Todesfessel - Franken-Krimi
zog bis in den Nacken, zog sie ruckartig heraus aus ihrer schläfrigen Benommenheit; Füße und Hände waren seltsam fest und unbeweglich.
Sie riss die Augen auf.
Erstarrte. Presste sie geschockt wieder zusammen.
Öffnete sie ganz langsam wieder, starrte entsetzt auf das Horrorbild im Halbdunkel vor ihr: eine junge Frau; geknebelt mit einem roten Gummiball, der im Nacken mit einem schwarzen Lederband verknotet war. Gefesselt wie an einen gynäkologischen Untersuchungsstuhl, aber noch bekleidet mit Jeans und Pulli.
Nur an den Füßen war etwas anders.
Die Frau trug Ballettschuhe.
… meine Ballettschuhe!
Das ist kein Bild … das ist ein Spiegel!
In panischem Entsetzen erkannte sie sich selbst, völlig wehrlos, mit rotem Fetisch-Knebel, fixiert an Händen und Füßen.
Und sie war nicht allein; sie spürte es überdeutlich. Spürte, nein, hörte jemanden atmen; hier in diesem miefigen, halbdunklen Raum.
Immer näher.
Unmittelbar hinter ihr.
Verzweifelt versuchte sie, den Kopf zu drehen, zu schreien, zu strampeln. Stinkender, fremder Atem – unendlich langsam strich er über ihren Hals, über ihr Gesicht.
Sie raste vor Angst, als in dem blinden alten Spiegel eine Gestalt neben ihr auftauchte.
Eine große Frau, mit langen blonden Haaren und einem gespenstisch weißen Gesicht.
Ihre fleischigen, dunkelroten Lippen formten ein seltsam verzerrtes, fratzenhaftes Lächeln. Langsam hob sie eine breite Hand, strich mit künstlichen Fingernägeln über die schweißnasse Stirn ihres Opfers.
»Keine Angst, Kleine. Wir haben alle Zeit der Welt«, flüsterte die Frau mit heiserer tiefer Stimme. »Ts, ts, ts … nicht schreien, nicht husten … der Knebel wird bald schon dein geringstes Problem sein …«
* * *
Frustriert stapfte Charly das Treppenhaus hoch. Das Licht im Dritten war immer noch nicht repariert. Egal, ich brauch es nicht, sollen die anderen Deppen mal bei der Wohnbau anrufen …
Vierter Stock. Ungewöhnlich still bei Katja aus Suhl, der netten Nymphomanin von nebenan. Vielleicht gönnt sie sich mal ein Auswärtsspiel, dachte er spöttisch. Oder ist spielfrei.
Ein graues Pappschild hing an seiner Wohnungstür: »Nächste Woche Hausordnung« . Darauf ein gelber Klebezettel mit fein säuberlicher Schrift: »Bitte nicht vergessen, Herr Herrmann!«
Hat die Alte aus dem Fünften keine anderen Sorgen, dachte er verdrossen. Soll lieber ihren Scheißköter und sich selbst auf Diät setzen, bevor beide noch platzen.
Ärgerlich kickte er die Tür hinter sich zu.
Kein Licht, erst mal der obligatorische Blick aus dem Dunkel zur beleuchteten Veste.
Kraftvoll, stark und trutzig.
Sie hält durch, dachte er und stützte sich aufs Fensterbrett.
Ich nicht …
Fuck! Schluss mit dem Selbstmitleid!
Schauen wir erst mal nach, wann Djukic wieder da ist. Er knipste die kleine Schreibtischlampe an und fuhr den Laptop hoch.
»Matchwinner Bosko Djukic!«
»Djukic macht den Unterschied«
»Brillanter Djukic rettet Bamberg«
Endlich, ganz am Schluss des Spielberichts:
»… Eine Woche muss Bamberg jetzt auf seinen Spielmacher verzichten: Nach Spielende flog Djukic nach Belgrad. Serbien trägt zur Olympia-Vorbereitung zwei Länderspiele in Russland und der Ukraine aus …«
Gong. Neue E-Mail.
»Facebook: Freundschaftsanfrage von Corinna:
hi charly, hab dich zufällig hier entdeckt. was macht dein krimi? war nett, neulich über die alten zeiten zu plaudern … «
Er lächelte versonnen und drückte schließlich »Freundschaftsanfrage bestätigen: danke, Corinna! schade, dass die datscha so weit weg ist. melde dich doch mal, wenn du nach CO kommst – tasse kaffee geht immer …!;)«
Ein letzter Blick noch in die Mailbox, dann schaltete er ab und trottete müde ins Badezimmer. Auf dem Wannenrand sitzend, putzte er sich die Zähne und wälzte unerfreuliche Gedanken an die drohenden Rücksprachen bei Ritter und Dr. Stein. Ein Königreich für eine gute Verteidigungsstrategie …
Sein Schlaf war unruhig und voller verworrener Träume.
Samstag
08:05 Uhr – SOKO Franken
»Natürlich habe ich das zu verantworten, da gibt es überhaupt nichts zu beschönigen«, sagte Charly ruhig. »Ich wollte Djukic ganz bewusst erst nach dem Spiel abpassen. Wenn er ausgepowert ist, voller Glückshormone und die Medien wieder abgezogen sind. Das war Kern meiner Strategie. Hinterher ist man immer schlauer.«
Der Oberstaatsanwalt war in seinem Element. »Gut gedacht und gut gemacht sind eben zwei Paar Stiefel, Herr Kommissar! Fest
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