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Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Backert
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Urplötzlich dröhnte sie wieder durch seinen Kopf.
    Nein! Nein, er hatte es ihr doch gezeigt, er hatte es allen bewiesen! Ganz allein hatte er am Samstag alles festgezurrt und kraftvoll auf den Punkt gebracht, immer wieder! Die Geister der Vergangenheit, sie waren ein für alle Mal gebannt!
    Ich dominiere, ich beherrsche, ich kontrolliere … alles, was ich will!
    Die Strumpfhose ziepte im Schritt. Er hätte sie doch eine Nummer größer gebraucht … Kopf hoch und weiter!
    Ich muss grazil und elegant sein, ich will grazil und elegant sein, ich bin grazil und elegant …!
    Eine hässlich verschrumpelte Alte mit Rollator, eine genervte Mutter, im Schlepptau zwei bösartige kleine Schreihälse. Ein Anzugträger mit Aktentasche, Schlips und geistesabwesendem Blick, ein kreuzworträtselnder Taxifahrer. Welch wohltuendes Desinteresse; souveränes, anonymes Mitschwimmen in der Masse, der wichtige erste Schritt. Auf zum zweiten – hol dir persönlichen Respekt und Anerkennung!
    Scharfer Salsa-Sound drang aus einer offenen Tür: »Atelier«, darüber ein buntes Werbebanner: »KulturPackt Schweinfurt – Tag der offenen Ateliertür«.
    Eine kleine Vernissage? Vorstoß in Kunst, Kultur – und Offenheit, Akzeptanz …! Ich gehöre dazu, ich kann überall mithalten, ich werde toleriert und respektiert!
    Entschlossen stöckelte er über die Schwelle.
    * * *
    Corinnas Augen waren tot, ihr Body quicklebendig.
    Charly spürte ihre Brust, als sie in ihrer schwarzen Lederkorsage, scheinbar achtlos, seinen Oberarm streifte. Was hätte er damals, vor dreißig Jahren, dafür gegeben …
    Corinna konnte sich zwar sofort an ihre Zeit in der Eisdiele, im Mississippi, Old German »und im Pascha in Frohnlach!« erinnern, aber nicht an Charly. Selbst sein Hinweis auf »mei silbernes Kleinkraftrad, Puch Monza!« half nicht weiter – schließlich saß sie damals selbst schon auf dem Sozius einer 500er Honda. Charly erinnerte sich nur allzu gut an seinen neidvollen Respekt beim Anblick des damaligen Piloten, eines vollbärtigen, breitschultrigen Ebersdorfers mit Wild-Horses-Kutte und der original Udo-Lindenberg-Gürtelschnalle » PANIK «.
    Und jetzt befand er, Charly, sich selbst hautnah neben Corinna, in diesem exklusiven SM -Club tief im Thüringer Wald, in einem stickig-warmen, nur spärlich ausgeleuchteten Kellergewölbe. Corinna saß entspannt in ihrem dunkelroten Ledersessel, zum Greifen nah … und doch unendlich weit entfernt. Ächzend kniete er auf der scharfen Kante einer massiven alten Holzbohle.
    Nur in dieser schmerzhaften Stellung war es möglich, in ein Gucklochkino zu schauen, das in die Natursteinmauer eingelassen war. Schwarz-Weiß- und Farbfotos zogen dort vorbei, manche leicht verblasst: Frauen oder Männer, die Augenpartien oft, wie früher üblich, mit schwarzen Balken unkenntlich gemacht, in Fesselungen aller Art.
    »Hit me with your rhythm stick« , beschwor Ian Dury in hypnotischem Sprechgesang, »hit me slowly, hit me quick!«
    »Was soll die ganze Kinderei?«, fauchte Charly und verfluchte insgeheim die Idee mit dem Inkognito-Auftritt. »Geht das nicht einfacher mit den Bildern?«
    »Wir haben doch keinen Katalog hier«, entgegnete Corinna ungerührt und nippte an ihrem roten Sekt. »Wenn du für deinen Krimi Fesselungen brauchst, kann ich dir nur das anbieten.«
    »Stopp!«, schrie Charly aufgeregt, »das ist doch mein alter Chef! Nein, klick noch eins zurück! Der mit dem Glitzergeschirr am Sack …! Ach, nee … schade … is er doch nicht … Weiter!«
    »Hätte er aber sein können«, versuchte sich die Lichtenfelser Leder-Lady im korrekt verschwurbelten Konjunktiv. »Aus Coburg kriegen wir öfter mal Besuch … So, mein Lieber, das waren jetzt hundertneunundzwanzig Anregungen, war was für dich dabei?«
    Charly richtete sich ächzend auf und rieb die schmerzenden Knie. »Is ja interessant …« Er versuchte möglichst beiläufig zu klingen. »Echt, sogar aus Coburg habt ihr Kundschaft?«
    Corinna, dankbar für die heutige Abwechslung, zeigte sich erstaunlich offen.
    »Ja, ja, irgend so ein hohes Tier vom Airbuszulieferer, der geht aber nur zu Kiki«, meinte sie leicht verächtlich. »Der braucht nur die Nullachtfünfzehn-Nummer … so mit Hundehalsband und ein bisschen Stiefellecken, dann is er happy. Und Ronja, im Klinikzimmer, hat auch ‘nen älteren Schlipsträger, der mit Coburger Mercedes vorfährt … HUK oder Wohnbau soll der angeblich sein; bei uns braucht er Windeln und ‘nen großen

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