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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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Küche vor einem weiteren großen Herd, auf dem Fleischspieße lagen, während sich Bruder Manchán an den Tisch neben dem Backofen in der Mitte des Raumes stellte, wo er offenbar Brot gebacken hatte.
    Fidelma sah sich genau an, wo sich alle befanden. Hätten Torolb und Manchán in Roilts Richtung geblickt, hätten sie ihn gesehen, wenngleich verschiedene Dinge ihre Sicht behinderten, je nachdem, was sie gerade taten. Wenn sich zum Beispiel Bruder Torolb über seinen Herd gebeugt hätte, hätte er zur Wand geschaut, und selbst wenn er sich umgedreht hätte, hätten ihm ein paar Töpfe und Pfannen, die von einem tiefliegenden Balken über dem Tisch herabhingen, teilweise den Blick versperrt. Er hätte nur den Rumpf von Bruder Roilt gesehen.
    Sie überprüfte sorgfältig, was von welchem Platz aus zu sehen war und seufzte dann.
    Während jeder total in seine Arbeit vertieft war, wäre es durchaus möglich gewesen, dass jemand die Küche vom Garten her |250| betreten, Roilt erstochen, seinen mageren Körper in den Lagerraum gezogen und dann den Fisch gestohlen hatte. Doch sie war sicher, dass der Mörder nicht vom Garten her gekommen war. Es ergab keinen Sinn. Warum Roilt töten, um einen Fisch zu stehlen? Der Teller stand neben dem Fenster. Wenn jemand den Fisch unbedingt hätte haben wollen, hätte er warten können, bis Roilt abgelenkt war, sich dann über das Fensterbrett beugen und sich den Fisch schnappen können. Warum sollte jemand einen Mord auf sich laden und ein so hohes Risiko eingehen, entdeckt zu werden? Und dann die Sache mit der Gartenpforte.
    Vielleicht sah sie das Ganze jedoch aus einem falschen Blickwinkel.
    »Ich werde mit jedem von euch gesondert sprechen, ich beginne mit Bruder Dian«, verkündete sie. »Die Übrigen können sich weiter ihren Pflichten widmen, bis ich sie rufe.«
    »Wie lange bist du schon zweiter Koch hier?«, fragte Fidelma nun Bruder Dian. Der überlegte. »Fünf Jahre.«
    »Und wie lange war Roilt hier Koch?«
    »Ist das von Bedeutung? Wir sollten nach den Wanderarbeitern suchen«, setzte er an, sah jedoch dann das Funkeln in ihren Augen. »Roilt war ein Jahr länger hier als ich. Deshalb war er Chefkoch.«
    »Seid ihr, du und die anderen, gut mit ihm ausgekommen?«
    »Mit Roilt? Keiner konnte ihn leiden. Er war eine Ratte.« Er hielt inne, errötete und beugte das Knie.
»De mortuis nil nisi bonum«
, murmelte er. Über die Toten soll man nur Gutes sagen.
    »Vincit omnia veritas«
, erwiderte Fidelma scharf. Die Wahrheit besiegt alles. »Ich höre lieber die Wahrheit als falsches Lob.«
    Bruder Dian sah sich um. »Schön. Es ist bekannt, dass Roilt |251| die Gesellschaft junger Novizen schätzte, wenn du verstehst, was ich meine. Männlicher Novizen«, betonte er.
    »Deshalb wurde er gehasst?«
    Dian nickte. »Vielen Brüdern war es zuwider, dass er die Jungen missbrauchte.«
    »Missbrauchte? Willst du damit sagen, dass er sich ihnen gegen ihren Willen aufdrängte?«
    Dian antwortete mit einem ausdrucksvollen Achselzucken.
    »Hatte Roilt Affären mit Mönchen aus der Küche?«, fragte sie.
    Dian blinzelte bei dieser direkten Frage. »Ich muss protestieren, Schwester … Du sollst herausfinden, wer den Fisch gestohlen hat …«
    »Ich bin hier, um herauszufinden, wer Bruder Roilt ermordet hat«, fauchte Fidelma. Bruder Dian zuckte zurück.
    »Es ist doch klar, dass er wegen des Fisches getötet wurde«, behauptete Dian hartnäckig, nachdem er sich von dem Schrecken erholt hatte.
    »So?« Fidelma warf einen Blick ans obere Ende der Küche. »Bitte Bruder Enda, zu mir zu kommen.«
    Bruder Dian schien überrascht, dass er so plötzlich entlassen wurde. Gleich darauf trat Bruder Enda zu ihr; seine Augen waren noch immer rot.
    »Geht es dir jetzt besser?«, fragte ihn Fidelma.
    Der Junge nickte langsam. »Es war der Schock, weißt du …«, begann er zögernd.
    »Natürlich. Du standest Bruder Roilt nahe, nicht wahr?«
    Bruder Enda errötete und presste die Lippen fest zusammen. Er schwieg.
    »Hattet ihr zur Zeit eine Beziehung?«, wollte Fidelma wissen.
    »Nein.«
    »Hat er jemand jüngeren vorgezogen?«
    |252| »Er war der Einzige in diesem Kloster, der freundlich zu mir war. Ich werde nichts Schlechtes über ihn sagen.«
    »Ich habe dich nicht gebeten, etwas Unwahres zu sagen; das würde uns bei der Suche nach seinem Mörder nicht helfen.«
    Der junge Mann schien einen Augenblick lang verwirrt. »Ich dachte, man hätte ihn ermordet wegen des …«
    »Wegen des Fisches?«,

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