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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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weder auf feinfühlige noch auf taktvolle Art, und deshalb hat Manchán ihn getötet.«
    Manchán leugnete ihre Anschuldigungen nicht.
    »Woher weißt du das?«, fragte der Abt.
    »Bruder Manchán bemühte sich sehr, andere innerhalb und außerhalb der Küche zu belasten, besonders Bruder Dian. Mir fiel auf, dass ihm allzu viel daran lag.«
    »Aber du musst doch noch andere Anhaltspunkte gehabt haben«, meinte Bruder Dian. »Einen Grund, warum du ihn verdächtigt hast.«
    |261| »Bruder Manchán hatte den geeignetsten Arbeitsplatz für den Mord an Roilt. Als sich alle auf ihre Pflichten konzentrierten, packte er die Gelegenheit beim Schopf. Er ging zu Roilt und stieß mit dem Messer so schnell zu, dass dieser gar keine Zeit hatte, aufzuschreien. Dann zog er die Leiche in den Lagerraum. Er eilte sogar noch in den Garten und öffnete die Pforte, die gewöhnlich verriegelt war, um eine falsche Fährte zu legen. Er wies mich extra darauf hin, dass die Pforte offen gewesen war. Doch Dian, dem das aufgefallen war, hatte sie fast gleich darauf wieder verriegelt. Woher wusste Manchán also, dass die Pforte offen gewesen war?«
    »Und den Fisch hat er auch genommen, um eine falsche Fährte zu legen?«, warf Bruder Dian ein.
    Fidelma schüttelte lächelnd den Kopf. »Dazu hatte er keine Zeit. Nein, der Fisch wurde von jemand anderem gestohlen. Jemand nutzte die Gelegenheit, den Fisch zu stehlen, als Roilt nicht mehr da war.«
    »Einen Augenblick«, unterbrach sie Abt Laisran. »Ich verstehe noch immer nicht, wie du überhaupt auf Manchán gekommen bist. Dass er versuchte, den anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben, ist doch kein ausreichender Verdachtsgrund, nicht wahr?«
    »Du hast recht, wie immer, Vater Abt«, räumte Fidelma ein. »Was mich stutzig werden ließ, war seine Schürze.«
    »Seine Schürze?«, fragte der Abt.
    »Manchán wollte uns glauben machen, dass er die ganze Zeit über mit Brotbacken beschäftigt war. Und seine Kleidung war ja auch mit einem feinen Mehlstaub bedeckt, mit Ausnahme seiner Schürze, die makellos sauber und blütenweiß war. Das war eindeutig nicht die Schürze, die er bei der Arbeit getragen hatte. Warum hatte er die Schürze gewechselt? Beim Mord an Roilt spritzte Blut auf den Fußboden. Es war mit Sicherheit |262| auch auf seine Kleidung gespritzt, besonders auf seine weiße Schürze. Er hat sich im Lagerraum eine neue Schürze umgebunden, die die Blutflecken auf seiner Kutte verdeckte. Diese saubere weiße Schürze machte mich misstrauisch, und dass er so eifrig darum bemüht war, andere in Verdacht zu bringen, bestärkte mich in meinem Instinkt. Der Hinweis auf die Gartenpforte war nur noch eine Bestätigung. Jetzt habt ihr den Beweis«, fügte sie hinzu und deutete auf Mancháns blutbesudelte Kutte.
    Abt Laisran nickte nachdenklich und dachte über die Geschichte nach. Dann blickte er sie plötzlich verwirrt an. »Aber der Fisch? Wer hat den Fisch gestohlen?«
    Schwester Fidelma ging zur Gartentür und deutete auf den leeren Zinnteller im Gras.
    »Der ist mir schon vorher aufgefallen. Er sieht aus, als würde er gewöhnlich Milch enthalten. Gehe ich also recht in der Annahme, dass sich hier eine Katze herumtreibt?«
    Bruder Dian schnappte hörbar nach Luft, was ihre Vermutung bestätigte.
    Fidelma grinste. »Ich glaube, wenn man den Garten absucht, wird man die Überreste des Fisches finden, und ganz in der Nähe zusammengerollt eure Katze, die sich nach einer der besten Mahlzeiten ihres Lebens ausschläft. Die Katze hat den Fisch gestohlen.«

|263| WER EINMAL LÜGT …
    »Sind das alle Petitionen und Beschwerden?«, fragte Schwester Fidelma und seufzte erleichtert auf.
    Es war ein langer Vormittag gewesen, und Schwester Fidelma hatte jene Aufgaben erledigt, die sie als
dálaigh
, als Anwältin bei den Gerichten der fünf Königreiche von Éireann, an ihrem Beruf am wenigsten mochte. Sie hatte den Grad einer
anruth
erlangt, nur eine Stufe unter der höchsten Auszeichnung, die geistliche und weltliche Bildungsstätten in Irland vergeben konnten, und wurde daher vom Obersten Brehon, dem Obersten Richter des Königreichs Muman, über das ihr Bruder Colgú von Cashel aus regierte, oft gebeten, kleinere Fälle zu übernehmen. Das bedeutete gewöhnlich, dass sie entlegene Ecken des Königreichs besuchen musste, in denen es keinen ständigen Brehon gab. Sie sprach Recht in diesen Fällen oder studierte Eingaben von Klägern, um zu prüfen, ob es sich um einen zivil- oder

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