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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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wurde. In deiner Hast, den Brehon zu verteidigen, hast du auch erwähnt, dass er aus Ardagh stammte. Daraus kann ich nur einen Schluss ziehen: Du hast mit der Autorität des Brehon gesprochen, der das Urteil fällte, und daher warst du dieser Brehon.«
    Seltsamerweise zeigte sich auf dem Gesicht des
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Zustimmung.
    Brehon Morann lächelte ebenfalls. »Nun, Fidelma …«
    »Da ist noch etwas«, unterbrach ihn Fidelma.
    Morann zögerte und zog fragend eine Augenbraue in die Höhe. »Noch etwas, Fidelma?«
    Fidelma nickte. »Die ganze Geschichte ist frei erfunden. Sie hat sich nie so zugetragen. Firbis hat mit der Autorität des Brehons gesprochen, weil er alles frei erfunden und im Verlauf der Prüfung immer weiter entwickelt hat. Ein so kenntnisreicher Anwalt wie Firbis hätte sich in einem echten Fall niemals so wie dieser namenlose Brehon verhalten. Und doch war klar, dass jener Brehon kein anderer als Firbis sein konnte. Was sollte ich denn davon halten? Feranaim, wahrhaftig! Das Wort bedeutet ja ›Mann ohne Namen‹! Das war auch eine Prüfung. Deswegen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Firbis den gesamten Fall erfunden hat, um die Studentin zu prüfen.«
    |127| Brehon Morann lächelte. »Du bist die erste Studentin, die das durchschaut hat«, sagte er.
    »Und die erste, die die Identität des Brehon entdeckt hat«, stimmte ihm Firbis zu. »Die meisten versuchen, die Antwort zu erraten, sobald ich zu fragen beginne.«
    »Aber andere wollen noch mehr wissen als ich?«, erkundigte sich Fidelma.
    »Das schon, aber wenn wir« – Firbis deutete auf Morann –, »argumentieren und versuchen, sie von weiteren Fragen abzubringen, dann geben sie gewöhnlich viel eher auf als du. Du hast zäh weiter gefragt. Du hast einen scharfen, forschenden Verstand.«
    »Der Zweck dieser Prüfung ist es, nicht nur einen scharfen, forschenden Verstand unter Beweis zu stellen und nicht zu vorschnellen Urteilen zu kommen«, erklärte Brehon Morann, »sondern uns des Weiteren zu zeigen, dass man die Beharrlichkeit besitzt, auch gegen Widerstände und angesichts höherer Autorität nicht aufzugeben, um zur Wahrheit zu gelangen. Die Wahrheit mag groß sein und letztlich immer siegen, aber manchmal braucht sie jemanden, der gegen anscheinend unüberwindliche Hindernisse beharrlich ankämpft, um sie ans Licht zu bringen. Du hast gute Arbeit geleistet, Fidelma.«
    Fidelma stand auf und blickte von Firbis zu Morann.
    »Heißt das, dass ich die Prüfung bestanden habe?«, fragte sie ausdruckslos.
    Brehon Morann grinste beinahe. »Die Ergebnisse werden bei der morgendlichen Versammlung verkündet. Dann erfährst du das Ergebnis – wenn du nicht wieder zu spät kommst.«
    Fidelma nickte.
    An der Tür drehte sie sich noch einmal mit nachdenklichem Gesicht zu Morann und Firbis um.
    |128| »Sagt ihr mir morgen auch, ob ich die andere Prüfung bestanden habe?«, fragte sie munter.
    Brehon Morann schaute sie argwöhnisch an. »Die andere Prüfung?«
    »Ich nehme an, indem ihr mich am Morgen in meiner Kammer eingeschlossen habt, sodass ich zu spät kommen musste und daher abgelenkt sein würde, wolltet ihr meine Beharrlichkeit prüfen und herausfinden, wie ich in schwierigen Situationen reagiere?«
    Der Gesichtsausdruck des Brehon Morann verriet ihr, dass sie richtig vermutet hatte. Mit einem kecken, beinahe spitzbübischen Lächeln schloss sie leise die Tür hinter sich.

|129| DIE ZEIT DES DUNKLEN MONDES
    »Ich bin gekommen, um Ersatz für den Verlust meiner Waren einzuklagen.«
    Der Mann mit dem Mondgesicht stand im Gericht der Brehons von Dair Inis vor Fidelma und bot ein solches Bild des Jammers, dass er beinahe schon wieder komisch wirkte. Seine Verzweiflung wollte schlecht zu seinen beinahe puttenhaften, tugendsamen Zügen passen. Seine blauen Augen starrten sie voller verwunderter Unschuld an, und seine Unterlippe stand ein wenig vor, wie bei einem Kind, das Schelte von einem Erwachsenen erwartet.
    »Abaoths Anspruch entbehrt jeglicher Grundlage«, fuhr der Mann dazwischen, der neben ihm stand.
    Schwester Fidelma war dieser dünne, drahtige Mensch gleich unsympathisch. Seine hohe, beinahe winselnde Stimmte schrillte ihr in den Ohren. Er war prächtig, viel zu auffällig gekleidet und trug Unmengen von Schmuck. Die protzige Kleidung passte schlecht zu seinem restlichen Erscheinungsbild. Plötzlich musste Fidelma lächeln, als sie merkte, dass sein Name dem listigen Gesichtsausdruck bestens entsprach. Olcán – das hieß ja

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