Todesfeuer
geschickt wurde. Sie muss ein absolut unartiges Mädchen gewesen sein und ist schließlich in einem Heim gelandet.«
»Warum in Seattie?«
»Die Familie stammt ursprünglich aus Tacoma, wo Doreens Daddy an einer Tankstelle gearbeitet hat und die Mutter Verkäuferin in einem Lebensmittelladen war. Nette Leute, nach Aussage des Cousins, aber schwere Alkis. Doreen erfuhr keine »Beaufsichtigung durch die Eltern< und ist schon in jungen Jahren weggelaufen. Zu guter Letzt wurde sie von Gerichts wegen für unverbesserlich erklärt. Im Heim hat es eine Weile funktioniert, aber dann ist Doreen auch dort ausgebüxt. Sie ist spurlos verschwunden, keiner hat seither was von ihr gehört. Sie war Einzelkind, und mittlerweile sind beide Eltern tot.«
»Gibt es das Heim noch?«
»Ja, aber seit Doreens Zeit wechselten die Besitzer ein halbes Dutzend Mal, und es ist kein Personal von damals mehr dort beschäftigt. Außerdem sind alle alten Unterlagen vernichtet worden. Dass sie mit Des Backer angebandelt hat, ist aber nachvollziehbar. Ich habe den Wohnsitz seiner Eltern aufgespürt. Im Süden von Seattie, nur ein paar Straßen von dem Heim entfernt. Schnuckliges Mädchen, schnuckligerTyp, die Chemie stimmt, kawumm.«
»Die Chemie ist Jahre später wieder entflammt«, sagte ich. »Allerdings ist das falsche Gemisch explodiert.«
Ich kam rechtzeitig zu dem Treffen mit Ricki Flatt, die gerade mit Milo redete.
Des Backers Schwester war von Trauer und Müdigkeit gezeichnet. Ihr langes lockiges Haar war achtios zurückgebunden. Sie trug einen weiten grauen Pulli, der nicht für die Witterungsverhältnisse geeignet war, Mamajeans und weiße Tennisschuhe. Eine große, smogfarbene Segeltuchtasche zog ihre rechte Schulter herunter. Eine im Farbton passende Reisetasche stand am Boden.
Milo hob die Tasche auf und geleitete Ricki Flatt zu dem gleichen Raum, in dem wir unser Powwow mit Moe Reed hatten. Er bot ihr Kaffee an und etwas zu essen.
Sie fasste sich an den Bauch. »Ich könnte nichts bei mir behalten. Sagen Sie mir bitte, was meinem Bruder zugestoßen ist.«
»Mr. Backer und Doreen Fredd wurden ermordet in einer Bauruine in einer Wohngegend namens Holmby Hills gefunden. Schon mal davon gehört?«
»Nein.«
»Ihr Bruder hat Holmby Hills nie erwähnt?«
»Nein. Wo ist das?«
»Es ist eine sehr schicke Gegend, unmittelbar westlich von Beverly Hills. Es gibt Hinweise darauf, dass Ihr Bruder und Ms. Fredd schon vorher dort waren.«
»Eine Bauruine?«
»Ein Bauprojekt.«
»Irgendetwas, an dem Desi mitgearbeitet hat?«
Statt zu antworten sagte Milo: »Ihr Bruder und Ms. Fredd waren also in der Schule miteinander befreundet?«
Nicken. »Und während des Fluges ist mir noch etwas anderes eingefallen. Als sie bei uns daheim war, hat Dad einmal Mom gegenüber geäußert, dass sie schwierig sei, daher wäre es gut, dass sie Lust auf sinnvolle Unternehmungen habe. Sie haben eben aber nicht gesagt, ob es eines von Desis Projekten war.«
»Offenbar nicht, M’am. Es war eine so genannte Supervilla.«
»Dann war es mit Sicherheit nichts für Desi.«
»Mit so was hatte er nichts zu tun?«
»Er hätte es für lächerlich gehalten. Aber was wollte er dort, wenn er nicht daran gearbeitet hat?«
»Genau das versuchen wir festzustellen, Ms. Flatt. Diese Wandergruppe, bei der Desi und Doreen waren, aus wie vielen Leute bestand sie?«
»Bloß noch ein paar andere Kids. Ich habe wirklich nicht darauf geachtet.«
»Und Ihres Wissens waren Desi und Doreen nicht ineinander verliebt?«
»Ich habe darüber nachgedacht«, sagte Ricki Flatt. »Vielleicht doch, ich kann es wirklich nicht sagen. Desi mochten so viele Mädchen. Sie haben ihn ständig angerufen. Dad hat im Spaß immer gesagt, er brauchte eine Privatsekretärin für seine vielen Verehrerinnen.«
»Kennen Sie irgendwelche Freundinnen von ihm aus jüngerer Zeit?«
Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ich hatte damals nichts mit dem Privatleben meines Bruders zu tun, und daran hat sich auch nichts geändert, als wir erwachsen wurden.«
»Wussten Sie, dass Doreen damals in einem Heim unweit von Ihrem Haus gewohnt hat?«
»Nein, aber das muss Hope Lodge gewesen sein. Das Haus sorgte für ständigen Gesprächsstoff in der Gegend. Meine Freundinnen haben sich darüber lustig gemacht und es >Ho Lodge< genannt, weil die Mädchen ziemlich wild waren. Ich will damit nicht sagen, dass sie es wirklich waren, aber Sie wissen ja, wie Jugendliche reden. Wahrscheinlich hat mein Dad deshalb
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