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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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mit außerordentlicher Milde betrachtet.«
    »Aber Bruder Ross hat gelogen«, unterstrich Schwester Corb. Sie war immer noch wütend und wollte unbedingt, dass jemand bestraft würde.
    Fidelma widersprach ihr.
    »Das Gesetz blickt auch freundlich auf diejenigen, die Menschen schützen wollen, die sich nicht selbst schützen können. Bruder Ross kann nun versichert sein, dass Schwester Arócs Seele in Frieden von dieser Welt scheiden kann.«
    Der Abt schaute zögernd um sich, ehe er einen leisen Seufzer der Zustimmung ausstieß.
    »Amen!«, murmelte er leise. »Amen!«

|73| DER ASTROLOGE, DER SEINEN EIGENEN TOD VORHERSAGTE
    »Ich kann gut verstehen, warum der Bischof dich geschickt hat, um Abt Rígán zu verteidigen, Schwester. Allerdings denke ich, du wirst feststellen, dass dies ein klarer Fall ist. Nachweislich ist der Abt des Mordes an Bruder Eolang schuldig.«
    Brehon Gormán war ein großer, dunkelhaariger Mann mit olivenfarbener Haut. Er setzte sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete Schwester Fidelma, die ihm gegenüber Platz genommen hatte, mit sarkastischer Belustigung. Seine arrogante Haltung ärgerte Fidelma. Sie befanden sich im Zimmer von Bruder Cass, dem Verwalter des Klosters Fota, der aufgeregt neben ihnen stand.
    »Ich denke, es gab keine Augenzeugen? Wie kann dann der Abt
nachweislich schuldig
sein?«, fragte Fidelma kühl.
    Das Lächeln des scharfgesichtigen Brehon wurde noch breiter. Fidelma rieselte ein kalter Schauer über den Rücken. Der Mann besaß die Freundlichkeit eines Hais.
    »Unser Gesetz erkennt auch die Worte eines Mannes als Beweise an, die er kurz vor seinem Tod ausspricht«, erwiderte der Brehon im Tonfall eines Lehrers, der einem leicht begriffsstutzigen Kind etwas erklärt.
    »Ich kann dir nicht ganz folgen.«
    »Das Opfer hat vor seinem Tod den Abt als den Mörder benannt.«
    |74| Schwester Fidelma reagierte mit betroffenem Schweigen auf diese Aussage.
    Erst am Morgen hatte der Bischof von Cashel sie in seine Gemächer gerufen und sie gebeten, als
dálaigh,
als Anwältin vor Gericht, die Verteidigung von Abt Rígán zu übernehmen, dessen Abtei von Fota sich auf einer Insel im nahegelegenen See befand. Man hatte den Abt beschuldigt, einen seiner Mitbrüder umgebracht zu haben. Brehon Gormán sollte den Fall anhören, und es war allseits bekannt, dass der die Ordensleute nicht sonderlich mochte. Der Bischof von Cashel sorgte sich um den Abt, dem allen Aussagen zufolge der Ruf der Freundlichkeit und Großzügigkeit vorauseilte und dessen gute Taten ihn unter seinen Mitbrüdern ausgezeichnet hatten. Doch ebenso bekannt war der Abt dafür, dass er die Regeln der Römischen Kirche mit äußerster Strenge befolgte. Das brachte ihm manchen Konflikt mit seinen Mitbrüdern ein.
    Im Kloster Fota lebte eine kleine, erlesene Bruderschaft von Lederarbeitern und einigen wenigen Gelehrten. Die Mönche waren eine autarke Gemeinschaft. Wie es das Protokoll verlangte, hatte sich Fidelma zunächst bei dem besorgt dreinschauenden Verwalter, Bruder Cass, vorgestellt. Der hatte sie dann mit Brehon Gormán bekannt gemacht, der sich bereits in den Räumen des Verwalters häuslich eingerichtet hatte.
    Die Dinge schienen klar zu liegen, wenn man den Worten des Brehon glaubte. Bruder Eolang, ein Mitglied der Gemeinschaft, war am See unter einem hölzernen Landungssteg gefunden worden. Man hatte ihn offensichtlich dort ertränkt, aber am Kopf waren auch Prellungen und Abschürfungen zu sehen. Bruder Eolang war noch verhältnismäßig jung. Er stand in der Blüte seiner Jahre, und die Blutergüsse schienen darauf hinzudeuten, dass man ihn mit einem Gegenstand auf den Kopf geschlagen und ihn dann in den See gestoßen hatte, wo er ertrunken war.
    |75| Man hatte sofort nach Brehon Gormán geschickt. Nach einigen anfänglichen Befragungen hatte er Abt Rágán bis zum bevorstehenden Verfahren in Haft genommen.
    Ein, zwei Augenblicke schaute Fidelma Brehon Gormán erstaunt an.
    »So wie ich das verstehe, was man mir berichtet hat, war Bruder Eolang tot, als man ihn im See fand. Ist das nicht so? Aber du sagst nun, dass er den Namen des Abtes aussprechen und ihn als seinen Mörder benennen konnte. Wie ist denn dieses Wunder geschehen?«
    »Er war sicherlich tot, als man seinen Leichnam fand«, stimmte ihr der Brehon zu.
    »Dann erkläre mir das Rätsel, das du mir gestellt hast.«
    »Es ist ganz einfach. Vor einer Woche hat Bruder Eolang einigen seiner Mitbrüder erzählt, an einem bestimmten Tag würde er

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