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Todesfeuer

Todesfeuer

Titel: Todesfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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angenommen, dass sie Probleme hat.«
    »Hat er sich Sorgen darüber gemacht, dass sie einen schlechten Einfluss auf Desi haben könnte?«
    Ricki Flatt lächelte. »Meine Eltern haben großen Wert darauf gelegt, dass Desi und ich von uns aus einen Sinn für Recht und Unrecht entwickeln. Aber selbst wenn sie versucht hätten, Desi an die Kandare zu nehmen, hätte das nicht geklappt. Mein Bruder hat immer nur das getan, wozu er Lust hatte.«
    Milo sagte: »Hat Desis starker Wille zu irgendwelchem - Entschuldigung, aber ich muss das fragen - zweifelhaften Verhalten geführt?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Zu irgendetwas Ungewöhnlichem.«
    »Wenn Sie es für ungewöhnlich halten, dass jemand nach der Schule von zu Hause weggeht und zehn Jahre lang ununterbrochen auf Achse ist, dann ja.«
    »Zehn Jahre«, sagte Milo.
    »Zehn verlorene Jahre«, sagte Ricki Flatt. »Im Grunde genommen muss man sagen, dass Desi von der Bildfläche verschwunden war. Ab und zu haben wir eine Postkarte bekommen.«
    »Von wo?«
    »Von überall. Aus dem ganzen Land. Aus Nationalparks und dergleichen.«
    »Nicht aus Übersee?«
    »Nein.«
    »Womit hat Desi damals seinen Lebensunterhalt bestritten?«
    »Gelegenheitsarbeit, hat er gesagt, vorübergehende Sachen, damit er Zeit hatte, die Natur zu erkunden und den Sinn des Lebens zu erkennen.«
    »Postkarten«, sagte Milo. »Keine Besuche daheim?«
    »Ein-, zweimal im Jahr ist er aufgekreuzt - zu Weihnachten, an Thanksgiving, zu Geburtstagen. Er sah klasse aus, richtig glücklich, und das hat meine Eltern beruhigt. Er hat diese ganze Sechziger-Jahre-Sache imitiert - lange Haare, Bart, Hanfsandalen. Aber immer sauber und gepflegt. Dad hat gesagt, er sehe so aus, wie man sich in Hollywood Jesus vorstellt.«
    »Sie haben erwähnt, dass Sie sich um die Angelegenheiten Ihrer Eltern gekümmert haben, deshalb nehme ich an -«
    »Sie sind tot, Lieutenant. Seit vier Jahren. Sie haben in der Nähe des Mount Olympia Urlaub gemacht, wollten auf Erkundungstour gehen und sind über eine unbefestigte Stichstraße gefahren, die durch ein Abholzungsgebiet führte. Eine Ladung mächtiger Kiefernstämme ist von einem Lastwagen gerutscht und hat ihr Auto zermalmt. Wir wollten klagen - Scott, Des und ich -, aber die Anwälte haben gesagt, unsere Chancen stünden schlecht, weil die Straße mit einer Kette abgesperrt war und überall Warnschilder standen. Dad hätte sie hochgehoben und wäre trotzdem durchgefahren. Letzten Endes haben wir uns mit hunderttausend abgefunden. Die Anwälte haben vierzig Prozent kassiert, und die übrigen sechzig haben wir mit Des geteilt. Er hat die Kurve gekriegt und Architektur studiert, hat gesagt, es würde ihm bei den Studiengebühren und den Lebenshaltungskosten helfen. Die schreckliche Ironie des Schicksals bei der ganzen Sache ist, dass wir aus einer alten Holzfällerfamilie stammen, vier Generationen. Mein Großvater war Sägemeister, und Dad hat Bäume gefällt, bevor er Feuerwehrmann wurde.«
    »Tut mir leid, Ma’am.«
    »Es ist vor Sams Geburt passiert, das hat am meisten wehgetan. Mom und Dad hätten Sam geliebt.« Tränen. »Sie hat Desi angebetet, und jetzt ist er tot.«
    »Wie hat Desi auf den Verlust Ihrer Eltern reagiert?«
    »Furchtbar«, sagte Ricki Flatt. »Er hatte so einen leeren Blick, ist herumgelaufen, als wäre er in Trance. Wie ein weidwundes Tier, hat Scott immer gesagt. Ich habe meinen Bruder nie so erlebt, normalerweise ist er offen, locker und umgänglich.«
    »Er hat sich also vollkommen in sich zurückgezogen.«
    »Ich weiß noch, dass ich gedacht habe, das ist nicht gesund, er muss lernen, damit klarzukommen, ernsthaft Trauerarbeit leisten, sonst bricht er zusammen. Ich war mir nicht sicher, ob er nicht das Studium schmeißen würde, aber er hat’s nicht gemacht, hat durchgehalten und mit Auszeichnung abgeschlossen.«
    Milo tippte mit seinem Stift auf eine Tischecke. »Ms. Flatt, diese Bemerkung, die Sie gestern am Telefon gemacht haben, von wegen, ob es um etwas Politisches gegangen sei… Wir möchten immer noch wissen, was es damit auf sich hat.«
    Rickis Blick huschte durch das Zimmer. »Vergessen Sie das, es war albern. Ich hätte gar nichts sagen sollen.«
    »Aber Sie haben es getan, Ma’am.«
    Sie löste ihre Haare, schüttelte sie aus, band sie straffer zusammen.
    »Ricki, uns geht es nur darum, den Mord an Ihrem Bruder aufzuklären.«
    Sie stieß die Ellbogen auf den Tisch und drückte ihre Handteller an die Wangen. Strich mit den Fingerspitzen

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