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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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unfähig ist, für sich selbst zu sprechen. Du hast mir vorhin gesagt, dass Sochla klug und in keiner Weise zurückgeblieben war. Warum durfte sie dann nicht für sich selbst sprechen oder einen Anwalt hinzuziehen?«
    Brehon Morann mischte sich ein. »Behauptest du, dass der Brehon sich nicht richtig verhalten hat?«
    »Es scheint mir, dass die Rechte der Angeklagten beschnitten wurden«, antwortete Fidelma, die ihre Worte sorgfältig wählte.
    Firbis schnaubte verächtlich. »Beschnitten? Kein Brehon aus Ardagh würde je …« Er zögerte und fragte dann: »Und was ist mit den Rechten des Königs?«
    »Das Gesetz steht über dem König. Das ist seit alters her so«, erwiderte Fidelma ruhig. »Nach allem, was du mir gesagt hast, erscheint mir der Brehon in höchstem Maße voreingenommen.«
    Firbis presste seine Lippen zusammen.
    »Du sprichst von einem angesehenen Brehon, der mehr juristische Qualifikationen hat, als du je erlangen wirst.«
    Nun schäumte Fidelmas Wut über.
    »Du bist also nicht nur ein
druimcli
, sondern vermutlich auch ein Prophet oder Hellseher?«, fragte sie mit eiskalter Stimme.
    »Willst du mich beleidigen?«
    »Beleidigen? Keineswegs. Das war nur eine Frage. Du hast gesagt, dass ich niemals die Qualifikationen erlangen werde, die |119| dieser ungenannte Brehon hat oder hatte. Um so etwas behaupten zu können, muss man erstens genau wissen, welche Qualifikationen jener ungenannte Brehon besaß, und zweitens die Zukunft kennen, um mir vorherzusagen, welche ich erreichen werde. Da ich mich selbst natürlich für meine Zukunft interessiere, habe ich dich mit allem Respekt gefragt, was die Grundlage für deine Voraussage ist – ob du ein Prophet bist oder ein Hellseher? Wieso soll das eine Beleidigung sein?«
    Aus der Richtung von Brehon Morann war ein erstickter Laut zu vernehmen. Hinter vorgehaltener Hand schien er einen Lachanfall zu verbergen.
    Der
druimcli
musste sich alle Mühe geben, dass ihm die Gesichtszüge nicht entgleisten.
    »Fidelma«, sagte Brehon Morann, als er seine Fassung wiedergewonnen hatte. Er sprach leise. »Fidelma, nach genauerer Überlegung wirst du feststellen, dass der
druimcli
bildlich gesprochen hat.«
    »Ich denke, er hatte durchaus das Gesetz im Blick«, erwiderte Fidelma, die seine Worte nicht zufriedengestellt hatten.
    Firbis schwieg.
    »Erkläre dich«, sagte Morann leise. Ein gefährlicher Unterton schwang in seiner Stimme mit.
    »Das Recht zieht jedermann zur Rechenschaft. Weil jemand ein Brehon ist, ist er nicht über jede Kritik erhaben, genauso wenig wie es einem
druimcli
erlaubt ist, eine Studentin zu beleidigen, die noch nicht einmal den Grad einer
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erreicht hat.«
    Kälte breitete sich im Raum aus.
    Plötzlich schien sich
druimcli
Firbis zu entspannen und sogar zu lächeln. Es war ein dünnes, schmallippiges Lächeln, aber immerhin.
    »Du hast recht, junge Frau. Es war falsch von mir, dich so |120| persönlich anzugreifen. Auch ein Brehon muss sich gefallen lassen, dass man seine Arbeit überprüft, und wenn er einen Fehler gemacht hat, kann er durchaus ermahnt oder bestraft werden. Ich hätte auch nicht behaupten dürfen, dass du nicht das Recht hast, deine Meinung zu sagen, nur weil du noch keinen akademischen Grad besitzt.«
    Fidelma neigte leicht den Kopf.
    »Reden wir nicht über diese Angelegenheit, weil wir herausfinden wollen, ob der ungenannte Brehon ein richtiges oder ein falsches Urteil gefällt hat?«, fragte sie.
    Brehon Morann lächelte leise.
    »Genau deswegen sind wir hier. Bist du zu einem Schluss gekommen?«
    »Bisher bin ich immer noch der Ansicht, dass das Urteil nicht abgesichert ist. Welche Zeugen wurden vom
dálaigh
des Königs aufgerufen?«
    »Zum einen der Verwalter der Burg«, antwortete Firbis.
    »Wie hieß er, und was hat seine Zeugenaussage bewirkt?«
    »Sein Name?« Firbis zögerte einen Augenblick. »Feranaim. Er bezeugte, dass Sochla als Magd in der Burg beschäftigt war. Dass er sie bei der Arbeit gesehen hatte, als der gesamte Hofstaat zum Hurley-Spiel aufbrach, und, was am wichtigsten war, dass er die Schatulle zu diesem Zeitpunkt noch an ihrem gewohnten Standort gesehen hatte.«
    »Er hat die Burg als Letzter verlassen?«
    »Ja«, erwiderte Firbis hastig. »Woher wusstest du das?«
    Fidelma antwortete nicht gleich. Sie fuhr fort: »Und war er derjenige, der bemerkte, dass die Schatulle weg war, als alle vom Spiel zurückkehrten?«
    Der
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schüttelte den Kopf. »Nein, es war der König selbst, der bemerkte,

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