Todesfeuer
das Miststück bald festnageln.«
Helga zog ihre Perücke zurecht, drehte sich um und lehnte sich an den Tisch. Setzte sich und stellte ihre Stiefel auf den Boden. Schloss die Augen. Wiegte den Kopf.
»Was zum Teufel macht sie da?«, sagte Boxmeister. »Ist das eine Art Meditation?«
»Vermutlich eine Dissoziation«, sagte ich. »Sie versetzt sich irgendwo anders hin, das ist ihre übliche Taktik.«
Milo kehrte mit einem kleinen Becher Wasser zurück. Helga nahm ihn nicht zur Kenntnis, öffnete aber die Augen, als er »Bitte sehr« sagte und ihn vor ihr hinstellte.
Er setzte seine Lesebrille auf, nahm sich wieder seine Notizen vor. Sie musterte ihn, trank schließlich einen Schluck.
»Okay, erzählen Sie mir von der Fahrt nach Port Angeles.«
Sie betastete eine Franse der Perücke. »Ich habe dem Tourismus gefrönt. Dem großen Motor der amerikanischen Pseudokultur.«
»Eine Vergnügungsreise.«
»Ich war auch in Disneyland.«
»Ich muss vermutlich nicht fragen, ob es Ihnen gefallen hat.«
»Genau genommen«, sagte sie, »war es auf seine eigene abstoßende Art ganz angenehm. Passend irgendwie…«
»… zur vulgären amerikanischen Kultur.«
»Zu einer Welt bar jeder Vernunft.«
Milo räusperte sich. Schob ihr zwei Blätter zu. »Das ist Ihr Anmeldeformular vom Myrtlewood Inn in Port Angeles. Und das ist Ihre Mietwagenrechnung.«
»Ich bin in einem netten Hotel abgestiegen«, sagte sie. »Na und?«
»Sowohl Sie als auch Des Backer sind dort abgestiegen. Sie haben getrennte Zimmer genommen, aber das Personal erinnert sich, dass Sie für beide bezahlt haben. Die Angestellten erinnern sich auch, Sie und Des gemeinsam beim Frühstück gesehen zu haben.«
Vermutungen. Aber gute. Helga Gemein runzelte die Stirn. »Na und? Ich habe Ihnen bereits erklärt, dass ich mein Zubehör von ihm bekommen habe.«
»Es war eine Einkaufstour.«
»Ich habe mir die Sehenswürdigkeiten angesehen und danach ein paar Einkäufe gemacht.«
»Warum haben Sie Des Ihr Auto gegeben und sich ein anderes Fahrzeug gemietet?«
»Weil wir nicht zusammen waren.«
»Wie in…«
»Wie in zusammen sein.«
»Sind sie zusammen hingefahren?«
»Ich bin gefahren, er ist geflogen.«
»Damit im Büro niemand Verdacht schöpft.«
»Ich wollte fahren«, sagte Helga. »Er wollte fliegen. Er wollte seine Verwandten besuchen.«
»Was haben Sie gemacht, während er auf Familienbesuch war?«
»Ich war einkaufen.«
»Zeitschalter und Zünder?«
»Unter anderem«, sagte Helga.
»Was noch?«
»Kleidung.«
»Haben Sie ein paar Schnäppchen gefunden?«
»Jeans«, sagte sie und strich sich über einen wohlgeformten Schenkel. »Schwarze Jeans im Schlussverkauf.«
»Sie sind gefahren, weil Sie mit zwei Geldkoffern keine Sicherheitskontrolle am Flughafen riskieren konnten.«
Es dauerte mehrere Sekunden, ehe Helga antwortete. »Wenn Sie so viel wissen, warum stehlen Sie mir dann meine Zeit?«
»Die verdammte alte Verfahrensweise. Ich muss es von Ihnen hören.«
»Und das alles wegen ein paar Zweigen.«
»Leider ja. Es waren große Zweige. Die einer wichtigen Person gehörten.«
»Niemand ist wichtig.«
»Für Sie war es offensichtlich jemand, Helga.« Er rückte näher, wie ich es schon so oft bei ihm gesehen hatte. Wenn er die Schultern straffte und einen härteren Tonfall anschlug.
Sie zuckte unwillkürlich zusammen. Rang sich ein Lächeln ab.
Er schob sein breites Gesicht vor, bis es nur noch wenige Zentimeter vor ihrem war. »Helga, jemand war für Sie so wichtig, dass Sie fünfzigtausend Dollar für das Verbrennen von Zweigen bezahlt haben. So wichtig, dass Sie eine Tarnfirma gegründet haben. So wichtig, dass Sie alles genau geplant haben.«
Helga Gemeins Brust hob und senkte sich. Sie schaute weg. Der Anfang vom Ende.
»Helga, Sie wollen mir vormachen, dass Sie an nichts glauben, aber so wie ich das sehe, haben Sie alles aus reinem Glauben getan. Denn darauf läuft es bei Rache hinaus, stimmt’s? Auf den reinen Glauben an die Kraft der Korrektur. Dass man Falsches richtig machen kann.«
Die hübschen Lippen bebten. Sie bezähmte das Zittern mit einem weiteren süffisanten Grinsen. »Lächerlich.«
»Sie haben einen Glauben, der auf Liebe beruht, Helga.«
Schweigen.
»Sie haben Dahlia geliebt«, sagte Milo. »Dessen brauchen Sie sich nicht zu schämen, im Gegenteil. Aber es ist absolut fundamentalistisch, wenn man es mit dem Glauben so weit treibt wie Sie. Sie mögen nicht religiös sein, Helga, aber Sie können sich ohne
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