Todesfeuer
Polizist.«
Milo schob ihr ein weiteres Blatt Papier zu.
»Was ist das?«
»Das ist das, was von einem gewissen Charles Ellston Rutger übrig geblieben ist. Er ist in einem Haus aufgewachsen, das einst auf dem Grundstück an der Borodi Lane stand. Hatte so eine dumme, sentimentale Vorliebe für das Stück Land, deswegen hat er sich gern da raufgeschlichen, sich in den Turm gesetzt und in Erinnerungen an die gute alte Zeit geschwelgt. Sehen Sie das glänzende Ding?« Er deutete darauf. »Das ist von seinem Weinglas übrig geblieben. Und das da, da drüben? Das war mal eine Dose Foie gras. Mr. Rutger hat sich in der Nacht, als Sie ihn zu Staub verbrannt haben, einen Imbiss gegönnt und dazu einen guten Bordeaux getrunken.«
Helga Gemein ergriff das Papier.
»Das ist ein Tatortfoto, Helga. Schauen Sie auf das Datum. Man sieht nicht mehr viel von ihm, was? Sie haben ihn umgebracht.«
Helga Gemein starrte es an. Flüsterte: »Nein.«
»Im Gegenteil, Helga. Ja. Ein großes, fettes Ja. Mr. Rutger hatte das Pech, einen ruhigen Moment im Turm dieser Monstrosität zu genießen, als Sie reinkamen und Ihre Zünder, Ihre Zeitschalter und Ihre Brandsätze aus Götterspeise anbrachten. Er hat Sie nicht gehört, weil Sie vorsichtig und leise waren und er ein alter Mann war und sich oben im zweiten Stock aufhielt, wo die Geräusche gedämpft waren. Er hat Wein getrunken, als Sie auf dem Gehsteig standen und Ihre Säuberungsaktion genossen haben, aber vielleicht wissen Sie das schon.«
»Nein!«
»Er hat Sie nicht gehört, Helga, aber Sie sind jung, Sie haben gute Ohren, deshalb gehe ich jede Wette ein, dass Sie ihn gehört haben. Aber Sie haben sich nicht darum geschert, was ist schon ein weiteres Stück menschlicher Scheiße?«
Helga ließ das Foto los, als wäre es giftig. Es segelte zu Boden. Sie starrte darauf, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen.
Zum ersten Mal zeigte sie so etwas wie eine annähernd angemessene Gefühlsregung. So gefiel sie mir schon besser. Aber nicht viel.
»O Gott«, sagte sie.
Auf dem heißen Stuhl saß also doch keine Atheistin.
»Ihre Zweige wurden zum Scheiterhaufen für ein menschliches Wesen, Helga. Das bezeichnen wir als Tötungsdelikt. Wenn jemand bei einem Schwerverbrechen ums Leben kommt, selbst wenn kein Vorsatz vorliegt. Da ist es mit einer Geldstrafe nicht getan, Helga.«
»Ich habe es nicht gewusst«, sagte sie leise und kleinlaut. »Sie müssen mir glauben.«
»Muss ich das?«
»Es ist die Wahrheit! Ich habe es nicht gewusst!«
»Sie haben nicht zugehört, Helga. Ob Sie es gewusst haben oder nicht, spielt keine Rolle, es ist trotzdem ein Tötungsdelikt.«
»Aber das… ist nicht nachvollziehbar.«
»Ich schreibe die Regeln nicht fest, Helga.«
Sie musterte ihn. »Sie lügen. Das sind Tricks. Ein Datum kann jeder stempeln. Sie wollen mich durcheinanderbringen, damit ich den Mord an Des und Doreen gestehe, aber das werde ich nicht, weil ich es nicht getan habe.«
»Sie haben eine ganze Menge getan, Helga. Glauben Sie mir, Mr. Rutger ist real. Zumindest war er es. Soll ich Ihnen den Autopsiebericht zeigen? Sie haben ihn zu Kohle verbrannt.«
»Ich töte nicht.«
Milo schüttelte den Kopf. »Leider doch. Sie haben die Brandstiftung bereits zugegeben, haben zugegeben, dass Sie sie geplant haben. Ein Mann ist dabei umgekommen, und Sie müssen mit einer langen Haftstrafe rechnen. Ich sehe nur eine Möglichkeit, wie Sie aus diesem Schlamassel rauskommen: Wenn Sie sich erklären. Sagen Sie mir, warum Sie sich dazu entschlossen haben, Des und Doreen zu beseitigen. Ich kann auf Anhieb ein Motiv erkennen: Sie wollten Sie erpressen. Wenn dem so war, ist das eine gute Erklärung, für so was haben die Leute Verständnis, es ist eine Art Notwehr.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Und wenn dieser Typ mit der Kapuze die Morde begangen hat und Sie eigentlich gar nicht wussten, was passieren würde, und mir verraten, wer er ist, wird Ihnen das ebenfalls helfen«, sagte er.
»Das«, sagte Helga Gemein händeringend, »wäre völlig idiotisch. Ich habe niemanden getötet.«
»Tatsache ist, Helga, dass ich dazu neige, Ihren Parmer für den Haupttäter beim Mord an Des und Doreen zu halten, weil die Tat Anzeichen einer gewissen männlichen Dummheit aufweist, und Dummheit sehe ich bei Ihnen nicht als Teil Ihrer Persönlichkeit. Fangen wir also damit an, wer er ist.«
»Der Dalai Lama.«
»Pardon?«
»Heute ist er der Dalai Lama. Morgen? Kaiser Franz Josef, Nikola Tesla, Walter Gropius.
Weitere Kostenlose Bücher