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Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Backert
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korpulente Posten Charly passieren.
    Freudengesänge, Siegerposen, wüstes Gebrülle in verschiedenen Sprachen: Charly fühlte sich wie ein Fremdkörper; ein Korken, der auf den Wellen trieb, zwischen schweißnassen Muskelgebirgen sämtlicher Schattierungen. 38, 22, 16, 12, 25 – wo war die Bamberger 43? Er ignorierte die erstaunten, herablassenden Blicke und schlängelte sich weiter.
    Die Kabinentür.
    So weit, so gut. Keine Lust auf einen comedyreifen Auftritt. Keine Gefahr im Verzug. Es war beileibe nicht erforderlich, sich tollkühn zwischen die halb und ganz nackten Hünen in der Kabine zu werfen, um Djukic auf der Stelle herauszuholen.
    Lassen wir den Sportkameraden noch in aller Ruhe duschen. Er schlenderte weiter und fand den ebenfalls von einem Security-Mann gesicherten Ausgang zu den Spielerparkplätzen.
    Er sah auf die Uhr.
    Der Abstecher mit Joyce hatte seinen Zeitplan auf den Kopf gestellt. Ursprünglich wollte er den Serben schon nachmittags abgreifen, gleich nach Valeries Ablieferung in Weißenburg. Er könnte schon seit Stunden befragt sein. Es war, ja, es war seine eigene, spontane Geilheit auf das All American Girl aus East Orange, NJ , die ihn vom Kurs abbrachte … tatkräftig unterstützt von seinem fränkischen Patriotismus: Warum sollte die SOKO Franken den Bayern zur Tabellenführung verhelfen? Der reißt uns nicht aus der Arena aus, packen wir das serbische Arschloch halt erst nach dem Spiel …
    »Bye!« Mit einem lässigen Winken schlüpfte Goldsmith, der Bamberger Centerspieler, fünfunddreißig Minuten später an Charly und der Security vorbei, hinaus auf den Parkplatz. Schon der siebte – und Djukic immer noch nicht dabei. Interviews, Pressekonferenzen? Charly überlegte. Vielleicht war es doch naiv, hier ohne den Bamberger Kollegen einzumarschieren und den Local Hero im Alleingang abzupassen …
    »Saach’ma, auf wen warddst du denn eigentlich?«, riss ihn der schwarze Riese, bisher stumm wie ein Fisch, im tiefsten Sächsisch aus seinen Grübeleien.
    »Na, auf Bosko … Bosko Djukic!«
    »Was, den Bosko?«, lachte der Sachse. »Da mussde frieher aufsteh’n, Kolleeche! Der is doch heut als Allererster hier raus!«
    »Was?« Entgeistert starrte Charly dem Mann in die geröteten Augen. »Djukic ist schon weg?«
    Erneut ein herzliches Lachen. Nur mit Mühe widerstand Charly der Versuchung eines kurzen Uppercuts auf das schwabbelige Doppelkinn.
    »No, freilich is der scho wech! Auf schnellstem Weg zum Airport Nürnberg!«
    »Airport Nürnberg …«, echote Charly schwach.
    »Ja, Airport Nürnberg … Länderspiel mit Serbien diese Woche! Sooch’ma, du bist doch bestimmt von der Polente? Lääst ihr denn gar keene Zeitung?«
    22:48 Uhr – A73 Bamberg–Suhl, Höhe Breitengüßbach
    Rechts neben der Autobahn kam ein Fabrikgebäude in Sicht. Kaffeerösterei Minges. Mechanisch, aus alter Gewohnheit, kurbelte er das Seitenfenster hinab, nur zwei Fingerbreit. Sofort knatterte der Fahrtwind in ohrenbetäubender Frequenz, unterlegt vom exotischen Duft des Röstkaffees.
    Dreihundert Meter nur. Dann war der Kaffeeduft verflogen. Zusammen mit den letzten Duftpartikeln des Parfüms von Joyce …
    Hundertfünfundachtzig … hundertneunzig … Charly trieb den Spider durch die sternenlose Nacht, immer höher.
    Fünftausend Touren.
    Ein alter Song seiner Schülerband ließ ihn plötzlich nicht mehr los.
    Geschrieben 1978. Genauso alt wie der Alfa, den er jetzt über den Frankenschnellweg jagte:
    »No highway prisoners
    We’ll ride this German highway
    No limit anymore
    Don’t take no prisoners
    No highway prisoners …«
    Pubertäre Plattheiten … oder doch auch ein Stück weit seherische Gabe? Zu dritt hatten sie damals den Text geschrieben; gemeinsam getrieben von der Gier nach grenzenloser Geschwindigkeit, Freiheit, Unabhängigkeit.
    Getrieben, ohne wirklich zu wissen, wovon … getrieben vom Traum ewiger Jugend.
    Jetzt, über dreißig Jahre später, raste er selbst durch die Nacht. Hatte keine Gefangenen gemacht.
    Hatte schmerzhaft eigene Grenzen erfahren müssen.
    Der Traum war verblasst.
    Begann jetzt der Alptraum?
    * * *
    Sie erwachte. Nur langsam. Widerwillig. Wollte weiter in dumpfer Schwere dahindösen. Nur nicht auftauchen …
    Doch der Druck, mit dem plötzlich etwas in ihren Mund eindrang, war brutal und unbarmherzig:
    Feindlich, massiv, schmerzhaft … Ein harter, riesengroßer Fremdkörper sperrte ihren Mund auf, schmeckte widerlich fremd, klemmte zwischen ihren Zähnen. Der Schmerz

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