Todesfessel - Franken-Krimi
Charly ungeduldig.
»In Franken ein einziger Treffer, aber der is brandaktuell – Elvis, äh … Gerald, bitte!«
Der Schweinfurter zog ein Computerfax aus seiner gelben Mappe.
»Vor einer Stunde aus dem Krankenhaus für Psychiatrie in Werneck gekommen, also gleich bei mir um die Ecke … die haben einen Patienten Reiner alias Renée Ernst aus Bad Kissingen. Arbeitsloser Masseur, eins neunzig groß, schlank. Ein Crossdresser mit aggressiv-schizoiden Schüben; ging zuletzt vor vierzehn Tagen seiner Vermieterin an den Kragen … wohlgemerkt, in voller Montur, als Frau verkleidet!«
»Hochinteressant!« Charly stieß erfreut die Faust in die Luft. »Sofort Alibis checken, Perücken- und Kleidungsarsenal prüfen, DNA sowieso … und auch den Rest nicht vergessen, alle arbeitslosen Tänzer und Schauspieler, die in den letzten zehn Jahren an fränkischen Bühnen entlassen wurden!«
»Wo is denn eigentlich die Kollegin Antlkofer?«, fragte Tom, während er sich den dritten Kaffee nachschenkte.
»Keine Ahnung«, sagte Heym und zog vorsichtig einen Coburger Streuselblätz aus der Bäckertüte.
Löhlein eilte geschäftig herein, beugte sich zu Charly herab: »Bitte gleich zum Chef, Charly!«
»Wos is denn jetzt scho widder?«
»Keine Ahnung. Er hat vorhin länger mit Vöhringer telefoniert. Barbara ist auch schon drin.«
Die Hände hinter dem Rücken, tigerte Ritter hinter seinem Schreibtisch auf und ab. Von der Yuccapalme, neben der Barbara Antlkofer mit ihrem iPad saß, fünf Schritte bis zur Oberfrankenkarte, quietschende Wende, fünf Schritte zurück, wieder von vorn.
Typisch, dachte Charly, jetzt arbeiten seine kleinen grauen Zellen wieder auf Hochtouren.
»Bitte, Herrmann!« Routinierte Geste Richtung Stuhl. Charly hasste es, sich im Sitzen mit einem aufrecht stehenden Vorgesetzten unterhalten zu müssen.
»Danke, ich steh lieber.«
»Wie?« Irritiert unterbrach der kahlköpfige Polizeidirektor seinen Marsch durchs Zimmer. »Äh, ja, natürlich. Ganz wie Sie wollen … Ich habe vorhin einen Anruf aus München bekommen, Gerd Vöhringer. Die Innenministerkonferenz tagt nächste Woche in München, und auf Referentenebene soll da – aber bitte vertraulich, Herrmann! – unser bayerisches Pilotprojekt zur Sprache kommen.«
»Fränkisches.«
»Ah, bitte!« Ärgerlich winkte Ritter ab. »Verschonen Sie mich ausnahmsweise mal mit Ihrer Political Correctness!«
»Ist aber genau der Punkt, Chef. Warum ist denn unsere SOKO Franken ein Erfolgsmodell? Weil die besten Kriminaler der Region sich nicht aus München fernsteuern lassen, sondern externen Sachverstand nach Franken holen und vor Ort mit einbinden. So viel zum Thema ›Bayerisch‹!«
Elegant überging Ritter Charlys Einwendung. »Sie sagen, Erfolgsmodell? Bis vor vierzehn Tagen, unbestritten. Jeder kennt schließlich Nik the Ripper. Aaaber …«, Ritter unterbrach sich und nahm endlich hinter seinem Schreibtisch Platz, »was können wir aktuell den Münchnern anbieten? Der Gerd sagt, Staatsminister Zirngibl möchte unbedingt ein paar kleine Schmankerl wissen, um … äh …«
»Sich damit im Kollegenkreis zu brüsten«, assistierte Charly und setzte sich jetzt auch. »Bayern vorn … Der bayerische Polizeibeamte als Speerspitze der Evolution!«
Jetzt musste auch Ritter grinsen. »Wir kennen beide diese Spielchen, Herrmann! Also, was haben wir auf Lager, was lässt sich gut verkaufen?«
»Unsere Facebook-Aktion.«
»Der SOKO -Franken-Account?«
»Genau. Wir haben jetzt nach vier Tagen hundertdreiundzwanzigtausend Freunde. Für polizeiliche Accounts ein sensationeller Wert, das gab’s bundesweit noch nie. Mutmaßungen, Tipps, Hinweise – das allein beschäftigt zwei Mann in unserer Hinweisbearbeitung.«
»Digitales Denunziantentum …?«
»Genau. ›Mein Nachbar hat sich die Beine rasiert und Lippenstift aufgetragen‹ – das war dann ein Rennradfahrer aus Lautertal, der einen Labello benutzt hat … Wir müssen halt die Spreu vom Weizen trennen, aber im Vergleich zu früher ist es ein Quantensprung für uns: Wer meldete sich denn telefonisch bei uns, um irgendwelche spontanen Eingebungen zu melden, da war einfach die Hemmschwelle viel größer.«
»Sehr gut, Herrmann, sehr gut!« Befriedigt kritzelte Ritter etwas mit seinem Luxusfüller auf den dicken Telefonblock.
»Ja, und außerdem natürlich unsere proaktive Arbeit in diversen Internetforen.«
Ritter runzelte die Stirn. »Proaktive Arbeit? Warum weiß ich davon nichts?«
»Reine Routine,
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