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Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Backert
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Chef. Gehört zum laufenden Ermittlungsgeschäft der SOKO . Die Kollegen Glenk aus Bayreuth und Doll aus Fürth sind unter Tarnnamen angemeldet in den wichtigsten Foren zu den Themen Ballett, Transsexualität, Shibari. Zielvorgabe: Fälle ansprechen und Preisgabe von Täterwissen provozieren.«
    »Gut, Herrmann!« Ritter nickte zufrieden, sein Stift flog regelrecht über das Papier. »Zur Fallanalyse, Frau Dr. Antlkofer … Was gibt’s von Ihrer Seite Neues?«
    Barbara tippte kurz auf ihren Screen. »Ich habe versucht, unseren Mann anhand seiner Verkleidung zu analysieren … Er verkleidet sich selbst als Frau und will aber gleichzeitig grazile Balletttänzerinnen, also den Inbegriff des Femininen, brutal zerstören. Auf den ersten Blick ein unerklärlicher Widerspruch. Folgende Auflösung bietet sich an: Er verkleidet sich, Stichwort: Transsexualität, weil er selbst Frau sein möchte. Er spürt aber, dass er dieses heimliche Ziel nicht erreichen kann; er spürt dies besonders schmerzhaft und intensiv, wenn er auf scheinbar perfekte Verkörperung graziöser Eleganz trifft. Dieser Schlüsselreiz ist in seinem Fall offenbar untrennbar mit Ballett verbunden. In einem solchen Trigger-Moment fühlt er sich gedemütigt, erniedrigt, gescheitert. Es kommt zur wut- und hasserfüllten Explosion.«
    »Klingt einleuchtend«, nickte Ritter. »Ansatzpunkt für uns also der rätselhafte Ballettbezug.«
    »Vielleicht auch ein persönliches Handicap, das ihn an eleganten, geschmeidigen Bewegungen hindert?«, überlegte Charly. »So eine Art Klumpfuß?«
    »Könnte durchaus sein.«
    »Risikobewertung?«, fragte Ritter knapp.
    »Extrem hoch. Der Typ trägt gleich zwei Brandsätze in sich herum. Zum einen den üblichen Machtrausch und Triumph, den jeder Serientäter empfindet, weil er sich endlich wieder abreagiert und ausgetobt hat. Weil dieses positive Gefühl aber wieder verblasst, kommt es schon allein deshalb über kurz oder lang zu einem starken Wiederholungsdrang.«
    »Und was ist der zweite Brandsatz?«
    »Sein Problem mit der Geschlechtsidentität. Birgt von Haus aus ein extrem hohes Frust- und Leidenspotenzial. Er versucht immer wieder vergeblich, sich seinem Ideal, der von ihm ersehnten Weiblichkeit, anzunähern. Und wird höchstwahrscheinlich genau dadurch zur Lachnummer, zur Zielscheibe von Hohn und Spott. Das ist sein Brandsatz Nummer zwei.«
    »Nitro und Glyzerin …«
    Ungestümes Klopfen, nur zweimal, da traut sich einer was, dachte Charly noch, dann stand Heinz-Uwe Löhlein in der Tür.
    »Chef, Charly – Alarmstufe eins! In der Wache unten sitzt Frauenarzt Dr. Langenau, seine Tochter Ann-Sophie ist seit gestern verschwunden!«
    18:50 Uhr – Weißenburg, Danziger Straße
    Kevin lag auf dem abgewetzten grauen Teppichboden und spielte lustlos mit seinem neuen Auto. Es war schwarz, und man konnte weder Türen noch Motorhaube öffnen. Auch den Kofferraum nicht. Kevin mochte die Farbe nicht und mochte das Auto nicht. Und er mochte den Mann nicht, der ihm das Auto mitgebracht hatte. Den Mann, der jetzt bei seiner Mama drüben auf dem Sofa saß.
    Er hatte einen gruseligen Totenkopf auf seinem dicken Arm. Kevin hatte Angst vor Totenköpfen. Und vor dem Mann, der immer so laut redete. Jetzt sagte Mama gerade etwas. Kevin spitzte die Ohren, hörte »Kevin« und »Kindergarten«. Vorsichtig robbte er näher Richtung Sofa, scheinbar ganz ins Spiel mit dem ungeliebten Auto vertieft.
    Der Mann lachte jetzt, laut und dröhnend. Und sagte etwas, wieder viel zu laut: »Ach, du meinst die Scheibler! Sag doch ned Annette, wenn du von seiner Kindergartentussi sprichst, des is für mich nur die Scheibler!« Er wandte seinen massigen, haarlosen Kopf plötzlich Richtung Kevin. »Stimmt’s, Kleiner? Oder hab ich recht? Die Annette sieht doch aus wie der Scheibler, wie der Scheibleinsturm drüben in der Stadtmauer! So kurz, so fett, so weiß – und die Augen genauso winzig wie die Turmfensterla!«
    Wieder dröhnte sein Lachen in Kevins Ohren, der jetzt das ungeliebte Auto im Stich ließ, um spontan zu Mama hinüberzuflüchten.
    Er hatte keine Chance. Der Mann fuhr seinen gruselig tätowierten Arm kurz aus, hob ihn wie ein Spielzeug hoch und setzte ihn auf seinen widerlich warmen Oberschenkel.
    »Bass auf, Kevin, jetzt zeig ich dir was!«
    Ein fleischiger Finger mit schmutzigem Fingernagel tippte auf die Zeitung vor ihm.
    »Schau dir des Bild an, Kevin, schau dir die Drecksau genau an! Das ist keine Frau, das ist ein Kerl, der sich als

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