. Doch es konnte nur etwas Gefährliches sein, denn der Direktor machte eine erschrockene Miene. Und das wollte etwas heißen – Waller Roschen kannte die Besatzung der LAURIN fast nur mit ausdruckslosem Gesicht.
»Entfernung 0,098 Millionen Kilometer«, meldete Ulama.
»Bergens Roboter hält sich in dem Omegaraumer auf!« rief Anna-Luna Ferròn. »Also ist auch Bergen an Bord und die ganze Bande mit ihm! Es ist die RHEINGOLD! Wir haben sie manövrierunfähig vor den Geschützen!« Sie triumphierte. »Besser hätte es gar nicht kommen können! Kommandantin an Gefechtsstand …!«
»Warte!« Roschen legte ihr seine Hand auf die Schulter. »Wenn du sie ohne Genehmigung abschießen läßt, haben wir ein paar Minuten später hundert Schlachtschiffe am Hals. Im Sol-System kannst du nur mit ausdrücklicher Genehmigung von Terra Prima das Feuer eröffnen.«
*
Die Lichtsichel jenseits der Frontkuppel wuchs. War sie vor drei Stunden noch daumennagelgroß gewesen, so hatte sie jetzt bereits die Ausmaße einer geballten Kinderfaust. Und statt einer Sichel sah Venus nun eine Halbkugel vor der Kulisse fremder Sternkonstellationen schweben. Schon ahnte man ihre zweite, dunkle Hälfte, und über dem Pol der Kugel, wo bereits Zwielicht herrschte, entdeckte Venus eine zweite Halbkugel. Sie tastete nach Bergens Hand. »Triton«, sagte sie.
»Oder Nereide.« Bergens Finger schlossen sich um ihre Hand. »Oder einer der anderen Neptunmonde.« Von dem über dem Neptunpol aufgehenden Mond wanderte ihre Aufmerksamkeit einen Atemzug lang zu ihrer Hand – und zu der, die sie festhielt. Sie fragte sich, was geschehen war zwischen ihr und diesem rothaarigen Mann an ihrer rechten Seite. Sie fand keine Antwort. Sie wußte nur, daß es gut war, hier neben ihm zu stehen, seine Atemzüge und seine Stimme zu hören und seine Hand auf ihrer zu spüren.
Hinter ihnen murmelten die anderen. Einige hielten sich im Kommandostand auf. Dragurowka Sem zum Beispiel, die Zweite Offizierin der RHEINGOLD, oder die Bordärztin Dr. Costner oder Rasmuth, der gutaussehende Erste Navigator. Die Sem und die Ärztin warteten darauf, daß endlich die Sichtfelder und Kontrolleuchten wieder aufflammten. Rasmuth beobachtete sie und Bergen. Venus spürte seinen Blick im Nacken. Es störte sie nicht, sie hatte sich daran gewöhnt.
Andere saßen vor der Hauptschnittstelle oder standen um sie herum. Joseph Nigeryan zum Beispiel, der übergewichtige Kommandant des Landungsschiffes. Oder Oko Oshyan, der Chef der Beibootflotte, oder Torst Levian, der Erste Aufklärer der RHEINGOLD. Zwischen den beiden Sesseln vor der Schnittstelle kniete ihr Bruder Plutejo, rechts und links von ihm saßen Yakubar Tellim und der blaue Heinrich, Merican Bergens Roboter. Auf Yakus rechter Schulter hockte sein Rabe. Die Männer und das Kunsthirn versuchten das »bewußtlose« Bordhirn wieder hochzufahren. Ein starkes elektromagnetisches
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