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Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Backert
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bis Mittwoch!« Harry verstand sofort, zog seine Hand von Bernies Schulter und wandte sich fast übergangslos an Charly.
    »Na, Kumpel, wie können wir dir heute weiterhelfen? Du willst also … einen Krimi schreiben?« Harrys schmieriges Lächeln entblößte erstaunlich vergilbte Jacketkronen. »Nee, Lara, für mich jetzt keinen … Tja, Bernie sagt, du hast ‘n paar ganz spezielle Fachfragen an unsere Branche?« Der süßliche Siebziger-Soul der Three Degrees waberte durch den Raum, passend zum Parfüm der Ü40-Blondine, die sich zu ihnen gesellte. »… when will I see you again?«
    Charly nickte wortlos und zückte ein schwarzes Notizbuch. Gut, dass das Logo der Polizeigewerkschaft Ton in Ton eingeprägt war – in dem Schummerlicht hier war es unsichtbar. Zur Sicherheit platzierte er es gleich aufgeklappt vor sich auf den Tresen. Loslabern, einlullen.
    »Genau, ich will meinen ersten ›Tatort‹ schreiben, und da hab ich jetzt ein Problem. Mein Mörder soll aus der Sadomaso-Szene kommen, vielleicht ein Stammkunde von euch«, er zwinkerte Harry kurz zu, »er richtet seine Opfer furchtbar zu, das geht schon beim Fesseln los … und dafür bräuchte ich ein paar Tipps aus erster Hand, was gibt’s da für Möglichkeiten?«
    Harry winkte entschieden ab, zeigte wieder seine gelben Zähne. »Vergiss es! Ein perverser Mörder aus der SM -Kundschaft, das gibt’s nur in der perversen Phantasie von euch Normalos!«
    Charly runzelte die Stirn. »Wieso?«
    Harry war jetzt ganz in seinem Element. Er zog die Blondine an sich heran, stützte den anderen Ellbogen auf die Theke und begann selbstgefällig zu dozieren.
    »Junge, wir reden hier von professionellem SM ! Nicht von der Hausfrau und ihrem Beamtengatten, die sich nach zwanzig Jahren Blümchensex mit roten Ohren ein Paar Plüschhandschellen bei Beate Uhse holen. Nee, das is ‘ne echte Szene! Frag Julischka …«, ein kurzes Zungenspiel am Ohr der geschmeichelt lächelnden Blonden, »… ach, frag hier, wen du willst! Schmerz und Unterwerfung, das is bei uns so ‘ne Art Spiel, das sind feste Rituale, die funktionieren nur mit klaren Regeln!« Harry schnippte in Richtung der Brünetten, die mit verschränkten Armen gelangweilt hinter dem Tresen lehnte.
    »Mach mir mal ‘n Pils, Lara!«
    Charly markierte den Enttäuschten. »Meine schöne Idee, Mann! Aber warum soll aus dieser Szene, aus diesem Spiel denn kein Killer kommen?«
    Harry lachte, kurz und meckernd. »Tja, schade um deine Idee! Aber is nu ma Fakt; der Top weiß genau, wie geil das alles für den Bottom ist, und das geilt ihn selbst wieder auf! Is ‘ne gegenseitige Spirale der Lust, sonst funktioniert das nich – stimmt’s, Julischkamäuschen? Wohlsein!« Er setzte das frisch gezapfte Radeberger an die Lippen und trank das 0,3er auf einen Zug fast leer.
    »Also müsste mein Killer einer sein, dem diese abgesprochenen Spielchen nichts mehr geben«, überlegte Charly laut. »Bitte auch ein Radeberger.«
    »Genau! Es kann nur einer sein, der in diese SM -Clubszene eben nicht reinpasst. ‘n echter Psychopath, der andere wirklich plattmachen muss, um sich aufzugeilen!«
    Die Three Degrees waren jetzt beim »Dirty Ol’ Man« angelangt.
    Bernie, der den zweiten Jack Daniels vor sich stehen hatte, schaltete sich ein: »Denke, Harry hat’s auf den Punkt gebracht. Du musst ja eigentlich nur mal ‘nen Bullen bei der Kripo fragen«, ungeniert zwinkerte er Charly zu, »bin mir sicher, dass in der Mordstatistik keine Freizeit- SM ler drinstecken.«
    Harry nickte beifällig. »Nimm doch nur mal das Ding in eurem Theater jetzt! Kann nur ‘n absolut Durchgeknallter machen. Bei uns findste aber nur grundseriöse Beamte, Banker … oder total verklemmte Spießer … oder beides in einem!« Wieder lachte er meckernd über sein eigenes Witzchen. »Cheerio!« Er kippte den Rest seines Radebergers weg und leckte sich über die Oberlippe.
    »Nee, schau dir ruhig mal unsere traditionsreichen Gewölbe hier an! Wer is denn alles schon unten?«, wandte er sich fragend an Julischka.
    »Marina, Cora und die Lady.«
    »Na bestens! Dann bring ihn mal zu Cora, er will doch was über Fesselungen wissen!«
    * * *
    Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel. Perfekt. Blonde Locken, Wimpern, Make-up, Lippenstift. Die Brust saß beruhigend straff und sicher, die künstlichen Fingernägel glänzten Ton in Ton mit den Lippen.
    Er spitzte und spannte die Lippen, mehrmals hintereinander, in rascher Folge. Immer noch makelloser Glanz.

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